Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung des Vorbehalt der Nachprüfung als offenbare Unrichtigkeit. Offenbare Unrichtigkeit bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung. Einkommensteuer 1994

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung kann nach § 129 AO wieder rückgängig gemacht werden, wenn der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid auf eine schriftliche Mitteilung des Bearbeiters der Betriebsnahen Veranlagung (BNV) hin wegen bisher nicht versteuerter Kapitaleinkünfte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, aber ohne Ansatz der streitigen Kapitaleinnahmen ergangen ist und nach einem Bearbeiterwechsels beim FA der neue Bearbeiter im Rahmen der Bearbeitung eines wegen anderer Sachverhalte geführten Einspruchsverfahrens einen Änderungsbescheid, wiederum ohne Ansatz der streitigen Kapitaleinnahmen, erlassen, dabei die Mitteilung der BNV in den Akten übersehen und deswegen den Vorbehalt der Nachprüfung in Unkenntnis des von der BNV noch zu klärenden Sachverhalts aufgehoben hat.

2. Die zuvor aufgrund offenbarer Unrichtigkeit erfolgte Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung kann auch dadurch berichtigt werden, dass das FA in einer späteren Einspruchsentscheidung die Aufhebung als offenbare Unrichtigkeit beurteilt, die beabsichtigten Änderungen nach § 164 Abs. 2 AO vornimmt und den Vorbehalt der Nachprüfung nunmehr endgültig aufhebt.

 

Normenkette

AO 1977 § 129 S. 1, § 164 Abs. 3, 2, § 367 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.07.2002; Aktenzeichen VIII R 6/02)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Ehegatten und waren im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. Der Kläger wurde im September 1994 im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kaufmann W. … wegen Betrugs als Zeuge vernommen. Er gab an, dass er dem Kaufmann verschiedene Male für behauptete Diamantengeschäfte kurzfristig hohe Geldbeträge zur Verfügung gestellt und mit Renditen zwischen 5 % und 10 % zunächst wieder zurückerhalten habe. Bei im Juni 1994 hingegebenen Beträgen von insgesamt 2 Mio DM sei eine Rückzahlung nicht erfolgt. Wegen dieser Zeugenaussage führte die BNV-Stelle beim beklagten Finanzamt … eine Sachverhaltsaufklärung zu diesen Einnahmen des Klägers durch, die mit den schriftlichen Feststellungen vom 08. Februar 1996 (Anschreibeliste B 1996 Nr. 17) abgeschlossen wurden. In den Feststellungen wurden die Geldhingaben durch den Kläger und die erzielten Renditen aufgelistet. Einzelne Daten waren mit Fragezeichen versehen, zu denen ausgeführt wurde, dass die tatsächlichen Renditezuflüsse möglicherweise erheblich höher gewesen seien. Der Sachbearbeiter der BNV-Stelle führte ferner aus, dass die Einkommensteuerveranlagung 1994 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchzuführen sei. Die Steuerakten wurden an die Veranlagungsstelle zurückgegeben, wo sie spätestens am 28. Februar 1996 entsprechend einem Aktenvermerk vorlagen. Ebenso ging die von der BNV-Stelle angelegte Akte über die Sachverhaltsermittlung (u. a. mit der Zeugenaussage des Klägers und einem FAX des Klägers vom 29. September 1994) an die Veranlagungsstelle. In dieser Akte wurde der für die Veranlagungsstelle bestimmte Abdruck der Feststellungen vom 08. Februar 1996 abgeheftet.

Die Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr ging am 05. März 1996 beim Finanzamt ein. Die im Zusammenhang mit den Darlehen an den Kaufmann Wolfgang Blank erzielten Renditen waren in der Steuererklärung nicht enthalten. Der Veranlagungsbeamte führte deshalb die Veranlagung für das Streitjahr mit Bescheid vom 24. Juni 1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch. Er brachte auf der Steuererklärung bei der entsprechenden Kennziffer für die Datenerfassung den Vermerk „Steufa wg. Kapitalerträgen …” an. Dem Einspruch gegen den Bescheid vom 24. Juni 1996 wurde durch Änderungsbescheid vom 30. Januar 1997 abgeholfen. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde von dem nach einem Personalwechsel zuständigen Sachbearbeiter der Veranlagungsstelle bei der Änderung durch den Bescheid vom 30. Januar 1997 (Bearbeitungsvermerke vom 15. Januar 1997) aufgehoben.

Mit Kontrollmitteilung vom 22. Juli 1998 (AL A 1997/8) wurde der Veranlagungsstelle durch die BNV-Stelle, die bei dem Kaufmann W. eine Außenprüfung durchgeführt hatte, eine Gesamtrendite für Darlehensgewährungen des Klägers von 1.925.000,– DM im Streitjahr mitgeteilt. Die Anlagen zur Kontrollmitteilung enthielten auch wesentliche Teile der bereits in der BNV-Akte abgehefteten Vorgänge. Das Finanzamt änderte mit Bescheid vom 12. November 1998 gem. § 173 Abs. 1 Satz Nr. 1 AO die Veranlagung und berücksichtigte den Betrag von 1.925.000,– DM als Darlehenszinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Einspruch gegen diesen Bescheid hatte nur insoweit Erfolg, als das Finanzamt den Klägern folgend Einnahmen aus Darlehensgewährung nur i.H.v. 1.087.000,– DM und ferner Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.H.v. ...

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