Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungen gegen zu vollstreckenden Verwaltungsakte. Einwand des Erlöschens des zu vollstreckenden Verwaltungsakte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit einer Klage gegen Vollstreckungsmaßnahmen des FA können Einwendungen gegen die zu vollstreckenden Verwaltungsakte nicht geltend gemacht werden (§ 256 AO).

2. Einwendungen, die zu vollstreckenden Steueransprüche seien erloschen, sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens im Abrechnungsverfahren (§ 218 Abs. 2 AO) zu verfolgen.

 

Normenkette

AO §§ 256-257, 47, 218 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Mit ihrer Klage wandten sie sich zunächst gegen die vom beklagten Finanzamt (dem Finanzamt) beabsichtigte Vollstreckung in ihr bewegliches Vermögen. Das Finanzamt behaupte gemäß einer Zahlungsaufforderung vom 9. August 2010, offene Forderungen gegen den Kläger in Höhe von 68.161,73 EUR und gegen die Klägerin in Höhe von 7.263,61 EUR zu haben. Sie hätten gegen die Zahlungsaufforderung eingewandt, dass erhebliche Teilzahlungen auf die vermeintliche Steuerschuld bereits geleistet, aber nicht ordnungsgemäß verbucht worden seien und verweisen auf eine ausführliche Darstellung vom 29. September 2010. Die in dem Schreiben dargestellten Zahlungen seien daraufhin von Finanzamt nur teilweise ordnungsgemäß verbucht worden. Wie aus dem Kontoauszug zum 9. November 2010 bzw. 13. Dezember 2010 ersichtlich, seien auch Umsatzsteuer Erstattungsbeträge der Klägerin für das Jahr 2005 nicht berücksichtigt. Die Aufstellung sei insgesamt nicht nachvollziehbar, da darin keine Soll- oder Ist-Bestände ausgewiesen seien. Auch seien Zahlungen mit Steuerforderungen aus dem Jahr 1992 verrechnet worden. Derartige Forderungen seien Ihnen nicht bekannt bzw. seien verjährt. Darüber hinaus seien Steuerforderungen an den Kläger aus der Zeit vor der Eheschließung auch an die Klägerin gerichtet worden, obwohl diese nicht für diese Verbindlichkeiten hafte. Das Finanzamt habe auch Zahlungen auf das Konto der Klägerin mit der entsprechenden Tilgungsbestimmung in unrechtmäßiger Weise mit Steuerforderungen gegenüber dem Kläger verrechnet. Hintergrund der streitigen Auseinandersetzung seien Schätzungsbescheid des Finanzamts bezüglich Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2002-2004, die auf nicht rechtmäßiger Basis ergangen seien, was sowohl den Grund wie auch die Höhe der Schätzung betreffe. Dadurch liege keine wirksame Verbescheidung dieser Veranlagungen vor.

Mit Schreiben vom 7. Juni 2011 wies das Gericht die Kläger darauf hin, dass sie – wenn sie der Auffassung seien, dass ein vom Finanzamt geltend gemachter Steueranspruch erloschen sei – den Erlass eines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) beantragen müssten. Bis zum Erlass eines rechtskräftigen Abrechnungsbescheids sei das vorliegende Verfahren auszusetzen.

Nach Mitteilung der Kläger, dass sie den Erlass eines Abrechnungsbescheids beim Finanzamt beantragt hätten, hat das Gericht mit Beschluss vom 30. Juni 2011 das Verfahren ausgesetzt, bis der von den Klägern beantragte Ablehnungsbescheid ergangen und darüber rechtskräftig entschieden sei.

Mit Datum vom 10. August 2011 erließ das Finanzamt gegenüber den Klägern einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO betreffend der Steueransprüche Einkommensteuer 2002, 2003 und 2004 sowie einen Abrechnungsbescheid an den Kläger betreffend Steueransprüche Umsatzsteuer 2002, 2003 und 2004 und an die Klägerin betreffend Steueransprüche Umsatzsteuer 2003 und 2004.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 beantragten die Kläger die Fortsetzung des Verfahrens, da die beantragten Abrechnungsbescheide ergangen seien. Obwohl sich aus den Abrechnungsbescheiden Forderungen des Finanzamts in Höhe von 22.768,39 EUR (Einkommensteuer 2002-2004), 2.134,01 EUR (Umsatzsteuer Kläger 2002-2004) und 4.699,15 EUR (Umsatzsteuer Klägerin 2003-2004) ergäben, mache das Finanzamt im Rahmen der laufenden Vollstreckung Forderungen gegen den Kläger in Höhe von aktuell 81.000 EUR und gegen die Klägerin in Höhe von 69.000 EUR geltend. Darüber hinaus hätten in den zurückliegenden Monaten durchgeführte Recherchen belegt, dass die vom Finanzamt erlassenen Steuerbescheiden an derart schwerwiegenden Verfahrensmängeln litten, dass Sie nichtig seien und aus diesem Grunde auch die Zwangsvollstreckung zu unterbleiben habe.

Die Kläger beantragen,

die Vollstreckung des Finanzamts gegen sie für unzulässig zu erklären.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 4. September 2012 auf den Einzelrichter übertragen. Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2012 wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Soweit die Kläger geltend machen, dass die der Vollstreckung zu Grunde liegenden Schätzungsbescheide betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2002-2004 nichtig seien, da sie an schwerwiegenden Verfahrensmä...

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