Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Nutzung eines Körperschaftsteuer-Guthabens, wenn eine Auschüttung durch eine Tochter-Gesellschaft im selben Wirtschaftsjahr an die Gesellschafter ausgeschüttet wird

 

Leitsatz (redaktionell)

Entsteht ein Körperschaftsteuerguthaben durch die sog. Nachsteuer und handelt es sich um eine Vorwegausschüttung für das laufende Jahr, so kann dieses Körperschaftsteuerguthaben bereits für die Körperschaftsteuerveranlagung des Veranlagungszeitraums der „doppelten”) Ausschüttung genutzt werden. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 6.11.2003, BStBl 2003 I S. 575, Tz. 40) setzt der im Veranlagungszeitraum 2002 geltende Wortlaut des § 37 Abs. 2 KStG nicht die vorhergehende, zum Ende des Vorjahres, erfolgte gesonderte Feststellung voraus.

 

Normenkette

KStG 2002 § 37 Abs. 2-3, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 38 Abs. 1; KStG 1999 § 27 Abs. 3 S. 2, § 28 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen I R 42/07)

 

Tenor

1. Der Körperschaftsteuerbescheid für 2002 vom 21. Oktober 2003, geändert durch die Bescheide vom 23. Juni 2004 und 10. Februar 2006 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG vom 21. Oktober 2003, geändert durch die Bescheide vom 23. Juni 2004 und 10. Februar 2006, jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2006 werden dahingehend geändert, dass ein weiterer Körperschaftsteuerminderungsbetrag in Höhe von 512.293 EUR berücksichtigt wird.

2. Die Berechnung wird dem Finanzamt übertragen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Verrechnung eines Körperschaftsteuer-Guthabens im Zusammenhang mit einer Ausschüttung einer Tochtergesellschaft.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), war im Streitjahr (2002) zu 100 v.H. an einer anderen GmbH (Tochter-GmbH) beteiligt.

Das Körperschaftsteuerguthaben zum 31. Dezember 2001 der Klägerin wurde mit Bescheid des Beklagten (Finanzamt – FA –) vom 10. Dezember 2002 auf 12.707 EUR festgestellt. Lt. Steuerbescheinigung der Tochter-GmbH schüttete diese für den Veranlagungszeitraum 2002 aufgrund Beschlusses vom 8. November 2002 3.118.000 EUR noch im Jahr 2002 an die Klägerin aus. Die Höhe des Körperschaftsteuerminderungsbetrages betrug 519.667 EUR. Am 15. November 2002 hat die Gesellschafterversammlung der Klägerin eine Gewinnausschüttung in Höhe von 3.150.000 EUR beschlossen.

Bei der Körperschaftsteuerveranlagung für 2002 begehrte die Klägerin eine Körperschaftsteuerminderung in Höhe von 525.000 EUR (= 1/6 von 3.150.000 EUR).

Im Körperschaftsteuerbescheid für 2002 vom 21. Oktober 2003 wurde bei einer Tarifbelastung von 407 EUR, eines Körperschaftsteuerminderungsbetrages von 12.707 EUR und eines Körperschaftsteuererhöhungsbetrages von 519.667 EUR die Körperschaftsteuer auf 507.367 EUR festgesetzt. Das verbleibende Körperschaftsteuerguthaben wurde zum 31. Dezember 2002 mit 519.667 EUR gesondert festgestellt. In den Erläuterungen führte das FA aus, Basis für die Körperschaftsteuerminderung sei gemäß § 37 KStG das festgestellte Körperschaftsteuerguthaben. Dieses betrage hier 12.707 EUR. Das Guthaben werde laut § 37 Abs. 2 KStG gemindert durch die getätigte Ausschüttung und erst „danach” wieder erhöht durch die erhaltene Ausschüttung (Abs. 3).

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 12. November 2003. Die Auslegung seitens des FA entspreche nicht dem Gesetzeswortlaut.

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde durch das FA, mit Hinweis auf Tz. 40 des BMF-Schreibens vom 6. November 2003 (Az IV A 2 – S 1910 – 156/03; BStBl I 2003, 575), abgelehnt.

Das Finanzgericht München setzte den Körperschaftsteuerbescheid für 2002 mit Beschluss vom 26. Oktober 2004 im Verfahren 6 V 5013/03 (DStRE 2005, 397) in Höhe von 512.293 EUR für die Dauer des Einspruchsverfahren von der Vollziehung aus. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 5. April 2005 (I B 221/04; BFH/NV 2005, 988; BStBl II 2005, 526) die Beschwerde des FA als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. August 2006 setzte das FA die Körperschaftsteuer für 2002 auf 506.960 EUR fest. Diese Änderung ergab sich aus einem unstreitigen Verlustrücktrag. Berücksichtigt wurde eine Tarifbelastung von 0 EUR, ein Körperschaftsteuerminderungsbetrag von 12.707 EUR und ein Körperschaftsteuererhöhungsbetrag von 519.667 EUR. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen:

  • ○ Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F. habe eine offene Gewinnausschüttung eine Körperschaftsteuerminderung auslösen können, wenn der auf den Schluss des dem Ausschüttungsbeschl...

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