Entscheidungsstichwort (Thema)

Ableitung des gemeinen Werts der Stammaktien aus dem Börsenkurs der Vorzugsaktien. Feststellung des gemeinen Werts der Anteile auf den 31.12.1988

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.04.1999; Aktenzeichen II R 87/97)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der gemeine Wert der nicht an der Börse gehandelten Stammaktien der Klägerin zum 31. Dezember 1988.

Die Klägerin ist eine AG. Im Jahr 1987 wurde das Grundkapital der Klägerin (bestehend aus 160.000 Stammaktien zum Nennwert von je 50 DM = 8 Mio. DM, welche ausschließlich von den Eheleuten … gehalten wurden) um 2 Mio. DM durch Ausgabe von 40.000 stimmrechtslosen Vorzugsaktien zum Nennwert von je 50 DM erhöht. Die Vorzugsaktien sind mit einer Mehrdividende von 2 Prozentpunkten ausgestattet. Die Vorzugsaktien wurden am 22. Juli 1987 an der Börse eingeführt. Ihr Kurs betrug zum 31. Dezember 1988 253,50 DM.

Durch Änderungsbescheid vom 24. März 1992 stellte der Beklagte (das Finanzamt – FA–) den gemeinen Wert der Stammaktien der Klägerin auf den 31. Dezember 1988 auf 557 DM je 100 DM Grundkapital fest. Den gemeinen Wert der Stammaktien hatte das FA jeweils aus dem Börsenkurs der Vorzugsaktien abgeleitet. Dabei hatte es entsprechend dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 14. September 1990 (Vermögensteuerkartei der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg, § 11 Abs. 1 und 2 des Bewertungsgesetzes – BewG– Karte 1.4) dem Börsenkurs der Vorzugsaktie zum Stichtag einen pauschalen Aufschlag von 10 v.H. hinzugerechnet.

Der für die Wertableitung nicht notierter Aktien aus dem Börsenkurs von Vorzugsaktien bzw. Stammaktien maßgebende Aufschlag oder Abschlag wird vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) anhand der Kurswertliste unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Wertabweichungen von im Börsenhandel notierten Stamm- und Vorzugsaktien ermittelt. In die Auswertung werden nur solche Gesellschaften einbezogen, deren Stamm- und Vorzugsaktien an der Börse gehandelt werden. Dabei werden vorab solche Kurse ausgeschieden, die auf ungewöhnliche Verhältnisse zurückzuführen sind. Zusätzlich wird sichergestellt, daß ungewöhnliche Kursabweichungen zwischen Stamm- und Vorzugsaktien außer Betracht bleiben. Von den so ermittelten Werten wird ein Abschlag in Höhe von 30 v.H. (für die Stichtage bis 31. Dezember 1991) vorgenommen.

Gegen den so errechneten gemeinen Wert ihrer an der Börse nicht notierten Stammaktien erhob die Klägerin Einspruch. Sie machte geltend, Ausgangspunkt für den Zuschlag sei die durchschnittliche Wertabweichung der an der Börse gehandelten Stamm- und Vorzugsaktien. Die große Bandbreite der Kursunterschiede zeige jedoch, daß ein Durchschnittswert ungeeignet sei, die Kursdifferenz zwischen Stamm- und Vorzugsaktien zu quantifizieren.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 1994).

Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Wertschätzung des mit einer Aktie verbundenen Stimmrechts könne angesichts des Kursunterschieds bei den im amtlichen Handel notierten Gesellschaften nicht nachvollzogen werden. Ein pauschaler Zuschlag sei mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. März 1994 II R 39/90 (BStBl II 1994, 34) nicht vereinbar. Danach sei den einzelnen Ausstattungsunterschieden bei den Aktiengattungen durch Zu- und Abschläge auf den Kurswert der stimmrechtslosen Vorzugsaktien Rechnung zu tragen. In die Ermittlung des pauschalen Aufschlagsatzes gingen sämtliche Kurswerte von Vorzugs- und Stammaktien ein. Demgegenüber müsse der pauschale Zu- bzw. Abschlag auf der Grundlage der Verhältnisse der betrachteten Gesellschaft beruhen.

In ihrer Klageschrift vom 28. Dezember 1994, auf die Bezug genommen wird, hat die Klägerin beantragt, den gemeinen Wert der Anteile zum 31. Dezember 1988 auf 551,70 DM je 100 DM des Stammkapitals festzustellen.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 1997 hat sie ihren Antrag erweitert und beantragt nunmehr, den gemeinen Wert der Anteile mit 507 DM festzustellen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist auch insoweit zulässig, als sie die Klägerin nach Ablauf der Klagefrist erweitert hat. Entscheidend ist, daß die Klägerin gegen den (einheitlichen) Feststellungsbescheid Klage erhoben und daher den Eintritt der Bestandskraft verhindert hat (vgl. auch BFH-Beschluß vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BStBl II 1990, 37).

Die Klage ist aber nicht begründet.

Im Streitfall liegt zwar für die Vorzugsaktien der Klägerin, nicht aber für die Stammaktien ein Börsenkurs vor. Da es sich bei Vorzugsaktien und Stammaktien wegen ihrer Ausstattung mit unterschiedlichen Rechten nicht um Aktien derselben Gattung handelt, kann der Kurswert der Vorzugsaktien nicht zugleich als Kurswert der Stammaktien angesehen werden. Da für die Stammaktien mithin ein Börsenkurs im amtlichen Handel nicht vorliegt, sind diese mit dem gemeinen Wert anz...

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