Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuer im Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Die bloße Freigabe eines Fahrzeugs durch den Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren beendet noch nicht seine Steuerschuldnerschaft für die Kraftfahrzeugsteuer (KraftSt).

 

Normenkette

KraftStG § 5 Abs. 1, 5, § 7 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 3, § 14 Abs. 1-2; StVZO § 23 Abs. 1, § 27 Abs. 3; InsO § 35

 

Tenor

1 Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Freigabe eines Fahrzeuges durch den Insolvenzverwalter zur Beendigung der Kfz-Steuerpflicht führt.

Am 4.5.2001 wurde bei der Zulassungsstelle M. das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen M. auf den Namen des B. G. zum Verkehr zugelassen. Das Fahrzeug (Pkw, Erstzulassung 1.11.1989) verfügt über einen Hubraum von 1.781 cm³ und wird mittels eines Ottomotors angetrieben. Es wird von der Zulassungsstelle der Schadstoffschlüsselnummer 01 (Fahrzeugschein Schlüsselnummer zu 1 fünfte und sechste Stelle) zugeordnet.

Über das Vermögen des G wurde am 9.3.2004 durch das Amtsgericht/Insolvenzgericht … das Insolvenzverfahren eröffnet (1503 IN 2569/03) und Herr Rechtsanwalt Dr. … K. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Am 1.4.2004 informierte der Beklagte (Finanzamt) den Insolvenzverwalter und jetzigen Kläger über bestehende Masseverbindlichkeiten an Kraftfahrzeugsteuer für das o.g. Fahrzeug. Daraufhin teilte der Insolvenzverwalter mit, dass er das Fahrzeug freigegeben habe. Eine Ablichtung der an den Schuldner adressierten und vom Insolvenzverwalter unterzeichneten Freigabeerklärung wurde mit vorgelegt. Der Empfang der Fahrzeugpapiere durch den Schuldner ist auf dieser Erklärung nicht bestätigt.

Am 14.4.2004 übersandte der Insolvenzverwalter eine Ablichtung eines an die Zulassungsstelle gerichteten Schreibens gleichen Datums, mit dem er analog zu § 27 Abs. 3 StVZO anzeige, dass er das gegenständliche Fahrzeug aus der Insolvenzmasse freigegeben habe.

Wegen der Änderung der Steuersätze zum 1.1.2005 hat das Finanzamt am 30.3.2005 einen an den Insolvenzverwalter gerichteten Steuerbescheid nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) erlassen und die Steuer wie folgt festgesetzt:

für die Zeit vom 4.5.2004 bis 31.12.2004

in Höhe von

129,– EUR

für die Zeit vom 1.1.2005 bis 3.5.2005

in Höhe von

91,– EUR

für die Zeit ab dem 4.5.2005

in Höhe von

272,– EUR

Mit dem Einspruch (Schreiben vom 12.4.2005, Bl. 66 f Finanzamts-Akte) machte der Kläger geltend, dass das streitbefangene Fahrzeug am 14.4.2004 nach § 35 Insolvenzordnung (InsO) freigegeben worden und die Freigabeerklärung an die Zulassungsstelle weitergeleitet worden sei. Durch die Freigabe sei die Verfügungsbefugnis über das genannte Kraftfahrzeug auf den Schuldner zurück übertragen worden. Das Fahrzeug gehöre seit diesem Zeitpunkt wieder zum insolvenzfreien Vermögen des Schuldners und unterliege nicht mehr dem Verantwortungsbereich des Insolvenzverwalters. Die Freigabeerklärung sei am 14.4.2004 an die zuständige Zulassungsstelle gesandt worden. Damit habe die Steuerpflicht des Insolvenzverwalters geendet.

Die mit Bescheid vom 30.3.2005 festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer umfasse Zeiträume nach dem 14.4.2004, für diese sei der Insolvenzverwalter nicht mehr steuerpflichtig. Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid sei somit dem falschen Steuerpflichtigen bekannt gegeben worden und folglich materiell rechtswidrig.

Das Fahrzeug wurde am 20.9.2005 abgemeldet. Das Finanzamt hat daher mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 30.9.2005 die Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG für die Zeit vom 4.5.2005 bis 19.9.2005 in Höhe von 103,– EUR festgesetzt.

Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.2005 (Bl. 80 f Finanzamts-Akte) als unbegründet zurück.

Bei Konkurs – bzw. seit dem 1.1.1999 Insolvenz – sei ein Fahrzeug, das zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung auf den/die Schuldner/in zugelassen sei, grundsätzlich solange der Masse zuzurechnen, wie diese Zulassung bestehe (vgl. Bundesfinanzhof –BFH– vom 18.12.1954 II 190/52 U, BStBl 1954 III, Seite 49). Wobei zum Zeitpunkt der Konkurs- bzw. ab 1.1.1999 Insolvenzeröffnung die Verfügungsberechtigung wechsele (vgl. Strodthoff, Kommentar zur KraftSt, zu § 5 KraftStG, Rz. 44) und die Steuerschuld auf den Verwalter übergehe (vgl. Finanzgericht München vom 10.9.1997 4 K 692/95, UVR 1998, Seite 28).

Die Steuerpflicht inländischer Fahrzeuge ende zum Zeitpunkt der Abmeldung, der Umschreibung auf einen anderen Halter oder des Eingangs einer Anzeige i.S.d. § 27 Abs. 3 StVZO bei der zuständigen Zulassungsstelle (§ 5 Abs. 1 bzw. Abs. 5 KraftStG).

Eine ordnungsgemäße Anzeige i.S.d. § 27 Abs. 3 StVZO müsse neben dem Namen und der Anschrift des „Erwerbers” auch dessen unterschriftliche Bestätigung über den Empfang der Fahrzeugpapiere beinhalten. Die vorliegende Freigabeerklärung erfülle diese Voraussetzungen nicht. Insbesondere sei der Empfang der Fahrzeugdokumente durch den Schuldner nicht bestätigt worden.

Durch die Freigabe verlie...

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