rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Befugnis des Arbeitsamts zur Änderung einer gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufigen Kindergeldfestsetzung im Hinblick auf § 177 Abs. 1 AO - Ruhen des Kindergeldanspruchs in Höhe des (konkreten) Anspruchs auf britische Familienbeihilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Anspruch der Kindesmutter auf Kindergeld nach deutschem Recht ruht bereits dann in Höhe des Familienbeihilfeanspruchs des Vaters nach britischem Recht, wenn ein solcher Anspruch (konkret) besteht; ob der Vater diesen Anspruch tatsächlich geltend gemacht oder Familienbeihilfe nach britischem Recht tatsächlich bezogen hat, ist unbeachtlich.

2) Allein der Umstand, dass es britische Familienleistungen gibt, führt nicht zu deren Anrechnung auf den deutschen Kindergeldanspruch; dieser ruht vielmehr nur dann, wenn gleichzeitig ein (konkreter) Anspruch auf britische Familienleistungen besteht, d.h. wenn die im britischen Recht normierten Anspruchsvoraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind.

 

Normenkette

EStG § 65 Abs. 1 Nr. 2; AO 1977 § 165 Abs. 2, 2 S. 1, § 177 Abs. 1; Verordnung EWG Nr. 574/72 des Rates vom 21.03.1972 über die Durchführung der Verordnung EWG Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 Art. 10 Abs. 1 a, Nr. 574/72 des Rates vom 21.03.1972 über die Durchführung der Verordnung EWG Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 Art. 10 Abs. 1 b, Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 Art. 73, Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 Art. 74; EStG § 65 Abs. 1

 

Beteiligte

Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen, Der Präsident

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob eine vom Beklagten (Bekl.) unter Berufung auf § 165 AO vorgenommene Änderung einer Kindergeldfestsetzung im Hinblick auf die Regelung des § 177 Abs. 1 AO hätte unterbleiben müssen.

Die in Deutschland lebende Klägerin (Klin.) ist die Mutter der Kinder A., geb. am 07.10.1982, und B., geb. am 02.02.1988. Beide Kinder lebten im Jahre 1999 im Haushalt der Klin. Diese übte im Jahr 1999 eine Berufstätigkeit nicht aus, sondern bezog Sozialhilfe.

Vater des Kindes A. ist C.. Er war bis November 1994 Angehöriger der Britischen Streitkräfte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er regelmäßig Unterhalt für A. gezahlt. Nach Beendigung seines Militärdienstes stellte er seine Zahlungen im Wesentlichen ein. Unterhaltszahlungen für das Jahr 1999 leistete er bislang nicht.

Vater des Kindes B. ist D.. Er hat für B. im Jahre 1999 Unterhalt geleistet.

Mit Bescheid vom 09.02.1999 setzte der Bekl. zu Gunsten der Klin. Kindergeld für die Kinder A. und B. in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem (deutschen) Kindergeld und der dem jeweils anderen Elternteil nach britischem Recht zustehenden Familienleistungen fest, und zwar in Höhe von monatlich 104,00 DM für A. und in Höhe von 131,00 DM für B..

Die Festsetzung erfolgte hinsichtlich der (genauen) Höhe der anzurechnenden britischen Familienleistungen vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO. Die Festsetzung wurde bestandskräftig.

Nachdem er die Mitteilung erhalten hatte, dass die Wochensätze der britischen Familienbeihilfen zum 12.04.1999 für das erste Kind auf 14,40 Britische Pfund und für weitere Kinder auf 9,60 Britische Pfund erhöht worden waren, setzte der Bekl. unter Zugrundelegung eines Umrechnungskurses 1 Britisches Pfund = 1,617238 Euro das Kindergeld für die Kinder A. und B. für das Jahr 1999 mit Bescheid vom 05.05.2000 nunmehr wie folgt fest:

A.

B.

Januar – März 1999

3 × 94 DM = 282 DM

3 × 123 DM = 369 DM

April 1999

68 DM

120 DM

Mai – Dezember 1999

8 × 53 DM = 424 DM

8 × 119 DM = 952 DM

Gesamt

774 DM

1.441 DM

Zugleich forderte er die Klin. auf, den sich nach Anrechnung der aufgrund der vorangegangenen Festsetzung für 1999 geleisteten Kindergeldzahlungen in Höhe von insgesamt 2.820,00 DM (für A.: 1.248,00 DM; für B.: 1.572,00 DM) ergebenden überzahlten Betrag in Höhe von 605,00 DM zu erstatten.

Hiergegen hat die Klin. nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 12.07.2000 Klage erhoben und zunächst begehrt, den Bekl. zu verpflichten, ihr für die Kinder A. und B. Kindergeld ohne Anrechnung britischer Familienleistungen zu gewähren.

Nach einem im Verlauf des Klageverfahrens durchgeführten Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats hat der Bekl. die angefochtene Kindergeldfestsetzung insoweit aufgehoben, wie durch sie für den Zeitraum Januar bis März 1999 das Kindergeld für die Kinder A. und B. herabgesetzt worden war. Zugleich hat er seine Erstattungsforderung auf 551,00 DM ermäßigt, und zwar hinsichtlich des Kindes A. auf 444,00 DM und hinsichtlich des Kindes B. auf 107,00 DM. Für den Zeitraum Januar bis März 1999 haben die Beteiligten daraufhin den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Schriftsatz vom 25.01.2002 hat die Klin. zudem für den Zeitraum April bis Dezember 1999 ihr Klagebegehren der Höhe nach auf den Umfang beschränkt, in dem die zuvor bestandskräftige Kindergeldfestetzung durch den angefochtenen Bescheid zu ihrem Nachteil geändert wurde.

Die Klin. ist der Auffassung, der Bekl. habe die durch B...

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