Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung von Einkünften aus einem Einzelunternehmen durch Gewinn aus GbR-Beteiligung statt zusätzlicher Erfassung der Beteiligungseinkünfte infolge falscher Auswertung des Feststellungsbescheids durch das FA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erzielt der Steuerpflichtige sowohl im Rahmen eines Einzelunternehmens als auch aus einer Beteiligung an einer GbR freiberufliche Einkünfte und führt die Verwendung einer eingabetechnisch falschen Kennziffer bei der Auswertung des GbR-Feststellungsbescheids infolge der Annahme eines unzutreffenden Sachverhalts durch die Veranlagungstelle des FA dazu, dass der bisher angesetzte Gewinn aus dem Einzelunternehmen im Einkommensteuer-Änderungsbescheid nicht mehr erfasst ist, so darf das FA diesen Fehler nicht nach § 129 AO berichtigen.

2. Ist die Sachbearbeiterin das FA aber offensichtlich irrtümlich davon ausgegangen, dass die in der Steuererklärung angegebenen Einkünfte aus dem Einzelunternehmen nunmehr den erstmals anfallenden Beteiligungseinkünfte zuzurechnen seien und deswegen kein Gewinn aus dem Einzelunternehmen mehr anfalle, berechtigt § 174 Abs.3 AO 1977 das FA zum Erlass eines erneuten Einkommensteuer-Änderungsbescheids unter (Wieder-)Einbeziehung des Gewinns aus dem Einzelunternehmen.

 

Normenkette

AO 1977 § 174 Abs. 3, §§ 129, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.02.2001; Aktenzeichen IV R 9/00)

 

Gründe

I.

Die Kläger (Kl) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl ist von Beruf selbständig tätiger Unternehmensberater (gewerbliche Einkünfte) und freiberuflich tätiger Ingenieur (Einzelunternehmen). Im Streitjahr 1994 erzielte er erstmals auch gewerbliche Einkünfte aus einer Beteiligung an der Fa. A-GbR sowie Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit aus einer Beteiligung an der Fa. C-GbR.

In der Einkommensteuererklärung 1994 wurden Einkünfte des Kl aus seiner freiberuflichen Ingenieurtätigkeit in Höhe von 376.822 DM und Einkünfte aus gewerblicher Beratungstätigkeit in Höhe von 5.627 DM erklärt (Aufteilung aus einer einheitlich erstellten Einnahme-Überschußrechnung). Angaben zu seinen mitunternehmerisch erzielten Einkünften wurden darin nicht gemacht.

Im Einkommensteuerbescheid 1994 vom 26.11.1996 wurde neben den erklärten Einkünften auch eine Mitteilung vom 23.10.1996 ausgewertet, aus der sich ergibt, daß dem Kl aus der A-GbR gewerbliche Einkünfte in Höhe von 116.140 DM zuzurechnen waren. Dementsprechend wurden in diesem Bescheid Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 121.767 DM (116.140 DM + 5.627 DM aus dem Einzelunternehmen) sowie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 376.822 DM in Ansatz gebracht.

Nachdem eine weitere Mitteilung vom 23.10.1996 beim Beklagten (Finanzamt -FA-) über die anteiligen freiberuflichen Einkünfte des Kl an der C-GbR in Höhe von 363.645 DM eingegangen war, wurde die Veranlagung mit Einkommensteuerbescheid 1994 vom 2.1.1997 gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert und die Einkommensteuer auf nunmehr 152.995 DM festgesetzt. Hierbei wurden lediglich die freiberuflichen Einkünfte aus der Mitteilung in Höhe von 363.645 DM, nicht mehr aber die erklärten Einkünfte aus dem Einzelunternehmen als freier Ingenieur (376.822 DM) berücksichtigt. In den Erläuterungen ist aufgeführt, daß sich die Abweichungen von den erklärten Einkünften aus dem Feststellungsbescheid vom 23.10.1996 (richtig 24.10.1996) ergeben würden. Dieser Fehler (Weglassen von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 376.822 DM) resultierte daraus, daß das FA den Betrag von 363.645 DM eingabetechnisch unter Kennziffer 12 (für Einkünfte aus Einzelunternehmen) statt unter der für Beteiligungseinkünfte vorgesehenen Kennziffer 16 eingegeben hatte, wodurch der Wert, der zuvor unter Kennziffer 12 gespeichert war (376.822 DM), gelöscht wurde.

Mit Einkommensteuerbescheid 1994 vom 16.1.1997 wurde die Mitteilung vom 14.11.1996 (Feststellungsbescheid vom 18.11.1996) ausgewertet, aus der sich ergibt, daß dem Kl nunmehr anteilige Einkünfte an der A-GbR in Höhe von 126.453 DM zuzurechnen waren. Dementsprechend wurden im Bescheid vom 16.1.1997 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 132.080 DM (126.453 DM + 5.627 DM aus dem Einzelunternehmen) angesetzt. Die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit blieben unverändert mit lediglich 363.645 DM berücksichtigt.

Nachdem eine Kontrollmitteilung der BNV-Stelle vom 7.5.1997 in der Veranlagungsstelle eingegangen war, in der ausdrücklich auf die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit aus dem Einzelunternehmen in Höhe von 376.822 DM hingewiesen war, änderte das FA die bisherige Veranlagung erneut und setzte mit Einkommensteuerbescheid 1994 vom 2.6.1997 die Einkommensteuer auf nunmehr 358.044 DM fest. Hierbei kamen auch die Einkünfte aus dem Einzelunternehmen in Höhe von 376.822 DM wieder zum Ansatz. Als Berichtigungsvorschrift wurde in diesem Bescheid die Vorschrift des § 129 AO genannt. Außerdem ist als Begründung angeführt, daß die Korrektur erfolge, weil der Gewinn aus der frei...

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