Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorab entstandene Werbungskosten für in mehreren Jahren errichtete und bei Fertigstellung veräußerte Wohnung. Wirtschaftlicher Zusammenhang von Aufwendungen mit erwarteten späteren Einnahmen. Einkommensteuer 1993, 1994, 1995, 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird ein gemischt genutztes Grundstück in einer Zeit von mehr als fünf Jahren errichtet, so können mangels Nachweises einer Einkunftserzielungsabsicht für eine in dem Haus befindliche Wohnung keine vorab entstandenen Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften anerkannt werden, wenn der Steuerpflichtige im Laufe der fünf Jahre gegenüber dem FA mehrfach geänderte Verwendungsabsichten angegeben hat (zuerst Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, dann Ankündigung der Vermietung, dann Absicht zur freiberuflichen Nutzung, später Planung der Vermietung an eigene GmbH und letztlich wieder Fremdvermietung) und die Wohnung tatsächlich unmittelbar vor der Fertigstellung veräußert worden ist.

 

Normenkette

EStG 1990 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1, § 21 Abs. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger errichtete ab dem Kalenderjahr 1993 in P (P) ein gemischt genutztes Grundstück. In den Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen 1993 bis 1996 erklärte er Darlehenszinsen vor Eigennutzung des Gebäudes als Vorkosten i.S.d. § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) (1993: 11.876 DM; 1994: 13.393 DM; 1995: 10.121 DM; 1996: 11.783 DM). In der ESt-Erklärung 1997 (Anlage V2, Bl. 20 ESt-Akte 1997) gab er an, die Dachgeschosswohnung werde nach Fertigstellung im Dezember 1997 eigengenutzt, die Erdgeschosswohnung solle nach Fertigstellung – voraussichtlich ab Januar 1999 – vermietet werden. Deshalb teilte er die Schuldzinsen und die sonstigen Werbungskosten auf, wobei er 55,5 % bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV), den anderen Teil als Vorkosten gem. § 10e Abs. 6 EStG geltend machte.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) setzte die ESt grundsätzlich entsprechend den Steuererklärungen fest. Die Steuerfestsetzungen erfolgten jeweils teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) wegen der Vorkosten und wegen anhängiger Verfassungsbeschwerden.

Die Erdgeschosswohnung veräußerte der Kläger vor Fertigstellung mit notariellem Kaufvertrag vom 20. November 1998 für 390.000 DM an seine Mutter (Tag der Übergabe: 31. Dezember 1998).

Mit Schreiben vom 02. Dezember 1998 teilte der Kläger, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, mit, dass die Erdgeschosswohnung im o.g. Objekt mit Umsatzsteuer (USt) verkauft worden ist. Er beantragte gleichzeitig, die anteiligen Vorsteuerbeträge (55,5 %) aus den Herstellungskosten 1993-1997 als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV anzusetzen.

Das FA lehnte diesen Antrag auf Änderung der ESt-Bescheide 1993-1997 mangels nachgewiesener Vermietungsabsicht für die Erdgeschosswohnung mitschreiben vom 18. März 1999 ab. Gleichzeitig teilte es dem Kläger mit, dass die Vorkosten nur für die zueigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung anerkannt werden könnten. Für die zweite Wohnung wären anteilige Darlehenszinsen und Werbungskosten nur im Rahmen einer Anlage V als vorläufiger Verlust abziehbar gewesen.

Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 19. April 1999 Einspruch ein. Als Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe beabsichtigt, die Erdgeschosswohnung selbst zu nutzen, da er nebenbei als beratender Betriebswirt tätig sein wolle. Ebenso sei aus Haftungsgründen eine GmbH-Gründung in Erwägung gezogen worden, wobei die Erdgeschosswohnung dann an die GmbH hätte vermietet werden sollen. Aufgrund der unvorhergesehenen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit einem Bankinstitut habe hier doch sofortiger Kapitalbedarf bestanden, woraufhin der Kläger die Erdgeschosswohnung im November 1998 verkauft habe.

Auf das Schreiben des FA vom 20. Mai 1999 erklärte der Kläger, ihm könne nicht angelastet werden, dass er die angefallenen Kosten im falschen Formular (Anlage FW statt Anlage V) eingetragen habe. In den Streitjahren habe er seine Steuererklärungen selbst erstellt und sei steuerlich nicht beraten gewesen. Die aus der Anlage FW herausgestrichenen Aufwendungen müssten zu seinen Gunsten als negative Einkünfte gem. § 177 AO berücksichtigt und gegengerechnet werden. Da der Verkauf der Erdgeschosswohnung mit USt-Ausweis erfolgt sei, müsse die abzugsfähige Vorsteuer im Zeitpunkt der Verausgabung 1993-1997 nachträglich als Aufwand bei den Einkünften aus VuV berücksichtigt werden.

Im Rahmen einer 1999 durchgeführten USt-Prüfung wurde festgestellt, dass das Gebäude zu 52,8 % gewerblich und zu 47,2 % privat (Eigennutzung) genutzt wird (s. auch die Angaben des Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 03. November 2000, S. 1).

Der Einspruch blieb erfolglos (s. die Einspruchsentscheidung – EE – vom 02. August 2000, Bl. 78-82 ESt-Akte 1997).

Wie in der EE angekündigt, erließ das FA geänderte ESt-Bescheide 1993-1997 vom 01. September 2...

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