Entscheidungsstichwort (Thema)

Wann ist eine nach Beendigung des Dienstverhältnisses aufgenommene, ebenfalls nichtselbständige Beraterfunktion bei demselben Arbeitgeber als für die Steuerfreiheit der Abfindung schädliche Fortsetzung der Tätigkeit anzusehen?. Einkommensteuer 1990

 

Leitsatz (amtlich)

Übt ein Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden eine ebenfalls nichtselbständige Beraterfunktion bei demselben Arbeitgeber aus, ist dies nur dann als eine für die Steuerbefreiung der Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG schädliche Fortsetzung der Tätigkeit anzusehen, wenn die Tätigkeit nach Art und Bezahlung der vorher ausgeübten vergleichbar ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein ehemaliges Vorstandsmitglied nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Interesse des Arbeitgebers zu deutlich reduzierten Bezügen und ohne jede Entscheidungskompetenz die Abwicklung der laufenden Vorhaben zur Überleitung übernehmen soll.

 

Normenkette

EStG 1990 § 3 Nr. 9 S. 1

 

Tenor

Unter Änderung des Bescheides vom 15.02.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.02.1997 wird die Einkommensteuer 1990 auf DM 96.429 festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens tragt der Beklagte.

Beschluß:

Der Streitwert wird auf DM 19.315 festgesetzt. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Streitig ist die Steuerfreiheit einer Abfindung.

Der im Jahre 1923 geborene Kläger (Kl.) war seit Juli 1982 Mitglied des Vorstandes der … (AG). Der Aufsichtsrat der AG verlängerte die entsprechende Bestellung des Kl. im Juni 1987 für weitere 5 Jahre. Die Vorstandstätigkeit des Kl. war zuletzt (Januar bis März 1990) mit rund DM 36.000 p.m. zuzüglich Tantiemen dotiert, die für das Geschäftsjahr 1988/1989 der AG DM 57.290 betrugen.

Am 13.06.1989 sprach der Vorsitzende des Aufsichtsrates der AG, … mit dem Kl. über eine vorzeitige Beendigung des Vorstandsvertrages. Am 06.07.1989 fand in London eine Aufsichtsratssitzung der AG statt, bei der auch der Kl. zugegen war. Auf Seite 8 der Niederschrift über die Aufsichtsratssitzung (Bl. 49 Gerichtsakte) wurde folgendes protokolliert: … schlug vor, den Vertrag mit Herrn … vorzeitig zum Ende des Geschäftsjahres zum 31. März 1990 zu beenden. Im Interesse der Abwicklung der laufenden Vorhaben und zur Überleitung empfehle er, daß Herr … noch für die Dauer eines Jahres der Gesellschaft beratend zur Verfügung stehe. Der Vorsitzende wird im Einvernehmen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden die Einzelheiten regeln. Der Aufsichtsrat stimmte diesem Vorschlag zu.

Unter Bezugnahme auf das Gespräch vom 13.06.1989 und die Aufsichtsratssitzung vom 06.07.1989 schlug … dem Kl. mit Schreiben vom 20.07.1989 vor, die Bestellung des Kl. zum stellvertretenden Vorstandsmitglied und den Vorstandsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen vorzeitig zum 31.03.1990 zu beenden. Im Hinblick hierauf solle der Kl. eine einmalige Abfindung von DM 36.000, zahlbar mit der letzten Gehaltsabrechnung für den Monat März 1990 erhalten. Die bisher gewährten Sachbezüge sollten ab dem 31.03.1990 entfallen. Für die Dauer von 12 Monaten, d. h. bis zum 31.03.1991, solle mit dem Kl. ein Beratungsvertrag vereinbart werden. Während der Dauer dieses Beratungsvertrages solle dem Kl. dessen bisheriges Büro einschließlich Sekretariatsdienste zur Verfügung stehen. Ferner könne der Kl. den bisherigen Wagen während dieses Zeitraumes als Dienstwagen benutzen. Unter Berücksichtigung von Abfindung, Büro und Dienstwagen solle der Kl. für die Beratungstätigkeit eine Vergütung i.H.v. brutto DM 18.000, zahlbar in gleichen monatlichen Raten von DM 1.500 erhalten. Wegen weiterer Einzelheiten dieses Schreibens, das der Kl. zum Zeichen seines Einverständnisses am 24.07.1989 unterzeichnete, wird auf Bl. 50 und 51 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Bekl. setzte die ESt 1990 (Streitjahr) mit Bescheid vom 08.07.1991 erklärungsgemäß auf DM 96.589 fest.

Ihm wurde aufgrund einer Lohnsteueraußenprüfung bei der AG im Jahre 1992 bekannt, daß die Abfindung von DM 36.000 nicht der Lohnsteuer unterworfen worden war, und daß der Kl. seine Beratungstätigkeit bis Juni 1992 zu ab Januar 1992 auf DM 2.500 p.m. und ab April 1992 auf DM 6.000 p.m. erhöhten Bezügen fortgesetzt hatte. Der Bekl. vertrat die Auffassung, die Abfindung von DM 36.000 sei nicht gem. § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Er erließ den nach den §§ 173, 175 AO geänderten ESt-Bescheid 1990 vom 15.02.1994, mit dem er den erklärten Arbeitslohn unter anderem um die Abfindung von DM 36.000 erhöhte und die ESt des Streitjahres nach einem zu versteuernden Einkommen von DM 284.328 auf DM 115.744 geändert festsetzte. Wegen der Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Bl. 36 bis 38 der ESt-Akte 1990 Bezug genommen.

Der Kl. legte hiergegen Einspruch ein. Er vertrat die Auffassung, die Abfindung von DM 36.000 sei nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Wegen der Einzelheiten des Einspruchsvorbringens wird auf die Schriftsätze des Kl.-Vertreters vom 31.08.1994 und 19.07.1995 Bezug genommen.

Der Bekl. wies den Einspruch mit Entscheidung vo...

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