rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung eines steuerrechtsunkundigen Testamentsvollstreckers für Bezahlung der Erbschaftsteuer?

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein als Testamentsvollstrecker eingesetzter steuerrechtlicher Laie haftet nicht infolge der Verletzung seiner Pflicht, für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen, wenn er von niemandem darauf hingewiesen worden ist. Auch wenn er sich nicht an geeigneter Stelle über seine Pflichten als Testamentsvollstrecker informiert hat, kann ihm nur einfache, aber keine grobe Fahrlässigkeit angelastet werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 33 Abs. 1, §§ 34, 69 S. 1; ErbStG 1974 § 31 Abs. 5, § 32 Abs. 1 S. 2

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (Finanzamt = FA) zu Recht den Kläger (Kl) als Testamentsvollstrecker als für die Erbschaftsteuer Haftenden in Anspruch genommen hat.

Die am 3.11.1990 ...; verstorbene Erblasserin ...; wurde aufgrund des notariellen Testaments vom 23.11.1990 u. a. von ihrer Schwägerin, X zu 35/100 beerbt.

Als Testamentsvollstrecker hat die Erblasserin den Kl benannt (vgl. auch Testamentsvollstreckerzeugnis vom 29.11.1990).

Am 30.9.1991 ging die vom Testamentsvollstrecker erstellte Erbschaftsteuererklärung beim Finanzamt ...; ein.

Das FA hat am 2.3.1994 erstmalig Erbschaftsteuerbescheide im vorliegenden Erbfall erlassen.

Die Bescheide für die Erben wurden dem Kl als Testamentsvollstrecker mit Wirkung für und gegen den Erben des Steuerschuldners bekanntgegeben.

Aufgrund einer Vollstreckungsankündigung teilte der Kl mit Schreiben vom 30.5.1994 mit, daß er die ihm zugegangenen Bescheide lediglich als „informative Durchschriften” betrachtet habe. Bereits am 7.10.1991 habe er den Erben eine Nachlaßrechnung zugesandt, und die noch verbliebenen Gelder an die Erben überwiesen. Damit sei seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker beendet gewesen. Die ihm zugestellten Bescheide gab der Kl dem FA mit der Bitte, die Bescheide den Erben direkt zuzustellen, zurück.

Mit Schreiben vom 8.6.1994 teilte das FA mit, daß ihm die Erbschaftsteuerbescheide gemäß § 32 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 5 ErbStG rechtmäßig bekanntgegeben worden seien, und er für die Entrichtung der Steuer zu sorgen habe.

Mit Bescheiden vom 26.7.1994 ergingen aufgrund der Angaben des Testamentsvollstreckers geänderte Steuerfestsetzungen. Für die Miterbin X, verblieb noch eine Erbschaftsteuerschuld von 16.258 DM.

Nachdem die Vollstreckungsstelle am 22.6.1995 mitgeteilt hatte, daß die Vollstreckung bei dieser Miterbin aussichtslos sei, erließ das FA nach vorheriger Ankündigung gegen den Kl am 28.7.1995 einen Haftungsbescheid über 16.258 DM Erbschaftsteuer zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.644 DM.

Mit seinem Einspruch machte der Kl geltend, daß er in einem an das FA gerichteten Schreiben vom 17.1.1991 (das ausweislich der vorliegenden Akten jedoch nicht beim FA eingegangen ist) um Mitteilung der auf die einzelnen Erben entfallenden Erbschaftsteuer gebeten habe, damit er diese vor Auskehrung der Erbteile berücksichtigen könne. Das FA habe jedoch auf dieses Schreiben nicht reagiert. Im übrigen habe das FA vor Erlaß des Haftungsbescheids nicht alles unternommen, um die Steuer beizutreiben. So sei erst im August 1995, also einen Monat nach Erlaß des Haftungsbescheids, bei der Miterbin eine Kontenpfändung versucht worden. Zu beanstanden sei ferner, daß trotz Abgabe der Erbschaftsteuererklärung am 26.9.1991 die Erbschaftsteuer erstmalig am 2.9.1994 festgesetzt worden sei und erst im August 1995 Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden seien. Ferner sei ein Billigkeitserlaß der Haftungssumme zu erwägen.

Eine während des Einspruchsverfahrens an das Finanzministerium gerichtete Eingabe blieb im wesentlichen ohne Erfolg (Schreiben des Ministeriums vom 30.1.1996 FA-Akte).

Mit Einspruchsentscheidung vom 12.7.1996 (Bl. 98 FA-Akte), auf die vorab Bezug genommen wird, setzte das FA die Haftungsschuld auf 17.518 DM herab. Diese Herabsetzung beruhte darauf, daß bei der Miterbin durch eine Kontopfändung 62 DM beigetrieben werden konnten und auf Weisung des Finanzministeriums die Hälfte der Säumniszuschläge (1.322 DM) erlassen worden waren.

Das FA vertrat die Auffassung, daß der Kl die ihm als Testamentsvollstrecker obliegende Verpflichtung, für die Entrichtung der Erbschaftsteuer zu sorgen, grob fahrlässig verletzt habe. Auch wenn der Kl auf sein beim FA nicht eingegangenes Schreiben vom 17.1.1991 keine Antwort erhalten habe, hätte er der Sache weiter nachgehen müssen.

Mit seiner Klage beantragt der Kl, den angefochtenen Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Er hält daran fest, daß seine Inanspruchnahme ermessensfehlerhaft sei, da er mit dem unbeantwortet gebliebenen Schreiben um Bekanntgabe der Erbschaftsteuer gebeten habe. Das FA habe die ihm gemäß § 89 AO obliegende Fürsorgepflicht verletzt. Zu berücksichtigen sei auch, daß er sich bei den übrigen Miterben erfolgreich um eine Zahlung der Erbschaftsteuern bemüht habe, lediglich bei Frau X sei ihm dies nicht gelungen. Zudem sei die Haftung nur ...

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