rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug einer Kommune aus den Anschaffungskosten für ein Werbemobil. keine wirtschaftliche Tätigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Kommune ist zum Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten für ein sog. Werbemobil berechtigt, soweit das Fahrzeug im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit (hier: Werbeleistungen und Wasserversorgung) und nicht zur Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten genutzt wird.

2. Juristische Personen des öffentlichen Rechts (Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts) erbringen grundsätzlich keine Leistungen im wirtschaftlichen Sinne, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.09.2014; Aktenzeichen V B 43/14)

BFH (Beschluss vom 09.09.2014; Aktenzeichen V B 43/14)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Steueränderungsbescheids vom 02. März 2011 und der Einspruchsentscheidung wird die Umsatzsteuer für 2006 auf den Negativbetrag von 23,19 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 15 %, der Beklagte zu 85 %.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Kläger, eine juristische Person des öffentlichen Rechts, zum Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten für ein sog. Werbemobil berechtigt ist.

Der Kläger erwarb lt. Vertrag vom 2. Januar 2006 von der M-OHG (OHG) ein Kfz. In dem Vertrag verpflichtete sich die OHG, dem Kläger das Kfz als Werbeträger zur Verfügung zu stellen, der durch Werbeanzeigen finanziert werden sollte. Die OHG suchte hierfür Werbekunden, vereinnahmte von diesen das Entgelt für die Werbefläche und beklebte das Fahrzeug auf eigene Kosten mit Werbeaufschriften. Der Kläger verpflichtete sich für die Dauer von fünf Jahren ab Übergabe des Fahrzeugs, die Außenflächen als Werbefelder der OHG zur Verfügung zu stellen. Nach Ablauf der Vertragsdauer verblieb das Fahrzeug ohne Zahlung eines Restwerts beim Kläger.

Am 21. Juni 2006 übergab die OHG dem Kläger das mit Werbeflächen beklebte Fahrzeug mit Kfz-Brief. Am 31. Juli 2006 stellte die OHG dem Kläger die Lieferung des Kfz zum Preis von 9.810,– EUR zzgl. 16 % MwSt. in Höhe von 1.569,60 EUR (insgesamt 11.379,60 EUR) in Rechnung.

Mit Datum vom 9. August 2006 stellte der Kläger der OHG für die Aushändigung von Adressen, Bereitstellung Arbeitsplatz, Vollkaskoversicherung für das Kfz und die Erbringung von Werbefahrten mit dem Kfz in der Zeit zum 21. Juni 2006 bis 20. Juni 2011 ebenfalls einen Betrag von 9.810,– EUR zzgl. MwSt. in Höhe von 1.569,60 EUR (insgesamt 11.379,60 EUR) in Rechnung. Die Rechnungsbeträge wurden miteinander verrechnet.

Mit Umsatzsteuervoranmeldung für das 3. Quartal 2006 meldete der Kläger unter anderem abziehbare Vorsteuerbeträge aus dem Erwerb des Kfz in Höhe von 1.569,60 EUR an.

Eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam zu dem Ergebnis, dass mit der fünfjährigen Werbemaßnahme die nach Abschn. 23 Abs. 4 UStR 2005 vorgegebenen Umsatzgrenzen weit unterschritten würden und deshalb keine Unternehmereigenschaft gegeben sei. Außerdem dürfte die unternehmerische Tätigkeit des Klägers auch daran scheitern, dass nur Werbeflächen auf dem Fahrzeug zur Verfügung gestellt würden und somit eine aktive Mitwirkung an den Werbemaßnahmen fehle (vgl. Prüfungsbericht vom 29. November 2006).

Der Beklagte (das Finanzamt) setzte deshalb unter entsprechender Kürzung der abziehbaren Vorsteuerbeträge die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 3. Quartal 2006 mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 auf 9.119,74 EUR fest.

Mit der Umsatzsteuererklärung für 2006 vom 8. Oktober 2007 meldete der Kläger einen Erstattungsbetrag von 546,69 EUR an. Davon abweichend setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für 2006 mit Änderungsbescheid vom 5. November 2007 auf 1.023,21 EUR fest.

Im Februar 2011 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Finanzamt mit, dass das Werbemobil mindestens zu 50 % in der umsatzsteuerpflichtigen Wasserversorgung und zu 25 % für Werbefahrten eingesetzt werde und dem Kläger demzufolge der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Kfz zu 75 % zustehe. Das Finanzamt folgte dem nicht und setzte die Umsatzsteuer für 2006 mit weiterem Änderungsbescheid vom 2. März 2011 auf 2.592,81 EUR herauf, weil der Kläger den in der Rechnung vom 9. August 2006 ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Umsatzsteuergesetz (UStG) schulde.

Der gegen den Vorauszahlungsbescheid vom 21. Dezember 2006...

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