Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollwert bei nachträglichen pauschalen Änderungen der unterjährig als Zollwerte angesetzten Verrechnungspreise

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Art. 28 bis 31 Zollkodex lassen es nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird (Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil v. 20.12.2018 C-529/16, ECLI:EU:C:2017:984, nach Vorabentscheidungsersuchen des FG München v. 15.9.2016 – 14 K 1974/15).

2. Daher bilden die unterjährig angeldeten Verrechnungspreise auch dann den Zollwert nach Art. 29 ZK, wenn für die Einfuhren einer Tochtergesellschaft von einer japanischen Konzernmuttergesellschaft die Zollwerte zunächst auf Basis der nach bestimmten Vorgaben anhand eines Advance Pricing Agreement emittelten Verrechnungspreisen ermittelt worden sind und diese unterjährig angemeldeten Verreichnungspreise nachträglich pauschal nach Maßgabe der OECD-Verrechnungspreislinien abgeändert worden sind.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 28, 29 Abs. 1, 2 Buchst. a und, Buchst. b, Art. 31, 236 Abs. 1; ZK Art. 28, 29 Abs. 1, 2 Buchst. a, b, Art. 31, 236 Abs. 1; ZKDV Art. 181a; ZKDV Art. 144 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.05.2022; Aktenzeichen VII R 2/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Zollwert für die von der Klägerin eingeführten Waren.

Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der H/Japan (Konzernmuttergesellschaft), die zum weltweit agierenden H Konzern gehört und hauptsächlich optoelektronische Geräte, Systeme und Zubehör der Produktbereiche Photomultipler und Lichtquellen, Halbleiterdetektoren und LEDs sowie Bild- und Messinstrumente vertreibt.

Im Rahmen eines Verständigungsverfahrens nach dem deutsch-japanischen Doppelbesteuerungsabkommen wurde im Jahr 2009 ein sog. Advance Pricing Agreement (APA) für Transaktionen auf steuerlichem Gebiet zwischen der Klägerin und der H/Japan getroffen, dem die zuständigen deutschen Landes- und Bundesfinanzbehörden (mit Ausnahme der nicht beteiligten Zollbehörden) zugestimmt haben. Das APA für die Geschäftsjahre vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2010 erfasste den Verkauf von Endprodukten und Bauteilen von H/Japan an die Klägerin sowie sonstige Geschäftsvorfälle, die mit dem Warenverkehr in Verbindung standen.

Das APA stellte eine zeitlich befristete Vereinbarung dar, mit dem eine entsprechende Methode zur Bestimmung von Verrechnungspreisen für bestimmte Geschäftsvorfälle festgelegt wurde. Dabei stellt die H/Japan der Klägerin zunächst jeweils einen bestimmten Betrag in Rechnung. Die Summe dieser Beträge wird dann überprüft und gegebenenfalls zu Gunsten oder zu Lasten der Klägerin korrigiert, um zu gewährleisten, dass die Verrechnungspreise der fraglichen verbundenen Unternehmen dem Fremdvergleich nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien (nachfolgend: OECD-RL) standhalten. Dafür wählten die beteiligten deutschen und japanischen Behörden (auf den Antrag der Klägerin unter Bezugnahme auf Ziffer 3.19 der OECD-RL) die Restgewinnaufteilungsmethode (Residual Profit Split Method, nachfolgend: RPSM).

Danach wird bei der Restgewinnanalyse der zusammengefasste Gewinn aus den geprüften konzerninternen Geschäften in zwei Stufen aufgeteilt. Auf einer ersten Stufe wird jeder Partei zunächst ein ausreichender Gewinn zur Erzielung einer Mindestrendite zugeteilt. Als Ausgangspunkt werden die von vergleichbaren Unternehmen mit ähnlichen Betriebsprofilen routinemäßig erzielten Umsatzrenditen zugrunde gelegt.

Um den zuzuordnenden routinemäßigen Gewinn zu berechnen, wird bei H/Japan der Vollkostenaufschlag und bei der Klägerin die Umsatzrendite als Gewinnindikator eingesetzt. Nach Aufteilung des routinemäßigen Gewinns wird in einem zweiten Schritt der verbleibende Restgewinn proportional, gemäß den Gewinnaufteilungsfaktoren, durch die der überschüssige durch die Transaktion hinaus entstandene Gewinn erzeugt wurde, aufgeteilt (vgl. Bl. 39 FG-Akte, Bl. 183-191 der Akte des Hauptzollamts – HZA –).

Nach Feststellung des routinemäßigen Gewinns und des Restgewinns wird die Zielbandbreite der Umsatzrendite (OperatingMargin – OM –) der Klägerin festgelegt (vgl. Bl. 149 Finanzgerichtsakte unter Punkt 5.2 und 5.3, Seite 150 ff. HZA-Akte). Liegt das von der Klägerin tatsächlich erzielte Ergebnis außerhalb der Zielbandbreite, wird das Ergebnis zur oberen bzw. unteren Grenze der Zielbandbreite berichtigt und es erfolgen Gutschriften oder Nachbelastungen für die Klägerin.

Im hier streitigen Zeitraum (17. Oktober 2009 bis 30. September 2010) führte die Klägerin mehr als 1.000 Sendungen verschiedenster Waren von H/Japan ein, die sie beim HZA zum zoll- und steuerrechtli...

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