Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Das FA musste nicht bereits deshalb von der Erweiterung einer Betriebsprüfung absehen, weil für die Vorjahre bereits eine Außenprüfung durchgeführt worden war (sog. Zweitprüfung). Insbesondere stand einer erneuten Prüfung keine konkludente Zusage i. R. d. ersten Prüfung entgegen.

 

Normenkette

AO § 193 Abs. 1; BpO § 4 Abs. 3 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Gegenstand ihres Unternehmens ist der Betrieb von Gaststätten und die Durchführung aller damit unmittelbar und mittelbar zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Betriebsgröße wurde vom Beklagten (Finanzamt) als Mittelbetrieb eingestuft.

Eine für die Jahre 2007 bis 2009 durchgeführte Betriebsprüfung (Prüfungsanordnung vom 13. Februar 2012) führte zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Am 8. April 2015 ordnete das Finanzamt eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 2010 bis 2012 an. Am 11. Juli 2016 erweiterte das Finanzamt die Prüfungsanordnung für den Besteuerungszeitraum 2005 bis 2009, da aufgrund der festgestellten Kassenmängel und dem Vorliegen von Umsatzdifferenzen bei der Kalkulation insbesondere des Jahres 2011 von Steuerhinterziehung und damit einhergehenden nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen auch der vorherigen Jahre auszugehen sei. Insbesondere fehlten vorlagepflichtige Einzeldaten bzw. relevante Berichte (Bedienerberichte) sowie die Dokumentation der Programmierung der im Prüfungszeitraum verwendeten Kasse (vgl. Schreiben der Betriebsprüfung vom 8. Juni 2016), so dass anhand der ausgedruckten Tagesendsummenbons die Vollständigkeit der erfassten Bareinnahmen nicht nachvollzogen werden konnte.

Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. März 2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Erweiterung der Prüfungsanordnung. Die Steuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009 unterlägen der erhöhten Bestandskraft nach § 173 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Mit den für das Jahr 2011 festgestellten Kassenmängel und den Umsatzdifferenzen könne das Finanzamt die Erweiterung der Prüfungsanordnung nicht begründen. Insbesondere seien für den Zeitraum 2007 bis 2009 auch keine entsprechenden Beanstandungen im Rahmen der bereits durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt worden. Durch die Anordnung einer erneuten Prüfung verstoße das Finanzamt gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Die Klägerin beantragt,

die Verfügung über die Erweiterung der Prüfungsanordnung vom 11. Juli 2016 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 7. März 2017 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 7. März 2017.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet. Gegen die Rechtmäßigkeit der Verlängerung des Prüfungszeitraums mit Verfügung vom 11. Juli 2016 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 7. März 2017 bestehen keine Bedenken.

1. Nach § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die wie die Klägerin im Prüfungszeitraum gewerblich tätig waren, ohne weitere Voraussetzungen zulässig (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des BFH vom 21. Juni 1994 VIII R 54/92, BStBl II 1994, 678 m.w.N.). Ob die Finanzbehörde eine Prüfung anordnet und auf welche Veranlagungszeiträume sich diese erstreckt, steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen (BFH-Urteile vom 28. April 1983 IV R 255/82, BStBl II 1983, 621 und vom 2. September 2008 X R 9/08, BFH/NV 2009, 3). Ihre Entschließung kann vom Gericht nur darauf überprüft werden, ob die Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 102 Finanzgerichtsordnung – FGO). Im Rahmen der Überprüfung der pflichtgemäßen Ausübung des behördlichen Ermessens ist auch die Betriebsprüfungsordnung (– BpO – vom 15. März 2000, BStBl I 2000, 368) zu beachten, die als ermessensleitende Verwaltungsvorschrift für die Finanzbehörde bindend ist (Urteil des Finanzgerichts – FG – Münster vom 20. April 2012 14 K 4222/11, EFG 2012, 1516 und BFH-Urteil vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7 m.w.N.).

Hinsichtlich des Umfangs des Prüfungszeitraums regelt § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO, dass dieser bei anderen Betrieben als bei Großbetrieben in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll. Eine Erweiterung des Prüfungszeitraums ist gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO möglich, insbesondere dann, we...

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