Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung zur Abgeltung eines niederländischen Pflichtteilsanspruchs als Gegenleistung früherer Schenkungen. Maßgeblichkeit des Bestehens eines Rückforderungsanspruchs für die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974. Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Abfindungszahlungen des testamentarischen Erben an den Pflichtteilsberechtigten für dessen nach niederländischem Recht wegen vorangegangener Grundstücksschenkungen der Erblasserin an den Erben entstandenen und auf Rückübertragung der vorher geschenkten Grundstücke gerichteten, dinglichen Anspruchs, können nicht im vollem Umfang vom Steuerwert der dem Erben jeweils geschenkten Grundstücke abgezogen werden, sondern nur nach den Grundsätzen der gemischten Schenkung berücksichtigt werden.

2. Die Vorschrift des § 29 ErbStG ist nicht allgemein auf Zahlungen anwendbar, die zur Abwendung eines Begehrens auf Herausgabe eines Geschenks erfolgen.

 

Normenkette

ErbStG § 10 Abs. 1 S. 1; ErbStG 1974 § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1; BewG §§ 6, 5 Abs. 2; ErbStG 1974 § 10 Abs. 5 Nr. 2; Niederländisches BGB Art. 972; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen II R 12/02)

BFH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen II R 12/02)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Abfindung des testamentarischen Erben an den Pflichtteilsberechtigten für dessen nach niederländischem Recht entstandenen Anspruch (wegen vorangegangener Schenkungen der Erblasserin an den Erben) direkt oder nur nach den Grundsätzen der gemischten Schenkung abgezogen werden kann.

I.

Die Mutter des Klägers (Kl), Frau …, niederländische Staatsangehörige, verstarb am 06.10.1986 und wurde vom im Inland lebenden Kl testamentarisch allein beerbt. Der Kl hatte zu Lebzeiten seiner Mutter bereits von ihr geschenkt erhalten:

  1. Im Jahr 1972 die Grundstücke in … und … (s. Bl. 33/FA-Akte), …
  2. im Jahr 1979 in Österreich in der Gemeinde … Grundstücke mit Vertrag vom 22.08.1979 (Bl. 4/FA-Akte),
  3. im Jahr 1986 mit Vertrag vom 03.03.1986 weitere Grundstücke in … (s. Bl. 33/FA-Akte).

Für die österreichischen Grundstücke hatte das FA für Gebühren und Verkehrsteuer in Salzburg mit Schenkungsteuerbescheid vom 25.09.1979 9.880 Schilling (= 1.352 DM) festgesetzt (s. Bl. 13/FA-Akte).

Durch Mitteilung der für den Erbfall … zuständigen Erbschaftsteuerstelle erfuhr die für Schenkungsteuer zuständige Stelle des Beklagten (Finanzamt = FA) am 22.10.1990 von den Schenkungen im Jahre 1979. Mit Schenkungsteuerbescheid vom 10.12.1990 (Bl. 16/FA-Akte) schätzte das FA den Verkehrswert der österreichischen Grundstücke auf 941.767 DM und setzte unter der Steuer-Nr. 873/31518 unter Anrechnung der österreichischen Schenkungsteuer gemäß § 19 Abs. 2 i.V.m. § 21 ErbStG gegen den Kl die Schenkungsteuer auf 79.559 DM fest. Die Festsetzung erfolgte im Hinblick auf evtl. Vorschenkungen vorläufig gem. § 165 AO.

Im Einspruchsverfahren (EE) brachte der Kl vor, dass er seiner Halbschwester (Tochter seiner Mutter aus erster Ehe), … Abgeltung eines Pflichtteilsanspruchs nach niederländischem Recht (sog. Noterbenrecht) am 05.02.1991 1.330.000 DM bezahlt habe (s. notarieller Vertrag vom 05.02.1991 Urkundsnummer 199/1991 s. Bl. 30 ff/FA-Akte sowie Bl. 23). Dieser Anspruch sei jeweils anteilsmäßig vom Steuerwert der 1979, 1980 und 1986 geschenkten Gründstücke abzuziehen, die bei Abschluss der Vereinbarung bereits verkauft waren.

Die für ErbSt zuständige Stelle berücksichtigte den geltend gemachten Anspruch bis zur Höhe des Nachlasses i. H. v. 73.487 DM und setzte mit ErbSt-Bescheid vom 28.08.1991 die ErbSt auf 0,– DM fest. Im Erläuterungsblatt (s. Bl. 89/ErbStG) teilte es dem Kl mit, dass § 14 ErbSt nicht eingreife, weil kein positiver Erbschaftsteuererwerb vorliege. Der restliche Pflichtteils- und Pflichtergänzungsanspruch werde bei den jeweiligen Vorschenkungen berücksichtigt.

Mit nach § 165 Abs. 2 geändertem endgültigen Steuerbescheid vom 01.09.1992 (Bl. 59/FA-Akte) erfasste das FA die Vorschenkung aus dem Jahr 1972 mit einem Steuerwert von 175.000 DM) und erhöhte die Schenkungsteuer auf 104.335 DM.

Mit weiterem Schenkungsteuerbescheid vom 24.08.1992 unter der Steuer-Nr. 873/31526 (Bl. 61 b/FA-Akte) erfasste das FA die Vorschenkung im Jahre 1986 mit dem Steuerwert von 697.067 DM (s. Bl. 61 a Rückseite) und setzte als weitere Vorschenkung neben den 941.767 DM noch eine Vorschenkung aus dem Jahr 1980 (06.10.1980 s. Bl. 61 a) mit einem Steuerwert von 291.799 DM an (die mit Schenkungsteuerbescheid vom 25.03.1981 bereits besteuert geworden war) und setzte die Schenkungsteuer auf 66.858 DM fest.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 30.10.1997 (Bl. 94/FA-Akte) sah das FA die Pflichteilansprüche nur als Gegenleistung bei der letzten Schenkung im Jahre 1986 an, weil gemäß Art. 971 Niederländisches BGB das Noterbenrecht einen dinglichen Anspruch auf Gegenstände des Nachlasses gebe. Reiche dieser nicht aus, so sei jeweils die zuletzt vorgenommene Schenkung einzubezieh...

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