rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes. Ausübung des Zuordnungswahlrechts. Nachweis der unternehmerischen Zuordnung. Mietvertrag als zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung erst im Zeitpunkt der Zahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen in Form von objektiven Anhaltspunkten gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers. Die Zuordnungsentscheidung ist dabei bereits bei Bezug des Gegenstands zu treffen (gewichtiges Indiz: Geltendmachung bzw. Unterlassung des Vorsteuerabzugs).

2. Spätere Absichtsänderungen wirken nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück und führen nicht dazu, dass für Eingangsleistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind.

3. Ein Mietvertrag, der auf beiden Seiten von derselben Person unterschrieben ist, welche zugleich Gemeinschafter der Ehegattengrundstücksgemeinschaft als auch Vorstand der Mieterin ist, stellt keinen solchen objektiven Nachweis dar.

4. Mietverträge erfüllen nur in Verbindung mit den entsprechenden monatlichen Abrechnungen die Rechnungsvoraussetzungen für den Vorsteuerabzug.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 4, 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nrn. 4, 1 Buchst. a; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2, Art. 4

 

Tenor

1. Das Finanzamt wird unter Aufhebung der Verfügung vom 8. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2008 verpflichtet, unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2004 vom 25. Juli 2005 die Umsatzsteuer 2004 auf 0 EUR festzusetzen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes.

Die Klägerin – eine Ehegattengrundstücksgemeinschaft – errichtete im Jahr 2004 in C ein Einfamilienhaus; dieses war nach dem Vorbringen der Klägerin im November 2004 bezugsfertig und wurde von den Ehegatten zum Wohnen genutzt. Wegen der Vermietung eines Raumes im Erdgeschoss und einer Garage ordnete die Klägerin das ganze Gebäude ihrem Unternehmen zu und brachte in ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 Vorsteuern aus den gesamten Kosten der Errichtung des Gebäudes in Höhe von 114.460,59 EUR zum Abzug. In dieser Umsatzsteuererklärung 2004 – mit Eingangsdatum bei dem beklagten Finanzamt (FA) vom 16. Februar 2005 (Frühleerung) – errechnete die Klägerin bei Umsätzen zum Regelsteuersatz von insgesamt 1.337 EUR und Vorsteuern in Höhe von 114.460,59 EUR eine negative Umsatzsteuer von 114.246,67 EUR. Dieser Steueranmeldung stimmte das FA nicht zu.

Nach Durchführung einer Außenprüfung (Bericht vom 2. Juni 2005) setzte das FA die Umsatzsteuer 2004 mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 25. Juli 2005 auf 213,92 EUR fest. Dabei wurden vom FA steuerpflichtige Wertabgaben in Höhe von 1.085 EUR und Mieteinnahmen in Höhe von 252 EUR angesetzt; die von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuern wurden nicht anerkannt.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2005 beantragte die steuerliche Vertreterin der Klägerin erneut die Auszahlung der geltend gemachten „Umsatzsteuer”. Das FA behandelte das Schreiben als Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2004 vom 25. Juli 2005 und lehnte diesen Antrag mit Verfügung vom 8. Dezember 2005 ab.

Dagegen war der Einspruch vom 16. Januar 2006 (Frühleerung) gerichtet.

Das FA erkannte diesen Einspruch als fristgemäß an, weil die steuerliche Vertreterin der Klägerin durch Vorlage ihres Posteingangsbuchs nachgewiesen hatte, dass ihr der Bescheid erst am 19. Dezember 2005 zugegangen war. Mit Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Dagegen ist die Klage vom 4. März 2008 gerichtet.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass es bereits vor Beginn der Bauarbeiten festgestanden habe, dass ein Raum im Erdgeschoss des Gebäudes als Büroraum zur Vermietung an die D AG (D) vorgesehen gewesen sei. Die Klägerin habe dann mit Mietvertrag vom 29. November 2004 den Raum zur Nutzung durch den Vorstand der D, Herrn A, als Büro sowie eine Garage an die D zu einem Mietzins von brutto 292,17 EUR vermietet. Dabei sei es entgegen der Auffassung des FA auch durch ein Protokoll der Vorstandssitzung der Firmen F AG und E-Holding AG (später D) nachgewiesen, dass die Mieterin den Gebäudeteil ausschließlich für diejenigen Tätigkeiten der D verwendet habe, die umsatzsteuerpflichtig seien; dies seien insbesondere umfangreiche Verwaltungsarbeiten, die von Herrn A persönlich zu übernehmen gewesen seien. Auch seien von Herrn A andere umsatzsteuerpflichtige Umsätze auszuführen gewesen, da Herr A für die Produktauswahl und die Konzeptionen zuständig gewesen sei. Vorliegend sei auch das gesetzliche Erfordernis einer unternehmerischen Nutzung zu mindestens zehn Prozent nicht einschlägig, da die Fertigstellung des Objektes bzw. der ...

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