rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferung. Feststellungslast für das Vorliegen von Scheingeschäften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Steht aufgrund einer durchgeführten Beweiserhebung fest, dass die gelieferten Fahrzeuge zum Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet versendet wurden, kann dies nicht durch die Annahme eines fehlenden Belegnachweises in Abrede gestellt werden.

2. Wird mit einem Geschäft ein bestimmter, wirtschaftlich vernünftiger Zweck verfolgt, so ist es in der Regel kein Scheingeschäft.

3. Das Finanzamt trägt die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen von Scheingeschäften, wenn die Nichtigkeit der Rechtsgeschäfte nach § 41 Abs. 2 AO vom Finanzamt geltend gemacht wird.

4. Bloße „Ungewöhnlichkeiten” bei der Anbahnung der Geschäftsbeziehungen und der Ausführung der Leistungen stellen keinen ausreichenden Nachweis für das Vorliegen von Scheingeschäften dar.

 

Normenkette

UStG § 6a; AO § 41 Abs. 2; BGB § 117 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Umsatzsteuer für 2007 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 21. Mai 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2017 um EUR herabgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Das Verfahren ist im zweiten Rechtszug.

Streitig ist, ob die Klägerin bei den innergemeinschaftlichen Lieferungen von drei Kraftfahrzeugen an ihren slowakischen Abnehmer ein Scheingeschäft ausgeführt hat.

Die Klägerin ist eine in ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die unter der Nr. in das Handelsregister des Amtsgerichts eingetragen ist. Der Gegenstand ihrer unternehmerischen Tätigkeit ist der Im- und Export von und Handel mit Waren aller Art, Fuhrparkmanagement und Vermietung, Unternehmensberatung sowie Leasing und Finanzierung. Ihr Geschäftsführer ist Herr .

Im Streitjahr 2007 verkaufte sie folgende Kraftfahrzeuge an die Firma N s.r.o., eine GmbH nach dem Recht der Slowakischen Republik, mit Sitz in der Slowakischen Republik:

Re. vom:

Re.Nr.:

Fahrzeug:

Fg-Nr.:

Netto-VK-Preis:

26.04.07

262/07

Volvo XC 90

EUR

EZ: 23.4.2007

26.04.07

264/07

Mercedes SL 65 AMG

EUR

Neufahrzeug ohne Zulassung

04.06.07

334/07

Volvo S 80

EUR

EZ: 04.6.2007

Summe:

EUR

Für die beiden ersten Fahrzeuge lagen neben einer Bestellung durch die N s.r.o. schriftliche Kaufverträge mit der N s.r.o. vor, für den Volvo S 80 wurde nur eine Rechnung ausgestellt.

Der Klägerin lagen ein Handelsregisterauszug der Firma N s.r.o. vor wie auch eine bestätigte Abfrage ihrer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr. SK). Geschäftsführer der N s.r.o. war der in Ungarn ansässige N. Auf ihrem Briefpapier gab die N s.r.o. eine Telefon- und eine Telefaxnummer mit jeweils ungarischer Vorwahl an. Die Bezahlung der Kaufpreise erfolgte teilweise bar und teilweise unbar und die ersten beiden Lieferungen wurden teilweise nicht durch die N s.r.o., sondern durch dritte Personen bezahlt. Die Klägerin nahm für die drei Fahrzeuglieferungen die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Anspruch.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2007 vom 16. Juni 2008 (Frühleerung) errechnete die Klägerin eine Umsatzsteuer von EUR. Als Besteuerungsgrundlagen erklärte sie unter anderem steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von EUR und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an Abnehmer mit USt-IdNr. in Höhe von EUR.

Nach der Durchführung einer mit Prüfungsanordnung vom 11. Februar 2008 am 14. Februar 2008 begonnenen Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte der Beklagte (nachfolgend: FA) die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung der drei Kraftfahrzeuge.

Nach dem Ergehen des Prüfungsberichts am 30. Dezember 2013 erhöhte das FA unter Übernahme der Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung die steuerpflichtigen Umsätze für 2007 um insgesamt EUR (aus einem Bruttoentgelt von insgesamt EUR) und setzte die Umsatzsteuer für 2007 mit Bescheid vom 21. Mai 2014 auf EUR fest, was eine Erhöhung der festgesetzten Umsatzsteuer um EUR zur Folge hatte.

Die bei der Prüfung ebenfalls nicht als steuerfrei anerkannte Lieferung von vier Winterreifen an die N s.r.o. mit Rechnung vom 26. April 2007 für netto EUR zuzüglich EUR Umsatzsteuer (brutto EUR), ist nicht mehr streitig.

Das FA versagte die Steuerfreiheit der drei Kraftfahrzeuglieferungen zunächst deshalb, weil die Voraussetzungen des Buch- und Belegnachweises nicht vorlägen und ließ auch eine Berufung auf den Gutglaubensschutz durch die Klägerin nicht zu, weil diese nicht gutgläubig gehandelt habe. Der Belegnachweis läge deshalb nicht vor, weil bei Prüfungsbeginn weder eine Empfangsbestätigung des Abnehmers, eine Versicherung des Abnehmers den Gegenstand der Lieferung in das ...

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