Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung

 

Tenor

Der Haftungsbescheid vom 13.12.1994 und die Einspruchsentscheidung vom 3.7.1995 werden aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.

Der Kläger (Kl.) ist Rechtsnachfolger seiner am 22.12.1994 verstorbenen Ehefrau … (D.). Der Kl. und D. waren Kommanditisten der … (CP-Druck). Deren Komplementärin war die … GmbH, deren Gesellschafter neben einer weiteren Person ebenfalls der Kl. und D. waren.

D. war durch Haftungsbescheid vom 13.12.1994 für die Jahre 1992 und 1993 betreffende Umsatzsteuer (USt), Säumniszuschläge zur USt und Verspätungszuschläge in Höhe von insgesamt 18.145,32 DM in Anspruch genommen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zum Haftungsbescheid Bezug genommen. Steuerschuldnerin ist … (S.), … in … Der Beklagte (Bekl.) stützt die Haftungsinanspruchnahme auf § 419 BGB. Er vertritt in der Begründung die Auffassung, mit Abschluß des Sicherungsübereignungsvertrages vom 31.10.1993 zwischen D. und der Firma … deren Inhaberin S. war, sei nahezu das gesamte Vermögen von S. auf D. übergegangen. In dem Vertrag erkennt S. eine Forderung von D. in Höhe von 140.000 DM an und überträgt D. zur Sicherung aller gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche das Eigentum an im einzelnen aufgeführten Maschinen. Da der Vertrag zur Absicherung eines Kreditgeschäftes abgeschlossen worden sei und S. keine anderen Sicherheiten habe erbringen können, habe D. auch gewußt, daß sie nahezu das gesamte Vermögen der S. (85 %) übernommen habe. Die Inanspruchnahme von D. sei ermessensgerecht, da die Inanspruchnahme der S. als Steuerschuldnerin nicht zum Erfolg geführt hätte.

Mit Schreiben vom 21.12.1994 erhob D. gegen den Haftungsbescheid Einspruch. Zur Begründung trug sie vor, die im Haftungsbescheid gemachten Ausführungen seien in wesentlichen Teilen unzutreffend.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Unter dem 20.7.1995 übersandte der Bekl. dem Kl. eine Kopie der ursprünglich an D. gerichteten Einspruchsentscheidung (EE) vom 3.7.1995 mit dem Hinweis, die EE ergehe an den Kl. als Gesamtrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau D.

Mit Telefax vom 23.8.1995 erhob der Kl. gegen die EE Klage. Zur Begründung trägt er vor, der Haftungsbescheid vom 13.12.1994 sei rechtswidrig, weil der Haftungstatbestand des § 419 BGB nicht gegeben sei. Es liege weder ein wirksamer Vertrag im Sinne des § 419 BGB vor noch habe D. mehr als 80 % des Vermögens von S. übernommen.

Der Sicherungsübereignungsvertrag vom 31.10.1993 genüge den formalen Anforderungen an eine Sicherungsübereignung nicht. Die dort angeführten Maschinen seien nicht individualisierbar, weil weder die Gerätenummern noch – bei Festinstallation – der Standort festgehalten seien. Es fehle auch eine vertragliche Festschreibung des Freigabeanspruchs mit zahlenmäßig bestimmter Deckungsgrenze. Es sei nicht angegeben, wo sich die Gegenstände befunden hätten, so daß kein wirksames Besitzkonstitut vereinbart worden sei.

Eine Sicherungsübereignung des ganzen oder nahezu ganzen Vermögens falle nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 5. November 1992 III ZR 77/91, NJW 1993, 921, 922) nur dann unter die Regelung des § 419 BGB, wenn das Vermögen dem Schuldner auf Dauer entzogen und dem Übernehmer von vornherein eine Verwertungsbefugnis eingeräumt werde. Ziffer 10 des Sicherungsübereignungsvertrages sehe jedoch vor, daß D. nach Befriedigung ihrer Ansprüche verpflichtet sei, das Eigentum an den bezeichneten Gegenständen an S. zurückzuübertragen. Eine Verwertung des Sicherungsgutes habe, abgesehen vom Sicherungsfall, weitere Rechtsakte erforderlich gemacht. Ihr sei nicht von Anfang an eine Verwertungsbefugnis eingeräumt worden.

Darüber hinaus komme eine Haftung nach § 419 BGB dann nicht in Betracht, wenn dem Sicherungsgeber kein dem Zugriff seiner Gläubiger unterliegender Gegenwert zufließe. Das sei im Streitfall aber geschehen. S. habe von D. einen Darlehensbetrag von 140.000 DM erhalten. Insoweit werde auf die Quittung der S. vom 31.10.1993 und den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts … vom 19.7.1994 verwiesen. Anhand der vorgelegten Kontoauszüge der BfG-Bank … (Konto-Nr. 1164790800) lasse sich nachweisen, daß in der Zeit vom 1.6.–3.9.1993 zumindest 137.410,00 DM von D. an S. gezahlt worden seien. Wenn der Bekl. in diesem Zusammenhang behaupte, es habe sich bei den Zahlungen an S. um Kaufpreisraten bzw. Provisionen gehandelt, könne der Kl. diese Spekulationen nicht nachvollziehen. Zwischen der … oder der … GmbH und der S. bestehe kein Kaufvertrag. Daß die vorgelegte Quittung über die Darlehenszahlung keine Rückzahlungsmodalitäten beinhalte...

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