rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung auf Unionsrecht zur Nichtanwendung der nationalen Steuerbefreiung für Umsätze aus der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit der Einbeziehung von Versorgungseinrichtungen in die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG hat der nationale Gesetzgeber gegen den Neutralitätsgrundsatz verstoßen, da Versorgungseinrichtungen wie die streitgegenständlichen freien Unterstützungskassen nicht dem unionsrechtlichen Begriff des steuerbefreiten Sondervermögens unterfallen.

2. Umsätze aus der Verwaltung derartiger Unterstützungskassen können unter Berufung auf das Unionsrecht als steuerpflichtig behandelt werden, wenn dies für den Steuerpflichtigen günstiger ist.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 8 Buchst. h, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.07.2017; Aktenzeichen XI R 22/15)

 

Tenor

1. Die Umsatzsteuer für die Streitjahre wird unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom auf die Beträge von EUR (2003) sowie EUR (2004) festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Umsätze der Klägerin als Umsätze aus der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) steuerbefreit sind und infolgedessen der damit in Zusammenhang stehende Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.

Die Klägerin erbrachte in den Streitjahren Verwaltungsleistungen an die A (nachfolgend: A) sowie fünf weitere betriebliche Altersversorgungswerke (sog. freie Unterstützungskassen). Diese Verwaltungsleistungen bestanden darin, dass die Klägerin ein Konzept erstellte und Unterstützungskassen einrichtete, allgemeine Verwaltungstätigkeiten für die Unterstützungskassen erbrachte und Informationen zur betrieblichen Altersversorgung, Leistungsprognosen und Finanzierungsstatus sowie versicherungsmathematische Gutachten und Berechnungen erstellte.

Hierbei schloss die Klägerin mit Unternehmen (sog. Trägerunternehmen), die ihren Arbeitnehmern (sog. Leistungsanwärtern) individuelle oder gesamtbetriebliche Altersversorgungszusagen gewährten, zum Zwecke der Einrichtung einer freien Unterstützungskasse einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Hierbei handelte es sich um gemischte Unterstützungskassen, die sowohl durch Entgeltumwandlung als auch ausschließlich vom Arbeitgeber finanziert wurden. Die Trägerunternehmen vereinbarten dabei z.B. mit der A, ihre Versorgungszusagen über die A abzuwickeln. Die A schloss ihrerseits eine Versicherung zugunsten der Leistungsanwärter ab und erteilte diesen anschließend unter Bezugnahme auf das jeweilige Trägerunternehmen eine Versorgungsbescheinigung, die eine betragsmäßig bezifferte Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung aufwies und in der darauf hingewiesen wurde, dass der jeweilige Leistungsanwärter keinen Rechtsanspruch auf die Leistungen der A habe. Bei Eintritt des Versorgungsfalles hatte der Leistungsanwärter lediglich gegen das Trägerunternehmen einen Anspruch, nicht aber gegen die Unterstützungskasse. Die Trägerunternehmen mussten in einen Pensionssicherungsverein einzahlen, über den dann bei Zahlungsunfähigkeit des Trägerunternehmens die Zahlungen an den Leistungsanwärter gewährleistet wurden.

In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre, denen der Beklagte (das Finanzamt – FA–) zustimmte, errechnete die Klägerin ihre Umsatzsteuer mit den Beträgen von EUR (2003) und EUR (2004); hierbei behandelte sie ihre Umsätze an die freien Unterstützungskassen als steuerpflichtig und machte anteilige Vorsteuerbeträge in Höhe von EUR (2003) und EUR (2004) geltend.

Im Anschluss an eine Außenprüfung (Bericht vom) setzte das FA die Umsatzsteuer für die Streitjahre mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden vom auf die Beträge von EUR (2003) und EUR (2004) fest und versagte hierbei den Vorsteuerabzug in vollem Umfang, da die Umsätze der Klägerin als Umsätze aus der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des VAG steuerbefreit seien und die dem geltend gemachten Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Eingangsleistungen in Zusammenhang damit stünden. Die in ihren Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer werde demzufolge wegen eines unberechtigten Steuerausweises geschuldet.

Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass ihre Umsätze nicht steuerbefreit seien, da sie ausschließlich freie Unterstützungskassen verwalte, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährten und deshalb nicht der...

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