rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Zinssatzes bei Aussetzungszinsen nach wie vor nicht verfassungswidrig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Festsetzung von Aussetzungszinsen (§ 237 Abs. 1 Satz 1 AO) in einer Höhe von 0,5 % pro vollen Monat ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Es besteht keine verfassungsrechtlich problematische Ungleichbehandlung darin, dass der Gesetzgeber aufgrund des Beschlusses des BVerfG, Beschluss v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14 und BVerfG, Beschluss v. 8.7.2021, 1 BvR 2422/17 nur für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der AO und des Einführungsgesetzes zur AO vom 12.7.2022, BGBl 2022 I S. 1142, einen Zinssatz von nunmehr nur noch 0,15 % je vollen Monat geregelt und es bei anderen Zinstatbeständen nach der AO, namentlich bei Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235, 237 AO, bei der Zinshöhe von 0,5 % monatlich belassen hat.

 

Normenkette

AO § 233a Abs. 1, §§ 234-235, 237 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 238 Abs. 1 S. 1, Abs. 1a; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen ausgewiesenen Zinsen.

Der Kläger wurde im Jahr 2018 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er ist Diplom-Ingenieur und erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte. Der Kläger reichte seine ESt-Erklärung am 20. August 2019 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) ein.

Bei der Durchführung der Veranlagung zur ESt wich das FA von den Angaben in der Steuererklärung u.a. dahingehend ab, dass es den Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit um 1.883 EUR auf 59.454 EUR erhöhte.

Das FA setzte die ESt mit ESt-Bescheid vom 7. Januar 2020 mit 28.267 EUR fest. Es war eine ESt i.H.v. 21.259 EUR mit Fälligkeit 10. Februar 2020 zu wenig an das FA entrichtet. Zugleich setzte das FA nachträglich Vorauszahlungen zur ESt 2019 i.H.v. 23.930 EUR – mit Fälligkeit ebenso 10. Februar 2020 – fest. Der Kläger legte gegen den ESt-Bescheid fristgerecht Einspruch ein. Er wandte sich gegen die Erhöhung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung der festgesetzten ESt i.H.v. 1.870 EUR zuzüglich Solidaritätszuschlag sowie der nachträglichen Anpassung der ESt-Vorauszahlungen 2019 i.H.v. 1.870 EUR zuzüglich Solidaritätszuschlag. Das FA gewährte mit Bescheid vom 28. Januar 2020 die vom Kläger beantragte Aussetzung der Vollziehung i.H.v. insgesamt 3.945,70 EUR.

Das FA verminderte im Rahmen des Einspruchsverfahrens mit Einverständnis des Klägers die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um 685 EUR auf 58.769 EUR. Es setzte die ESt mit nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem ESt-Bescheid vom 19. Juni 2020 mit 27.985 EUR fest. Der Einspruch des Klägers war damit erledigt.

Nach dem Ende der gewährten Aussetzung der Vollziehung setzte das FA mit Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom 10. August 2021 Aussetzungszinsen i.H.v. 35 EUR fest. Wegen der Berechnung der Zinsen wird auf Seite 2 des Bescheids über die Festsetzung von Aussetzungszinsen Bezug genommen. Der Bescheid erging betreffend die Festsetzung von Zinsen vorläufig gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO i.V.m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes von 0,5 % pro Monat (238 Abs. 1 Satz 1 AO). Dagegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Die Höhe des Zinssatzes sei verfassungswidrig.

Das FA wies den Einspruch des Klägers gegen den Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom 10. August 2021 mit Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2022, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Zugleich erklärte es die Festsetzung der Aussetzungszinsen zur ESt für 2018 gem. § 165 Abs. 2 Satz 4 AO für endgültig.

Dagegen richtet sich die Klage. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, die Aussetzungszinsen seien auf einen noch vom Gesetzgeber festzulegenden Zinssatz herabzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe den Zinssatz von 6% für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach §§ 233a, 238 AO für Verzinsungszeiträume ab dem 01. Januar 2019 für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung bis zum 31. Juli 2022 aufgefordert. Das BVerfG sehe in dem Zinssatz einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), weil der Zinssatz über die Abschöpfung eines möglichen Zinsvorteils hinausgehe. Es sei kaum vorstellbar, dass das BVerfG bei einer Entscheidung zur Höhe der Aussetzungszinsen zu einer anderen Entscheidung kommen könne. Es werde vom Gesetzgeber ein Zinssatz i.H.v. 0,15 % für jeden vollen Monat diskutiert.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom 10. August 2021 und der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2022 Aussetzungszinsen i.H.v. 10...

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