Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen eines Opfers eines Schneeballsystems aus dem fehlgeschlagenen Ankauf eines Blockheizkraftwerks, das verpachtet werden sollte, als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der gutgläubige Steuerpflichtige von einem Unternehmen einer Unternehmensgruppe, deren Hintermänner nach dem Schneeballsystem Anlagebetrug begangen haben, ein Bockheizkraft erworben, dieses an ein anderes Unternehmen der Unternehmensgruppe verpachtet „Verpachtungsmodell”), dafür bis zum Zusammenbruch des Schneeballsystems Pachtzahlungen für die Zurverfügungstellung des Blockheizkraftwerks erhalten und hat der Steuerpflichtige den vereinbarten Kaufpreis bezahlt, ohne tatsächlich jemals das Blockheizkraftwerk zu erhalten, so sind die „Pachteinnahmen” sowie Aufwendungen aus dem fehlgeschlagenen Ankauf des Blockheizkraftwerks nicht im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus Kapitalvermögen, sondern im Rahmen der sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu erfassen.

2. War der Pächter vertraglich verpflichtet, alle im Zusammenhang mit dem Betrieb des Blockheizkraftwerks stehenden Arbeiten selbst zu erbringen, so führt allein die Anmeldung eines Gewerbebetriebs bei der Gemeinde und beim Finanzamt nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 3 Sätze 1, 4, § 15 Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 10d Abs. 4

 

Tenor

1. Dem Finanzamt wird aufgegeben, den Einkommensteuerbescheid 2010 vom … und den Einkommensteuerbescheid 2011 vom …, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …, dergestalt abzuändern, dass – im Jahr 2010 anstelle der Kapitaleinkünfte – folgende sonstige Einkünfte ausgewiesen werden:

2010:

0 EUR

2011:

- 44.672 EUR

2. …

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wurde in den Streitjahren 2010 und 2011 einzeln vom Beklagten, dem Finanzamt (FA), zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war in den Streitjahren freiberuflich tätig. Daneben verkaufte er Nahrungsergänzungsmittel und Gesundheitspräparate an Kunden. Die Erlöse behandelte der Kläger als Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit. Ferner hatte der Kläger eine Photovoltaikanlage gekauft, die auf einem fremden Grundstück installiert wurde. Der Grundstückseigentümer in Ostdeutschland erhielt eine Pacht, den produzierten Strom verkaufte der Kläger an EON. Die Investition in die Photovoltaikanlage hatte Herr D dem Kläger vermittelt.

Zusammen mit Herrn D entstand dann der Plan des Klägers, eine weitere Investition zu tätigen und anstelle einer zweiten Photovoltaikanlage in Blockheizkraftwerke zu investieren. Dabei prüfte der Kläger den Kauf und Betrieb einer größeren Zahl von Blockheizkraftwerken zusammen mit Herrn D und ggf. einem weiteren Investor.

Der Kläger schloss sodann einen (im Verfahren nicht vorgelegten) ersten Kaufvertrag über ein Blockheizkraftwerk in der Größenordnung von etwa 150.000 EUR mit einer GmbH der X-Gruppe. Sodann prüfte er den Ankauf eines Grundstücks, auf dem das Blockheizkraft betrieben werden konnte. Die Ankaufpläne in einem Gewerbegebiet einer Stadt in Norden Deutschlands scheiterten an den Kosten und weiteren Problemen, z.B. mit behördlichen Genehmigungen. Ein vom Arzt Dr. A angebotenes Grundstück erwies sich als nicht geeignet. Letztlich riet der Bankangestellte B sodann dem Kläger, das Projekt in der Größenordnung von 150.000 EUR zu unterlassen und nur ein kleineres und billigeres Blockheizkraftwerk anzuschaffen. Eine Bankfinanzierung eines Großprojekts sagte der Bankangestellte unter der Voraussetzung zu, dass der Kläger ein kleines Projekt realisiert und sich diese Investition in der Praxis als erfolgreich erweist. Daraufhin stornierte der Kläger den ersten Kaufvertrag über ein Blockheizkraftwerk mit dem Kaufpreis von etwa 150.000 EUR.

Im Anschluss hieran bestellte der Kläger am 11. August 2010 (Vertragsnummer: 303830) ein Blockheizkraftwerk (Artikelnummer K6) bei der X AG für einen Kaufpreis von brutto 44.625 EUR. Zeitgleich mit der zweiten Bestellung eines Blockheizkraftwerks erteilte der Kläger mit dem Datum 11. August 2010 der Firma Y den Auftrag, einen Stellplatz zur Verfügung zu stellen und das Blockheizkraftwerk für ihn zu verwalten.

Die mehrere inländische und ausländische Körperschaften umfassende „X Gruppe” bot im Jahr 2010 Kapitalanlegern die Investition in Blockheizkraftwerke an. Das sogenannte „Verwaltungsvertragsmodell” sah vor, dass die Anleger von einer Firma der X Gruppe ein Blockheizkraftwerk kaufen, eine weitere Firma der X Gruppe einen Stellplatz zur Verfügung stellt und auf diesem Stellplatz das Blockheizkraftwerk nach Abschluss eines Verwaltungs- und Servicevertrags für die Kapitalanleger betreibt. Das „Verpachtungsmodell” sah ebenfalls den Kauf eines Blockheizkraftwerks durch den Investor vor. Anschließend sollte ein Pachtvertrag mit einer anderen Firma der X Gruppe geschlossen werden. Die X Gruppe fand eine erhebliche Zahl an Investoren (ca. 1.000), lieferte die verkauften Blockheizkraftwerke tatsächlich aber nicht. Vielmehr betrieben d...

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