rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer bei der Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren über einen anderen Mitgliedstaat

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft über einen anderen Mitgliedstaat entsteht die nationale Verbrauchsteuer erst mit dem Verbringen der Ware aus diesem in das deutsche Steuergebiet.

2. Die nationale Verbrauchsteuer darf deshalb bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer nicht berücksichtigt werden.

3. Die Prüfung der Frage, ob eine Wareneinfuhr nichtkommerziellen Charakter hat, ist in jedem Einzelfall auf der Grundlage einer Gesamtbeurteilung der Umstände unter Berücksichtigung der Menge und der Art der Einfuhr sowie der Häufigkeit von Einfuhren der gleichen Waren durch den betreffenden Reisenden, aber gegebenenfalls auch seiner Lebensweise und seiner Gewohnheiten oder seines familiären Umfelds vorzunehmen.

4. Wenn Trinkbranntwein zu gewerblichen Zwecken in das deutsche Steuergebiet verbracht wird, kann keine Freimenge von 10 l Trinkbranntwein gewährt werden.

 

Normenkette

BranntwMonG § 144 Abs. 2, § 145 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 4, § 147 Abs. 1 S. 1; BrStV § 45a; ZK Art. 202 Abs. 1, Art. 215 Abs. 4; ZKDV Art. 230 Buchst. a, Art. 233, 234 Abs. 2; EWGV 918/83 Art. 45; EWGV 918/83 Art. 46 Abs. 1 Buchst. a; UStG § 11 Abs. 3 Nr. 2, § 21 Abs. 2

 

Tenor

1. Unter Änderung des Steuerbescheids vom 13. Oktober 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2007 wird die Einfuhrumsatzsteuer auf 133,50 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 7 % und der Kläger zu 93 %.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob gegenüber dem Kläger zu Recht Einfuhrabgaben für Branntwein festgesetzt wurden.

Nachdem der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA) festgestellt hatte, dass der Kläger unter dem Mitgliedsnamen „…” über eBay ca. 160 Liter Trinkbranntwein verkauft hatte, leitete er am 4. Mai 2005 ein Strafverfahren gegen den Kläger ein und beantragte beim zuständigen Amtsgericht den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses für die Wohn- und Geschäftsräume des Klägers. Bei der Durchsuchung am 20. Juli 2005 wurde Trinkbranntwein in Flaschen und Kanistern unterschiedlicher Größe mit einem Alkoholgehalt von insgesamt 48,04 Litern vorgefunden und sichergestellt.

Der Kläger gab an, dass der Schnaps vom Obst der Obstbäume seiner Frau in Bosnien gebrannt worden sei und er diesen im Rahmen der Freimengen mit dem Pkw über Slowenien und Österreich nach Deutschland verbracht habe. Da es irgendwann zuviel geworden sei, habe er begonnen, den Schnaps über eBay zu versteigern.

Daraufhin setzte das HZA mit Steuerbescheid vom 13. Oktober 2006 gegenüber dem Kläger Branntwein- und Einfuhrumsatzsteuer für 119,2 Liter Alkohol i.H.v. insgesamt 1.935,19 EUR fest, weil der Alkohol zu gewerblichen Zwecken bestimmt gewesen und deswegen vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden sei. Sechs Liter, die bei der Sicherstellung versehentlich vernichtet wurden, sind nicht der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Den gegen den Steuerbescheid eingelegten Einspruch wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2007 als unbegründet zurück.

Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:

Es sei zwar richtig, dass er über eBay Branntwein verkauft habe. Es sei jedoch nicht bei allen aufgelisteten Auktionen tatsächlich zum Verkauf gekommen. Der Abgabenberechnung für die eBay-Verkäufe dürfe nur ein Alkoholgehalt von 42,3 bis 43,8 % zugrunde gelegt werden. Dies entspreche dem Alkoholgehalt des bei ihm sichergestellten Branntweins. Die 42,2 Liter Trinkbranntwein, die bei der Wohnungsdurchsuchung im großen Kanister vorgefunden wurden, hätten seiner Ehefrau gehört; sie seien im Rahmen der Freimenge eingeführt worden und für die Hochzeit eines Kindes bestimmt gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Steuerbescheid vom 13. Oktober 2006 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das HZA beantragt, die Klage abzuweisen.

Es bringt im Wesentlichen vor, dass bei der Abgabenberechnung für die eBay-Verkäufe der in den Auktionsbeschreibungen angegebene Alkoholgehalt herangezogen worden sei, weil der tatsächliche Alkoholgehalt wegen des Verkaufs nicht mehr habe festgestellt werden können. Die Einlassung des Klägers, dass der im großen Kanister sichergestellte Branntwein im Rahmen der Freimenge eingeführt und für die Hochzeit eines Kindes bestimmt gewesen sei, sei angesichts des Alters der Kinder zum Zeitpunkt der Sicherstellung und wegen der dafür erforderlichen Häufigkeit der Besuche unglaubwürdig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligt...

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