Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrere Gewerbebetriebe eines Einzelunternehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

Betreibt ein Einzelunternehmer ein Bowlingcenter und eine Spielhalle, sind diese ungleichartigen Tätigkeiten bei fehlender finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Verflechtung als jeweils eigenständige Gewerbebetriebe anzusehen.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb existiert oder ob zwei Gewerbebetriebe vorliegen.

Der Kläger war in den Streitjahren Inhaber des Bowlingcenters „R” und der aus zwei Räumen bestehenden Spielhalle „L”, die er auf dem Grundstück A-Straße 1 in A betrieb. Das Grundstück ist 3.352 qm groß und bebaut mit dem 717 qm großen Gebäude eines ehemaligen Supermarktes. In diesem Gebäude befanden sich im Streitzeitraum neben der Spielhalle des Klägers Versammlungsräume einer Kirchengemeinde und Räume, die von einer Fahrschule genutzt wurden. Ferner ist das Grundstück mit einem 1.080 qm großen Gebäude in Stelzenbauweise bebaut, in dem sich das Bowlingcenter befindet. Zu den baulichen Einzelheiten wird auf die vorgelegten Baupläne verwiesen (vgl. Blatt 59 ff. der Gerichtsakte).

Die Gewinne aus dem Betrieb des Bowlingcenters ermittelte der Kläger durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Die erstellten Bilanzen weisen für die Streitjahre Gewinne aus und zwar in Höhe von X Euro (2002), X Euro (2003), X Euro (2004), X Euro (2005) und X Euro (2006). Aus dem Betrieb der Spielhalle erzielte der Kläger Verluste, die er durch Einnahme-ÜberschussRechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Die Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG weisen für die Streitjahre Verluste in Höhe von X (2002), X Euro (2003), X Euro (2004), X Euro (2005) und X Euro (2006) aus. Zu den Einzelheiten wird auf die Bilanzen und Gewinnermittlungen in den Bilanzakten verwiesen.

Der Kläger fasste die Gewinne und Verluste aus dem Betrieb des Bowlingcenters und der Spielhalle ertragsteuerlich zusammen, da es sich nach seiner Auffassung um einen einheitlichen Gewerbebetrieb handele. Dementsprechend reichte der Kläger für die Streitjahre jeweils nur eine Gewerbesteuererklärung mit den zusammengefassten Gewinnen und Verlusten beim Beklagen ein. Der Beklagte folgte zunächst diesen Erklärungen und erließ für 2002 bis 2006 unter der Steuernummer XXX/XXXX/XXX1 Gewerbesteuermessbescheide, in denen die Gewerbesteuermessbeträge auf X Euro (2002 bis 2004) bzw. X Euro (2005) und X Euro (2006) festgesetzt wurden. Die vortragsfähigen Gewerbeverluste stellte der Beklagte zum 31.12.2002 auf X Euro (Bescheid vom 01.12.2004), zum 31.12.2003 auf 31.926,00 Euro (Bescheid vom 15.12.2004) und zum 31.12.2004 auf X Euro (Bescheid vom 17.02.2006) fest. Sämtliche Bescheide ergingen gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In den Jahren 2007 und 2008 führte der Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Die Betriebsprüfung gelangte zu der Auffassung, dass es sich bei dem Bowlingcenter und der Spielhalle um zwei selbständige Gewerbebetriebe handele. Ein organisatorischer Zusammenhang liege nicht vor, da die Betriebe nicht in einem Geschäftslokal geführt würden, die beschäftigten Arbeitnehmer in beiden Betrieben nicht identisch seien, der Wareneinkauf und dessen Bezahlung getrennt erfolge und getrennte Bankkonten unterhalten würden. Auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang sei nicht ersichtlich. Die Betriebe stützten und ergänzten sich nicht und sprächen ein unterschiedliches Publikum an. Auch bestehe lediglich für das Bowlingcenter ein Internetauftritt. Darüber hinaus bestehe kein finanzieller Zusammenhang. Dies folge aus den getrennten Aufzeichnungen, der getrennten Gewinnermittlung sowie aus den getrennten Bankkonten. Unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung sei daher von getrennten Gewerbebetrieben auszugehen. Zu den weiteren Feststellungen und Wertungen der Betriebsprüfung wird auf die Betriebsprüfungsberichte vom 18.09.2008 sowie den Inhalt der Betriebsprüfungsakten verwiesen.

Der Beklagte folgte der Betriebsprüfung und erließ am 28.11.2008 und 05.02.2009 gemäß § 164 Abs. 1 AO geänderte Gewerbesteuermessbescheide 2003 bis 2005 sowie geänderte Feststellungsbescheide über den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12. der Jahre 2003 bis 2005. Dabei wurde nur der Gewinn aus dem Bowlingcenter berücksichtigt (Steuernummer XXX/XXXX/XXX1). Die Spielhalle „L” wurde gewerbesteuerlich unter einer neuen Steuernummer (XXX/XXXX/XXX2) aufgenommen. Unter dieser Steuernummer erließ der Beklagte für die Streitjahre 2003 bis 2006 Gewerbesteuermessbescheide, in denen die Gewerbesteuermessbeträge jeweils auf 0 Euro festgesetzt wurden. Zu den Einzelheiten wird auf die vorgenannten Bescheide in den Gewerbesteuerakten Bezug genommen.

Gegen die Änderungsbescheide vom 28.11.2008 und 05.02.2009 wandte sich der Kläger mit seinen Einsprüchen von 15.12.2008 und 25.02.2009. Zur Begründung trug er vor, es liege ein...

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