Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.11.1997; Aktenzeichen XI R 22/97)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Nachdem die Kläger, Ehegatten, für das Jahr 1991 keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatten, schätzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die Besteuerungsgrundlagen. Mit Bescheid vom … September 1993 wurde die Einkommensteuer 1991 auf … DM festgesetzt. Es ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von … DM, die am 6. Oktober 1993 fällig wurde.

Am 4. Oktober 1993 ging bei dem FA die Einkommensteuererklärung 1991 ein. Der Änderungsbescheid vom … Januar 1994 erhöhte die Nachzahlung um … DM (fällig: 7. Februar 1994).

Mit Schreiben vom 6. Oktober 1993 beantragten die Kläger die Stundung der Einkommensteuer-Abschlußzahlung 1991. Zur Begründung führten sie aus, daß sie mit Kaufvertrag vom 1. Oktober 1993 für … DM das Grundstück: … -Altstadt, … Straße …, mit einem aufstehenden und zu renovierenden Gebäude erworben hätten. Der Verkäufer habe sie aufgefordert, bis zum 15. Dezember 1993 auf den Kaufpreis Vorauszahlungen in Höhe von … DM zu leisten. Nach § 4 Abs. 2 des Fördergebietsgesetzes seien sie berechtigt, auf die geleisteten Vorauszahlungen Abschreibungen von 50 v.H. der für Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von … DM geleisteten Beträge geltend zu machen (… DM). Es sei deshalb davon auszugehen, daß ihnen in 1993 aus dem Objekt in Dresden mindestens negative Einkünfte in Höhe der geltend zu machenden Abschreibungen entstünden. Dieser Verlust sei, soweit er für 1993 nicht verbraucht sei, im Wege des Verlustrücktrages in 1991 zu berücksichtigen, so daß sich keine Nachzahlung, sondern eine Erstattung ergäbe.

Mit Verwaltungsakt vom … Oktober 1993 lehnte das FA diesen Antrag ab. Es begründete seine Ablehnung damit, daß eine Stundung erst nach Erklärungseingang gewährt werden könne. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die Oberfinanzdirektion … ertrat in ihrer Beschwerdeentscheidung vom … Juni 1994 die Auffassung, daß im Falle einer Stundung wegen eines zu erwartenden Verlustrücktrages die Steuererklärung für das Verlustjahr unerläßlich sei.

Dagegen richtet sich die Klage. Die Kläger weisen darauf hin, daß das FA die Veranlagungen für die Jahre 1991 bis 1993 entsprechend den Erklärungen durchgeführt und den begehrten Verlustrücktrag in 1991 berücksichtigt habe. Das FA habe ab dem 19. Januar 1994, dem Tag der Einreichung der Steuererklärung 1993, Stundung gewährt. Doch sei für den beantragten Zeitraum vom 6. Oktober 1993 bis 18. Januar 1994 keine Stundung gewährt worden. Für diesen Zeitraum seien Säumniszuschläge in Höhe von … DM angefallen.

Die Voraussetzungen für eine Stundung gemäß § 222 AO hätten vorgelegen. Das FA verkenne die grundsätzlichen Besonderheiten der durch das Fördergebietsgesetz eröffneten Abschreibungsmöglichkeiten, die u. a. dadurch gekennzeichnet seien, daß dem Steuerpflichtigen ein Gestaltungsrecht dahingehend eingeräumt sei, bis zu 50 v.H. des gesamten AfA-Volumens in einem Jahr geltend zu machen. Tatsächlich habe die gemäß Stundungsantrag konkret glaubhaft gemachte Höhe des hier maßgeblichen AfA-Volumens zu einem Verlustrücktrag nach 1991 mit der Folge geführt, daß es für 1991 zu einer erheblichen Steuerrückerstattung gekommen sei. Dabei seien im Stundungsantrag vom 6. Oktober 1993 hohe Einkünfte der Kläger zugrunde gelegt worden, die die tatsächlich erzielten Einkünfte deutlich überstiegen hätten. Das FA sei zu einer Stundung verpflichtet, wenn der Erstattungsbetrag mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit alsbald ausbezahlt werden müsse. Dies sei der Fall, wenn er nach Grund und Höhe rechtlich wie tatsächlich schlüssig belegt sei und in naher Zeit fällig werde. Der Auffassung des FA, daß eine Stundung von der Einreichung einer vollständigen Erklärung abhängig sei, könne nicht gefolgt werden. Die Stundungsvoraussetzungen ergäben sich allein aus § 222 AO.

Die Kläger beantragen,

den Verwaltungsakt vom … Oktober 1993 und die Beschwerdeentscheidung vom … Juni 1994 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Einkommensteuernachzahlung 1991 für den Zeitraum vom 6. Oktober 1993 bis 18. Januar 1994 zinslos zu stunden;

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt unter Hinweis auf die Beschwerdeentscheidung

Klageabweisung; hilfsweise Zulassung der Revision.

Es fand mündliche Verhandlung statt. Hinsichtlich der Anträge und Ausführungen der Beteiligten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 8. November 1996 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Verwaltungsakt vom … Oktober 1993, mit dem das FA die Stundung der Einkommensteuer-Abschlußzahlung 1991 abgelehnt hat, erweist sich als ermessensfehlerfrei.

Nach § 222 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise gestundet werden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Als Stundungsgründe können sowohl sachliche als auch persönliche Gründe in Betr...

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