Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufteilung nicht direkt zurechenbarer Vorsteuern nach dem Umsatzschlüssel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein an die Anzahl oder Standfläche der eingesetzten Spielgeräte anknüpfender Aufteilungsmaßstab ist wegen der Schwankungsbreite der Einspielergebnisse der verschiedenen Geräte strukturell nicht geeignet, den notwendigen Bezug zwischen dem auf jedes Gerät entfallenden Anteil der Aufwendungen für die Anmietung und Unterhalt der Räumlichkeiten und den mit diesem Gerät ausgeführten Umsätzen herzustellen.

2. Ein Hinweis auf die Richtlinien und den darin benannten Aufteilungsmaßstab kann hinfällig sein, wenn der erkennende Senat diese Aufteilung für nicht sachgerecht hält und insoweit an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen nicht gebunden ist.

3. Ein Unternehmer, der den nicht abziehbaren Teil der Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG im Wege einer sachgerechten Schätzung ermittelt, ist an die von ihm gewählte Schätzungsgrundlage gebunden, sobald die betreffende Steuerfestsetzung formell bestandskräftig geworden ist.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 4 Sätze 1-2; UStR 2008 Abschn. 208; UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.11.2011; Aktenzeichen V R 35/10)

BFH (Urteil vom 10.11.2011; Aktenzeichen V R 35/10)

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt)-Festsetzungen für 1999 bis 2003, ob der Beklagte die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern nach dem sog. Umsatzschlüssel auf die steuerfreien und die steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin aufteilen durfte.

Die Klägerin war – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – in den Streitjahren Organträgerin einer umsatzsteuerlichen Organschaft, der als Organgesellschaften die Q GmbH, die M GmbH, die N GmbH, die O GmbH, die V GmbH und die T GmbH angehörten. Die Mitglieder dieses Organkreises betrieben in den Jahren 1999 bis 2003 mehrere Spielhallen, in denen sowohl Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit als auch Unterhaltungsspielgeräte aufgestellt waren.

Für die Jahre 1999 bis 2001 reichte die Klägerin USt-Erklärungen ein, in denen sie sowohl die Umsätze mit den Geldspielgeräten als auch die Umsätze mit den Unterhaltungsspielgeräten als steuerpflichtige Leistungen erfasste. Mit Schriftsatz vom 22.08.2003 stellte die Klägerin den Antrag, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden USt-Festsetzungen 1999 bis 2001 zu ändern und die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten nunmehr als steuerfreie Umsätze zu erfassen. Zur Begründung berief sie sich auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.11.2000 (V B 187/00, BFH/NV 2001, 657), wonach es ernstlich zweifelhaft sei, ob Geldspielautomatenumsätze gemeinschaftsrechtlich besteuert werden dürften. Diese Anträge lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 05.09.2003 ab. Der gegen diesen Ablehnungsbescheid gerichtete Einspruch der Klägerin vom 24.09.2003 wurde von den Beteiligten im Hinblick auf ausstehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des BFH zu der Steuerfreiheit von Umsätzen mit Geldspielgeräten einvernehmlich ruhend gestellt.

Für das Jahr 2002 reichte die Klägerin am 01.12.2003 eine zustimmungsbedürftige USt-Erklärung ein, in der sie die mit den Geldspielgeräten erzielten Umsätze von vornherein als steuerfrei behandelte. Der Beklagte stimmte dieser Erklärung jedoch nicht zu und erließ am 07.01.2004 einen USt-Bescheid 2002, in dem die Umsätze mit den Geldspielgeräten der Besteuerung unterworfen wurden. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Einspruch der Klägerin vom 20.01.2004 wurde von den Beteiligten im

Hinblick auf die ausstehenden Entscheidungen des EuGH und des BFH ebenfalls ruhend gestellt.

Für das Jahr 2003 reichte die Klägerin am 28.02.2005 eine nicht zustimmungsbedürftige USt-Erklärung ein, in der sie die Umsätze mit den Geldspielgeräten erneut als steuerfreie Leistungen erfasste. Die Vorsteuern, die weder mit den steuerfreien noch mit den steuerpflichtigen Umsätzen in unmittelbarem Zusammenhang standen, teilte sie auf, wobei die Aufteilungsquote – von Rundungsdifferenzen abgesehen – dem von ihr errechneten Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen des umsatzsteuerlichen Organkreises entsprach:

Abziehbare Vorsteuern lt. Erklärung

Davon den steuerpflichtigen Umsätzen direkt zuzuordnen

Anteil der übrigen abziehbaren Vorsteuern an den aufzuteilenden Vorsteuern

Von der Klägerin in später vorgelegten Berechnungen zu Grunde gelegtes Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen

EUR 61.131,83

EUR 13.163,–

EUR 47.968,83 von EUR 124.980,– = 38,38 %

38,5 %

Am 17.02.2005 entschied der EuGH in dem Musterverfahren zur Steuerpflicht von Geldspielgeräten, dass es mit Art. 13 Teil B Buchst. F der Richtlinie 77/388/EWG (Sechste Umsatzsteuerrichtlinie, ABl. 1977 L 145/1) unvereinbar sei, die Veranstaltung oder den Betrieb von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei zu stellen, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung derselben Tätigkeit durch Wirts...

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