Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkungsteuer bei Übertragung von Einzel- und Gemeinschaftskonten durch Ehegatten auf eine liechtensteinische Familienstiftung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Schenkung unter Lebenden erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Für diese Beurteilung kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, welcher Person bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das übertragene Vermögen nach § 39 Abs. 2 AO zuzurechnen ist.

2. Kann auch der Ehegatte, der keine Einzahlungen auf das Oder-Konto leistet, auf die vom anderen Ehegatten geleisteten Mittel zur Bildung eigenen Vermögens zugreifen, kann dies dafür sprechen, dass es bei der gesetzlichen Ausgleichsregel des § 430 BGB bleiben sollte und jeder Ehegatte über den danach auf ihn entfallenden Teil des Kontoguthabens tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann.

3. Lässt sich trotz Mitwirkung des zur Schenkungsteuer herangezogenen Ehegatten nicht aufklären, ob ein von der Auslegungsregel des § 430 BGB abweichendes Innenverhältnis zwischen den Eheleuten in Bezug auf ein Gemeinschaftskonto vorliegt, trägt das FA die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung erforderlich sind. Gibt es allerdings hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.

4. Eine Schenkung an den anderen Ehegatten liegt nicht vor, wenn Ehegatten Guthaben auf Einzel- und Gemeinschaftskonten auf eine als transparent zu behandelnde Familienstiftung ohne eigene Rechtspersönlichkeit übertragen und in Abweichung von der zivilrechtlichen Ausgleichsregel zwischen Gesamtgläubigern nach § 430 BGB im Innenverhältnis nicht zu gleichen Teilen berechtigt sein sollen, sondern das Stiftungsvermögen trotz der gemeinschaftlichen Verwaltungsbefugnis und gemeinschaftlichen Erstbegünstigung der Eheleute am Stiftungsvermögen – zumindest was das ursprünglich von Einzelkonten stammende Kapitalvermögen betrifft – allein weiterhin dem vormaligen Kontoinhaber zustehen sollte.

 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1; AO § 39 Abs. 2; BGB § 430

 

Tenor

1. Der Schenkungsteuerbescheid vom 18. November 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2012 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer.

Der Kläger (A A) und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau B A (die Eheleute A) unterhielten folgende Konten bei schweizerischen Banken:

A-Bank …

Einzelkonto (A A)

B-Bank …

Einzelkonto (A A)

A-Bank …

Einzelkonto (B A)

A-Bank …

Und/Oder-Konto (Eheleute A)

Im August 2005 gründeten die Eheleute A die C-Stiftung mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein. Hierzu beauftragten sie die X mit Sitz im Vaduz, treuhänderisch eine Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit nach Art. 552 ff. des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR-Liechtenstein) zu errichten. In diesem Zusammenhang wiesen die Eheleute A am 9. August 2005 die X an, den Stiftungsrat zu beauftragen, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um jedem der Eheleute A jeweils Verwaltungsvollmachten über die Konten der Stiftung bei der A-Bank sowie der B-Bank in der Schweiz zu erteilen. Nach Art. 1 des Reglements der Stiftung vom 22. August 2005 wurden der Kläger und seine Ehefrau zu den Erstbegünstigten bestimmt und ihnen zu Lebzeiten der Stiftungsgenuss am gesamten Vermögen der Stiftung und dessen Erträgen einzeln und unabhängig voneinander unter Ausschluss anderer Begünstigter allein eingeräumt. In Einklang mit Art. 9 der Statuten der Stiftung vom 22. August 2005 wurde mit dem Beistatut Nr. 1 der Stiftung vom 22. August 2005 ein besonderes Organ zur Verwaltung des Stiftungsvermögens geschaffen, zu dessen alleinigen Mitgliedern nach Art. 2 die Eheleute A bestimmt wurden, die als solche „kollektiv zu zweien” handeln sollten.

In der Folgezeit übertrugen die Eheleute A bis zum 17. Oktober 2005 in folgendem Umfang Vermögenswerte von ihren vorstehend genannten Konten auf die Konten der C-Stiftung:

Datum

Vermögenswert

A-Bank …

3.9.2005

629.522,39 EUR

A-Bank …

Einzelkonto (B A)

(Stiftung)

A-Bank …

7.9.2005

6.674.082,15 EUR

A-Bank …

Und/Oder-Konto (Eheleute A)

(Stiftung)

A-Bank …

8.9.2005

4.332.922,99 EUR

A-Bank …

Einzelkonto (A A)

(Stiftung)

B-Bank …

17.10.2005

8.772.764,65 EUR

B-Bank …

Einzelkonto (A A)

(Stiftung)

B A verstarb im Jahr 2007 und wurde vom Kläger allein b...

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