Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Entnahme i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG bei Überführung eines vor 1999 eingelegten Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens in das Privatvermögen zu einem niedrigeren Teilwert als zum Einlagezeitpunkt

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein zum 1.7.1970 als Einlage geleisteter Acker kann ohne steuerschädliche Folgen nach § 4 Abs. 4a i. V. m. § 52 Abs. 11 S. 3 EStG entnommen werden, wenn der Teilwert zum Zeitpunkt der Entnahme im Jahr 2002 unterhalb des Einlagewertes liegt. Dies folgt aus einer teleologischen Auslegung des Entnahmebegriffs in § 4 Abs. 4a EStG, wonach die Entnahme eines eingelegten Wirtschaftsguts des Anlagevermögens die Aufdeckung positiver stiller Reserven erfordert.

 

Normenkette

EStG 2002 § 4 Abs. 4a, § 55 Abs. 5; EStG § 52 Abs. 11 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.11.2016; Aktenzeichen IV R 46/13)

 

Tenor

1. Unter Änderung der Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2007 und 2008, jeweils vom 3. März 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19. August 2011 wird der Gewinn der Klägerin für 2007 auf … EUR und für 2008 auf … EUR festgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob eine im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgte Grundstücksübertragung und damit die geänderte Zuordnung des Grundstücks vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen dem Grunde nach eine Überentnahme im Sinne von § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG im Jahr 2002 ausgelöst hat und sich folglich noch im Rahmen der periodenübergreifenden Ermittlung der Über- und Unterentnahmen in den Streitjahren auswirkt. Die Berechnung der periodenübergreifenden Über- und Unterentnahmen ist der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Klägerin (Kl) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in die ihr Gesellschafter H mit notarieller Urkunde vom 23. Dezember 2006 seinen bisher als Einzelunternehmen geführten landwirtschaftlichen Betrieb einbrachte. Die Kl betreibt seit 1. Januar 2007 eine gemischte Landwirtschaft. An der Kl sind ab 1. Januar 2007 H mit 67 % und seine Familienangehörigen, seine Ehefrau E mit 12 %, sowie seine Kinder S, W und M mit jeweils 7 %, beteiligt. Sowohl das Einzelunternehmen als auch die Kl ermittelten/ermitteln ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Berücksichtigung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres.

Mit notarieller Urkunde vom 20. Dezember 2002 übertrug H an seine Kinder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einen Acker, der sich bereits seit 1822 und damit vor dem 1. Juli 1970 im notwendigen Betriebsvermögen seines land- und forstwirtschaftlichen Einzelunternehmens befunden hatte. Der Buchwert des Grundstücks betrug … EUR. Der Verkehrswert des Grundstücks wurde zwischen den Beteiligten einvernehmlich mit … EUR angesetzt. Die Entnahme führte im Wirtschaftsjahr 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003 zu einem Entnahmeverlust in Höhe von … EUR.

In der Bilanz der Kl ist das Eigenkapital in den Wirtschaftsjahren vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 (Rumpfwirtschaftsjahr) nach der Bilanz zum 30. Juni 2007 mit … EUR, vom 1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008 nach der Bilanz zum 30. Juni 2008 mit … EUR und vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 nach der Bilanz zum 30. Juni 2009 mit … EUR ausgewiesen. Der Gesellschafter H entnahm im Rumpfwirtschaftsjahr (1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007) … EUR, in den Wirtschaftsjahren 2007/2008 … EUR und 2008/2009 … EUR.

Aufgrund der Feststellungserklärungen für die Jahre 2007 und 2008 stellte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für 2007 mit … EUR und für 2008 mit … EUR fest und teilte den Gewinn entsprechend den vorgenannten Verteilungsquoten auf die Gesellschafter auf. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007 vom 18. Dezember 2009 und 2008 vom 6. Mai 2010 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Anlässlich der Außenprüfungen des Einzelunternehmens und der Kl stellte der Prüfer fest, dass H zum 31. Dezember 2006 einen Verlust von … EUR (Einzelunternehmen) erzielte und die Einlagen des H … EUR betrugen sowie H im Rumpfwirtschaftsjahr bis 30. Juni 2007 einen Gewinnanteil von … EUR erzielte und seine Einlagen … EUR betrugen. In den Wirtschaftsjahren 2007/2008 und 2008/2009 erzielte H Gewinnanteile von … EUR und … EUR, die Einlagen des H betrugen … EUR und … EUR.

Bei der Außenprüfung der Kl stellte der Prüfer weiter fest, dass dem Gewinn der Kl nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbare Schuldzinsen in den Streitjahren hinzuzurechnen sind. A...

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