rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld. Wohnsitz. gewöhnlicher Aufenthalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Verlassen 11 und 14 Jahre alte Geschwister die inländische Wohnung der Eltern für eine mehrjährige Schulausbildung (hier: bis zum Abitur) im Ausland und wohnen sie dort bei ihren Großeltern, so reichen jährliche Ferienaufenthalte bei den Eltern von ca. 2 Wochen nicht, um einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland beizubehalten

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63; AO §§ 8-9

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Kinder des Klägers (Kl) die für einen vollen Kindergeldanspruch erforderliche Voraussetzung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland erfüllten.

I.

Der Kl ist der Vater des am 14. Mai 1989 geborenen M und des am 22. Dezember 1991 geborenen K. Sowohl der Kl als auch die beiden Söhne sind deutsche Staatsangehörige. Bis August 2003 bezog die Ehefrau des Kl Kindergeld für M und K.

Mit Antrag vom 26. Juni 2003 begehrte der Kl mit Zustimmung seiner Ehefrau Kindergeld für M und K. Im Antrag gab er an, dass sich beide Kinder ab September 2003 im Haushalt der S in Istanbul aufhalten und dort die Schule besuchen werden. Mit Bescheid vom 06. November 2003 gewährte der Beklagte (die Familienkasse –FK–) ab September 2003 für beide Kinder nur das ermäßigte Kindergeld für Auslandskinder in Höhe von monatlich 5,11 EUR (M) bzw. 12,78 (K). Zur Begründung des hiergegen gerichteten Einspruchs legte der Kl Bescheinigungen von Reisebüros über folgende Flüge vor:

Datum

Flug

Datum

Flug

15.06.2003

Istanbul – München

05.09.2003

München – Istanbul

18.01.2004

Istanbul – München

01.02.2004

München – Istanbul

21.01.2005

Istanbul –München

01.02.2005

München – Istanbul

Die FK wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 02. Februar 2005 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Dem Kl stehe für M und K nicht nur das gekürzte Auslandskindergeld, sondern das volle Kindergeld zu. M und K besuchten nur vorübergehend in der Türkei die Schule. Der Schulbesuch in der Türkei sei durch in Deutschland aufgetretene Schulprobleme indiziert gewesen. Es sei nicht darum gegangen, die angebliche Heimat näher kennen zu lernen und sich in die dortigen Verhältnisse einzuleben. Nach dem Abitur sei ein Studium in Deutschland geplant. Die Kinder seien immer noch in Deutschland gemeldet und kämen zweimal jährlich während der Schulferien nach Deutschland.

Mit Änderungsbescheid vom 13. Mai 2005 gewährte die FK für September 2003 für beide Söhne das volle Kindergeld, da sie davon ausging, dass diese erst am 05. September 2003 die Bundesrepublik Deutschland verlassen hatten.

Der Kl beantragt sinngemäß,

die FK unter Aufhebung des Bescheids vom 06. November 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02. Februar 2005 zu verpflichten, ab Oktober 2003 Kindergeld für die Kinder M und K in Höhe von jeweils 154 EUR pro Monat festzusetzen.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie darauf, dass dem Kl nur der ermäßigte Kindergeldbetrag nach dem deutsch-türkischen Abkommen zustehe, da sich die Söhne auf Dauer in der Türkei aufhielten. Da die Söhne bei ihrer Ausreise 14 Jahre (M) bzw. 11 Jahre (K) alt gewesen seien, sei bis zum angestrebten Abitur von einem mindestens 4 bzw. 7 Jahre langen Auslandsaufenthalt auszugehen. Bei von vorneherein auf mehr als ein Jahr ausgelegtem Auslandsaufenthalt reichten kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder Familienzwecken nicht, um einen inländischen (Zweit-)Wohnsitz aufrecht zu erhalten. Die Kinder seien in einem Alter, in dem sie noch der besonderen Betreuung und Fürsorge bedürften. Es sei daher von einer Unterbringung der Söhne bei Verwandten oder Freunden und von einer Verlagerung des Schwerpunkts ihrer Lebensverhältnisse in die Türkei auszugehen.

Auf die gemäß § 79 FGO ergangene Aufklärungsanordnung vom 30. März 2006, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, erklärte der Kl, dass sich die Söhne in der Türkei bei ihren Großeltern aufhielten. Über die Inlandsaufenthalte legte er erneut die bereits im Vorverfahren vorgelegten Bescheinigungen über Flüge vom 15. Juni 2003, 05. September 2003, 21. Januar 2005 und 01. Februar 2005 vor.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. Juni 2006 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kl steht für die Söhne M und K für den Zeitraum Oktober 2003 bis Februar 2005 (Datum der Einspruchsentscheidung) kein Anspruch auf das volle Kindergeld zu.

1. Wer –wie der Kläger– nach seinem von der FK nicht bestrittenen Vortrag über einen Wohnsitz im Inland verfügt, hat gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) Anspruch auf Kindergeld nach dem ...

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