Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug der Aufwendungen einer Krankenschwester für die Ausbildung zur Pharmareferentin als Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aufwendungen einer Krankenschwester für die Ausbildung zur Pharmareferentin sind als Fortbildungskosten abziehbare Werbungskosten, da der Abschluss "Geprüfter Pharmareferent" eine abgeschlossene Berufsausbildung gemäß der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum "Geprüften Pharmareferenten" vom 2.5.1978 voraussetzt und ein enger inhaltlich materieller Bezug der bisherigen Tätigkeit als Krankenschwester zu der später ausgeübten Tätigkeit als Pharmareferentin wegen des gemeinsamen naturwissenschaftlich- medizinischen Schwerpunkts besteht.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 10 Abs. 1, 1 Nr. 7, § 12 Nrn. 1, 1 S. 2, § 9 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für die Ausbildung zur Pharmareferentin als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Der Kläger (Kl.) war im Streitjahr 1995 mit C. T., geb. M., verheiratet. Sie wurden gemeinsam zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Frau T. war als Krankenschwester – Psychiatrie – nichtselbstständig tätig. Sie ist 1996 als Pharmareferentin nichtselbstständig tätig geworden.

In ihrer ESt-Erklärung 1995 machte der Kl. Kosten für die Ausbildung der Ehefrau zur Pharmareferentin in Höhe von 17.620,88 DM als Werbungskosten geltend, die sich im Wesentlichen zusammensetzen aus Schulkosten und Prüfungskosten (ca. 6.000 DM) und Fahrtkosten zum Schulbesuch. Die geltend gemachten Kosten sind der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Aufwendungen für die Ausbildung zur Pharmareferentin gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) mit dem Höchstbetrag in Höhe von 900 DM als Sonderausgaben zu berücksichtigen seien, da insoweit eine eigenständige Berufsausbildung vorliege. Die Tätigkeit als Krankenschwester stelle keine Voraussetzung für den Beruf des Pharmareferenten dar. Es versagte daher den Werbungskostenabzug und berücksichtigte im ESt-Bescheid für 1995 die Aufwendungen mit dem Höchstbetrag von 900 DM als Sonderausgaben; wegen der Einzelheiten wird auf den ESt-Bescheid für 1995 vom 04.04.1997 Bezug genommen.

Der Kl. legte Einspruch ein. Er trug vor, Zulassungsvoraussetzung zur staatlichen Prüfung zum Pharmareferenten sei eine naturwissenschaftliche Vorbildung, zu der u.a. auch die Ausbildung einer Krankenschwester gehöre. Es handele sich um eine Fortbildung, dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut der Verordnung, der die Voraussetzungen zum Erwerb der Bezeichnung Pharmareferent regele: „Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten.” Schon im Wortlaut der Verordnung sei von Fortbildung und nicht etwa von Ausbildung die Rede.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Es handele sich um Ausbildungskosten. Der Beruf einer Pharmareferentin habe ein eigenständiges Berufsbild und sei nicht an andere Grundberufe, etwa aus dem medizinischen Bereich geknüpft. Auch der Aufgabenbereich sei ein anderer als der einer Krankenschwester. Es liege demzufolge ein Wechsel in eine andere Berufsart vor und keine Maßnahme zur Spezialisierung auf einem Gebiet des erlernten Berufs. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 03.04.1998.

Der Kl. erhob Klage. Bei den geltend gemachten Aufwendungen handele es sich um Fortbildungskosten i.S.d. Einkommensteuerechts. Die Verordnung, die die Voraussetzungen zum Erwerb des Abschlusses geprüfter Pharmareferent enthalte, laute „Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten”. Auch der Inhalt der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten vom 02.05.1978 (BGBl. I 1978, 600 ff.) ergebe, dass es sich nicht um eine berufliche Ausbildung, sondern um eine berufliche Fortbildung handele (Text s. Bl. 46 ff. der Gerichtsakte). Die Überschrift von § 2 der Verordnung laute: „Ziel der beruflichen Fortbildung und Bezeichnung des Abschlusses”. Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung sollen durch die Teilnahme an dem Fortbildungslehrgang „Kenntnisse und Fertigkeiten, die in der Berufsausbildung und in der anschließenden Berufspraxis erworben worden sind, vertieft und ergänzt werden”. Das bedeute, dass die berufliche Fortbildung im Sinne der Verordnung erst dann begonnen werden könne, wenn eine vorherige Ausbildung und eine praktische Tätigkeit in diesem Beruf erfolgt sei. Voraussetzung zur Zulassung zum Fortbildungsgang sei, dass entweder eine auf das Hochschulstudium vorbereitende Schulbildung erfolgreich abgeschlossen sei und eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie eine mindestens 1-jährige Berufspraxis nachgewiesen werde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung) oder ein mittlerer Bildungsabschluss, eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine mindestens 3-jährige Berufspraxis nachgewiesen werde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung). Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung müsse es sich bei der in Satz 1 der Vorschrift ...

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