Entscheidungsstichwort (Thema)

Warenbeförderung in Großbehältern im Eisenbahnverkehr im gemeinsamen Versandverfahren mit Übergabeschein TR. Nämlichkeitssicherung. Zollamtliche Überwachung. Einfuhrumsatzsteuer. Zoll. Brandweinsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umstand, dass im Rahmen einer Warenbeförderung in Großbehältern im Eisenbahnverkehr in den Übergabescheinen TR nur Ammonethan, nicht aber auch Ethylalkohol in Feld 24 aufgeführt war, stellt eine unvollständige Beschreibung der in den Großbehältern beförderten Ware dar.

2. Bei der Beförderung von Waren in Großbehältern, die die Eisenbahngesellschaften durch Beförderungsunternehmen mit einem Übergabeschein TR durchführen, sind keine besonderen Maßnahmen zur Nämlichkeitssicherung erforderlich. Werden die Waren unverändert der Bestimmungsstelle gestellt, so liegt in der unvollständigen Warenbeschreibung keine Zuwiderhandlung, durch die Zölle und andere Abgaben entstanden sind, denn der Ethylalkohol wurde nicht außerhalb des gemeinsamen Versandverfahrens befördert.

3. Bei Ammonethan und Ethylalkohol handelt es sich branntweinsteuerlich um gleiche Waren, da beide dem Regelsteuersatz nach § 130 Abs. 2, § 131 Abs. 1 BranntwMonG unterliegen.

 

Normenkette

ZK Art. 37 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1; EWGV 2913/92 Art. 37 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1; ZKDV Art. 426, 439, 437 Abs. 2, Art. 438 Abs. 1; EWGV 2454/93 Art. 426, 439, 437 Abs. 2, Art. 438 Abs. 1; KN Pos. 2207; BranntwMonG § 130 Abs. 2 Nr. 1, § 131 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2004; Aktenzeichen VII R 70/03)

BFH (Urteil vom 27.10.2004; Aktenzeichen VII R 70/03)

 

Tenor

1. Der Steuerbescheid vom 12. Juli 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger gegenüber zu Recht Einfuhrabgaben festgesetzt wurden, weil er an der Entziehung von Alkohol aus der zollamtlichen Überwachung beteiligt war.

Der Kläger war Geschäftsführer der Fa. (ML), seine Ehefrau Prokuristin des Unternehmens. Im Juli 1997 erwarb ML von der in (AVG) insgesamt zwölf Mischsendungen in Containern, bestehend aus Ammonethan und Ethylalkohol, um sie an Firmen in Polen bzw. in der Ukraine weiterzuverkaufen. Dabei sollte die Ware so bezeichnet werden, dass die hohen Abgaben auf Alkohol in Polen bzw. der Ukraine vermieden werden. Bei Ammonethan handelt es sich laut einer verbindlichen Zolltarifauskunft der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt München vom 6. Juni 1997 um für Trinkzwecke ungeeigneten, vergällten Ethylalkohol, der in die Unterposition 2207 2000 der Zollnomenklatur einzureihen ist.

AVG meldete die zwölf Sendungen im Juli 1997 beim Zollamt (L) zur Ausfuhr in die Schweiz an. In den Ausfuhrunterlagen wurden die Waren richtig als Ammonethan und Ethylalkohol angemeldet. Alle Container wurden im vereinfachten gemeinsamen Versandverfahren von der Spedition (TC) mit Übergabeschein TR zum Bestimmungsbahnhof Basel SBB Containerterminal/Schweiz ausgeführt. Empfänger war die Fa. (D). Auch in diesen Übergabescheinen TR wurden die Waren ordnungsgemäß als Ammonethan und Ethylalkohol angemeldet. Insoweit wird auf die Aufstellung auf den Seiten 3 und 4 der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2001 verwiesen.

ML erstellte für die von ihr weiterverkauften Sendungen für ihre Kunden neue Papiere (Rechnungen, IMO-Erklärungen für gefährliche Güter), in denen ein anderer Verkäufer, andere Warenempfänger und als Warenbezeichnung nur noch Ammonethan, Verdünner für Farben und Lacke und nicht mehr der Ethylalkohol genannt war und übersandte sie Herrn (K) von der Spedition TC. Außerdem wurde TC von ML auf den Ladelisten für die streitgegenständlichen Sendungen angewiesen, die Waren als Ammonethan, Verdünner für Farben und Lacke, zu deklarieren (vgl. Bl. 54 der FG-Akte).

K stellte die neuen Papiere D zur Verfügung und D fügte sie den streitgegenständlichen Sendungen bei. Weiterhin erstellte D im Auftrag der TC für die Waren Übergabescheine TR. In diesen war zwar in Feld 31 jeweils das zutreffende Gesamtgewicht aller im Container befindlichen Waren genannt, jedoch wurde als Ware in Feld 24 nur noch Ammonethan, Verdünner für Farben und Lacke bzw. Industriereiniger, entzündbare Flüssigkeit (not for human consumption) angemeldet. Der neben dem Ammonethan ebenfalls noch im Container enthaltene Ethylalkohol wurde nicht mehr erwähnt. Als Versandbahnhof war Basel SBB Containerterminal, als Bestimmungsbahnhof in sechs Fällen Malaszewicze/Polen und in sechs Fällen Brest/Ukraine angegeben.

Die Deutsche Bahn übernahm die Container am Bahnhof Basel Containerterminal mit den genannten Übergabescheinen TR und verbrachte sie anschließend per Zug von Basel über Deutschland nach Malaszewicze i...

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