Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer 1993 und 1994

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) betreibt ein Reisebüro. Bei einer Lohnsteueraußenprüfung im November 1994 stellte die Prüferin fest, daß Arbeitnehmer der Klin von Reiseveranstaltern verbilligt Flugreisen erwerben konnten.

Sie vertrat die Auffassung, daß hierin eine steuerpflichtige Rabattgewährung durch Dritte zu sehen sei und sah den Unterschiedsbetrag zwischen dem an den Veranstalter üblicherweise zu entrichtenden Einstandspreis und der Zahlung des Arbeitnehmers als geldwerten Vorteil an. Nachdem die Klin diesen geldwerten Vorteil erst ab Mitte 1994 der Lohnsteuer unterworfen hatte, ermittelte die Prüferin für 1993 und 1994 unter Berücksichtigung eines Bewertungsabschlags von 4 v.H. die Lohnsteuer für den sonstigen Bezug nach § 39 b Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Vermittlungsleistung der Klin wurde wegen des Rabattfreibetrages gemäß § 8 Abs. 3 EStG nicht angesetzt. Die Prüferin errechnete die Lohnsteuer mit 2 737 DM und die Kirchenlohnsteuer mit 167,90 DM. Auf den Lohnsteuerprüfungsbericht vom 28. Dezember 1994 Tz. 1 mit Anlagen 1–5 wird ergänzend Bezug genommen.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) schloß sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ am 7. Februar 1995 einen entsprechenden Haftungsbescheid für 1993 und 1994 über insgesamt 2 904,90 DM. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FA wies mit Einspruchsentscheidung vom 17. November 1995 den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird ergänzend Bezug genommen.

Mit der Klage begehrt die Klin die Aufhebung des Haftungsbescheides vom 7. Februar 1995 und der Einspruchsentscheidung vom 17. November 1995. Zur Begründung trägt sie vor, daß sie zwar nunmehr auch der Auffassung sei, daß Arbeitslohn vorliege, es ergebe sich jedoch keine Nachversteuerung, da der Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 EStG anzuwenden sei. Abschnitt 32 Abs. 2 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) sei widersprüchlich. Er sehe die Gewährung des Freibetrages für die Vermittlungsleistung vor, nicht jedoch für die vermittelte Leistung. Die Zuwendung der Reiseleistung solle lohnsteuerpflichtig sein, obwohl sie von einem Dritten komme, der Freibetrag aber keine Anwendung finden, weil die Leistung von einem Dritten komme.

Vertrete man die Auffassung, daß die Gewährung verbilligter Flugtickets Frucht der Dienstleistung für den Arbeitgeber sei, müsse man konsequenterweise darin eine Rabattgewährung durch den Arbeitgeber sehen. Das Reisebüro verfüge mit der Ausstellung des Flugscheins nämlich über einen eigenen, ihm selbst gegenüber der Fluggesellschaft zustehenden Anspruch zugunsten des Mitarbeiters. Aufgrund der Bedingungen des IATA-Agenturvertrages sei der Arbeitgeber alleiniger Verfügungsberechtigter dieser ermäßigten Flugtickets (sog. AD-Tickets = Agent Discount Tickets). Ohne die alleinige Entscheidung des Arbeitgebers, ob er das ihm zustehende Kontingent ausschließlich für Geschäftsreisen verwende oder einen Teil hiervon Mitarbeitern zukommen lasse, könne ein Antrag des Arbeitnehmers auf Erteilung eines AD-Tickets keinen Erfolg haben. Somit liege ein Drittrabatt im eigentlichen Sinne gar nicht vor. Der auf den Normalpreis anzuwendende Rabatt bestimme sich ausschließlich nach der IATA-Resolution Nr. 880, die als Anlage vorgelegt werde. Dem Reisebüroinhaber stünden danach sechs Tickets pro Jahr zu, so daß er über einen eigenen Anspruch zugunsten seiner Mitarbeiter verfüge. Er sei zumindest vorrangiger Anspruchserwerber (BFH-Urteil vom 16. März 1995 V R 128/92, BStBl II 1995, 651). Der Rabatt sei damit als Zusatzprovision für das Reisebüro zu werten (BFH–Urteil vom 28. Juli 1994 V R 16/92, BStBl II 1995, 274), die in voller Höhe vom Arbeitgeber an den Mitarbeiter weitergegeben werde.

Es sei im Hinblick auf die verfassungsmäßig gebotene gleichmäßige Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch nicht hinnehmbar, wenn die Arbeitnehmer von Reisebüros bei gleichem Sachverhalt anders behandelt würden als die Arbeitnehmer der Fluggesellschaften, die den Rabattfreibetrag erhielten. Es sei willkürlich, wenn die Organisationsstruktur und Zufälligkeiten bei der Abrechnung über die steuerliche Belastung des Arbeitgebers entschieden. § 8 Abs. 3 EStG müsse daher verfassungskonform ausgelegt werden, indem man vermittelte Endprodukte den Eigenprodukten gleichstelle. Der Arbeitnehmer erwerbe bei wirtschaftlicher Betrachtung auch nicht zwei Leistungen (Vermittlung und Reise), sondern ein einheitliches Produkt, z. B. das Flugticket. Soweit das FA auf das BFH-Urteil vom 15. Januar 1993 VI R 32/92 (BStBl II 1993, 356) verweise, sei der Sachverhalt nicht vergleichbar.

Da nach § 8 Abs. 3 EStG Dienstleistungen, die der Arbeitgeber herstelle, vertreibe oder erbringe, begünstigt seien, sei die Vorschrift schon vom Wortlaut her anwendbar, denn die Vermittlungsleistung werde von ihm erbracht und d...

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