Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Öffnungsklausel im Rahmen der Rentenbesteuerung bei Beträgen zur gesetzlichen und berufsständischen Versorgung. vorrangige Zuordnung der geleisteten Beiträge bis zum Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb S. 2 EStG unterliegen auf Antrag auch Leibrenten i. S. d. § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG der Besteuerung mit dem Ertragsanteil, soweit die Leibrenten auf bis zum 31.12 2004 geleisteten Beiträgen beruhen, welche oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass der Höchstbeitrag mindestens zehn Jahre überschritten wurde.

2. Bei Beiträgen an mehrere berufsständische Versorgungswerke sowie bei Beiträgen an ausländische gesetzliche Rentenversicherungen kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, welche Versorgungseinrichtung davon auszugehen hat, dass sie Beiträge bis zum Höchstbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten hat.

3. Bei Beiträgen an die gesetzliche Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen sind die Beiträge dagegen bis zum jeweiligen Höchstbetrag vorrangig der gesetzlichen Rentenversicherung zuzuordnen.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb, § 10 Abs. 3, § 3 Nr. 62

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen X R 40/13)

BFH (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen X R 40/13)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die bis zum 25. November 2011 angefallenen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 61,6 v.H., der Beklagte zu 38,4 v.H., die danach angefallenen Kosten trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, der beim beklagten Finanzamt (FA) zur Einkommensteuer veranlagt wird, bezog im Streitjahr 2005 unstreitige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Rente aus der Bayerischen Ärzteversorgung.

Im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid vom … beantragte der Kläger, die Altersrenten mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb Einkommensteuergesetz (EStG) entsprechend der sog. Öffnungsklausel zu versteuern. Auf die im Rechtsbehelfsverfahren vorgelegten Bescheinigungen der Versorgungsträger zu den jeweils geleisteten Beiträgen wird verwiesen.

Mit Bescheid vom … wurde die Einkommensteuerfestsetzung entsprechend den seinerzeit dem Finanzamt vorliegenden Bescheinigungen der Deutschen Rentenversicherung und der Bayerischen Ärzteversorgung zur Öffnungsklausel geändert. Dabei wurde entsprechend der vorgelegten Bescheinigungen bei der Rente aus der Bayerischen Ärzteversorgung bei der Öffnungsklausel ein Anteil von 40,83 % und bei der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anteil von 0 % berücksichtigt.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, die Öffnungsklausel sei aufgrund der Beitragsleistungen zu allen Versorgungsträgern zu berücksichtigen. Es führe zudem zu einem willkürlichen und falschen Ergebnis, die geleisteten Beiträge vorrangig der gesetzlichen Rentenversicherung zuzuordnen und die gesetzliche Rente als Erstrente zu versteuern.

Aufgrund der vorgelegten geänderten Bescheinigung der Bayerischen Ärzteversorgung vom … (Öffnungsklausel für die Rente aus der Bayerischen Ärzteversorgung in Höhe von 83,85 % und gesetzliche Rentenversicherung von 0 %) wurde die Einkommensteuer mit Einspruchsentscheidung vom … auf … herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

Im Klageverfahren legte der Kläger neue Bescheinigungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Bayerischen Ärzteversorgung vor. Aus den Bescheinigungen ergeben sich für die Jahre 1956 bis 1984 tatsächlich geleistete Beiträge zur Bayerischen Ärzteversorgung in Höhe von insgesamt 180.000 DM (92.033 EUR) und für die Jahre 1952 bis 1987 tatsächlich geleistete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 176.701 DM (90.345 EUR). Auf die Bescheinigung der Bayerischen Ärzteversorgung vom … und die Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung vom zu den geleisteten Beiträgen wird verwiesen.

Zur Begründung der Klage wird vorgetragen, dass seit dem Jahr 1956 bis zum Jahr 1984 Beiträge zur Bayerischen Ärzteversorgung geleistet worden seien. Im Jahr 1972, also 16 Jahre nach Beginn der Einzahlungen in die Bayerische Ärzteversorgung, habe sich der Kläger entschieden, zur Ergänzung der späteren Altersversorgung zusätzlich freiwillige Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen. Dabei habe er auch Nachzahlungen für die Jahre ...

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