Entscheidungsstichwort (Thema)

Kursverfall von Aktien nach dem Erbfall im Erlassverfahren wegen ErbSt

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kursverfall vermachter Aktien nach dem Todestag des Erbl rechtfertigt auch dann keinen Erlaß, wenn der Vermächtnisnehmer wegen § 20 Abs. 6 S. 2 ErbStG erst später darüber verfügen konnte.

 

Normenkette

AO §§ 163, 227; ErbStG §§ 11, 20 Abs. 6 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Antrags auf Erlass der Erbschaftsteuer wegen eines nach dem Erbfall eingetretenen Kursverfalls von Aktien (§§ 163, 227 Abgabenordnung –AO–; §§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 11 Erbschaftsteuergesetz –ErbStG–).

I.

Der am 16. Mai 1999 in München verstorbene Erblasser … hat in seinem Testament vom 1. August 1997 ein Vermächtnis für die Klägerin angeordnet.

Gemäß dieser Anordnung sollte die Klägerin u. a. alle in den Bankdepots befindlichen Daimler-Benz-Aktien erhalten. Dies waren am Todestag 6.231 Stück mit einem Kurswert von 90,40 EUR je Aktie bzw. einem Gesamtkurswert des Erwerbs von 1.101.684,62 DM. Da der Alleinerbe … im Ausland (Österreich) wohnte und die depotführende Bank das Depot bis zur Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts wegen der Haftung nach § 20 Abs. 6 ErbStG nicht sofort dem Erben herausgab, erfüllte dieser das Vermächtnis erst am 13. September 1999, nachdem das Finanzamt die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung am 6. September 1999 versandt hatte, die am 11. August 1999 bei der Abgabe der Erbschaftsteuererklärung (s. Bl. 10 FA-Akte) beantragt worden war.

Die Erbschaftsteuer setzte der Beklagte, das Finanzamt (FA), mit Änderungsbescheid vom 22. Oktober 2001 für einen steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 1.101.684 DM auf 358.700 DM fest. Der Bescheid wurde bestandskräftig durch Rücknahme des Einspruchs am 13. Dezember 2001 (s. Bl. 103 FA-Akte).

Am 25. November 1999 stellte die Klägerin Anträge auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO bzw. auf Erlass eines Teilbetrags aus dem Steuerschuldverhältnis auf der Basis des Kurswertes von 878.300 DM (Tag der Aktienumschreibung durch den Erben), was einer Steuerschuld von 251.807 DM bzw. einem Erlass in Höhe der Differenz von 106.893 DM entspricht.

Die Klägerin brachte vor, dass sie zum Todeszeitpunkt keinerlei faktische Einwirkungsmöglichkeit auf das Vermächtnis gehabt habe und somit zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereichert gewesen sei.

Durch das Verschulden des FA (Sicherstellung) sei sie in ihrer Verfügungsmöglichkeit über das Aktivenvermögen eingeschränkt worden. Sie habe dem Wertverlust der Aktien vom Todestag des Erblassers im Mai 1999 bis zur endgültigen Verfügbarkeit im September 1999 tatenlos zusehen müssen. So habe der Kurswert in Aktien

am 17. Mai 1999

87,55 EUR =

1.066.952,30 DM

am 13. September 1999 (Vermächtniserfüllung, s. Bl. 54 FA-Akte)

72,07 EUR =

878.301,00 DM

am 17. September 1999 (Verkauf durch die Klägerin)

68,35 EUR =

832.966,19 DM

betragen.

Den Antrag vom 25. November 1999 (Bl. 63 FA-Akte) auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO lehnte das FA am 3. Januar 2000 (Bl. 65 FA-Akte) und den Antrag auf Erlass eines Teilbetrages der Erbschaftsteuer nach § 227 AO am 14. Januar 2000 (Bl. 74 FA-Akte) ab.

Die dagegen erhobenen Einsprüche blieben erfolglos (s. zusammengefasste Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2000).

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass ein Erlass gerechtfertigt sei, weil sie bis zum 9. September 1999 wegen der fehlenden Unbedenklichkeitsbescheinigung des Erben nicht über das Depot habe verfügen können. Ihr Angebot an das FA, für ihre Steuerschuld eine Bankbürgschaft zu bringen, sei abgelehnt worden, weil die Erbschaftsteuerschuld des Alleinerben noch nicht festgestanden habe. Da die Verfügungsbeschränkung der Klägerin sich aus den steuerrechtlichen Vorschriften hinsichtlich der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung ergebe, sei dies ein wesentlich stärker zur Unbilligkeit führender Umstand, als wenn etwa eine testamentarische Erbeinsetzung von einem Dritten angefochten werde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der Ablehnung der Erlassanträge vom 3. Januar und 14. Januar 2000 und der Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2002 das FA zu verpflichten, aus Billigkeitsgründen die mit Erbschaftsteueränderungsbescheid vom 22. Oktober 2001 festgesetzte Erbschaftsteuer in Höhe von 358.700 DM in Höhe von 106.900 DM zu erlassen bzw. hilfsweise 42.200 DM durch Anrechnung des niedrigeren Tarifs von 29 % auf den Erwerb zu erlassen; bzw. bei Abweisung der Klage Revision zum BFH zuzulassen.

Das FA beantragt Klageabweisung.

Am 24. Juli 2002 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Der Senat sieht von einer ins Einzelne gehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf die Begründung der Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2002, die keinen Rechtsfehler e...

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