Entscheidungsstichwort (Thema)

Ernstliche Zweifel an der horizontalen Verrechnung von Verlusten mit außerordentlichen Einkünften. Einkommensteuer 2000

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ernstlich zweifelhaft ist, ob § 2 Abs. 3 EStG eine ausdrückliche Vorschrift darstellt, die generell zur Verrechnung von Verlusten mit dem Veräußerungsgewinn auf der Ebene der Ermittlung der Einkünfte zwingt, so dass eine anteilige Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 3 Satz 4 bei der Ermittlung der begünstigten Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 1 vorzunehmen ist.

2. Ist die Auslegung des Gesetzes durch die Verwaltung in R 197 Abs. 3 und H 197 zutreffend?

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, § 2 Abs. 3 S. 4; EStR 1999 R. 197 Abs. 3; FGO § 69

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.05.2004; Aktenzeichen X B 176/02)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid vom 8.7.2002 wird in Höhe von EUR 13.794,65 Einkommensteuer, EUR 660,28 Solidaritätszuschlag und EUR 206 Zinsen zur Einkommensteuer von der Vollziehung ausgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist im Einspruchsverfahren die Berechnung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Antragsteller bezog aus verschiedenen Aktivitäten Einkünfte. Er erzielte hierbei aus verschiedenen gewerblichen Betätigungen einen laufenden Verlust von DM 93.187 und einen nach § 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn von DM 567.321, einen Verlust aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von DM 138.780, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von DM 62.787 und Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 26.064, so dass sich eine Summe der positiven Einkünfte von DM 562.985 und ein nach § 2 Abs. 3 EStG ausgleichsfähiger Verlust von DM 138.780 ergaben. Die Verluste verteilte das Finanzamt gemäß § 2 Absatz 3 Satz 4 EStG auf die positiven Einkünfte, so dass nach Verlustausgleich aus den Einkünften aus Gewerbebetrieb ein Anteil in Höhe von DM 357.256, aus den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ein Anteil in Höhe von DM 47.310 und aus den Einkünften aus Kapitalvermögen ein Anteil in Höhe von DM 19.639 in die Summe der Einkünfte einging. Abzugsbeträge nach § 2 Abs. 3 Satz 1 EStG waren nicht zu berücksichtigen, so dass sich damit zugleich ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von DM 424.205 ergab. Nach Abzug der Sonderausgaben ergab sich ein Einkommen von DM 407.685. Dieser Betrag ist unstrittig. Davon zog das Finanzamt drei Kinderfreibeträge ab und gelangte zu einem zu versteuernden Einkommen von DM 377.877.

Zur Steuerberechnung nach § 34 Absatz 1 EStG ermittelte es das verbleibende zu versteuernde Einkommen i.S.d. § 34 Absatz 1 Satz 2 EStG in der Form, dass es den nach Anwendung des Verlustausgleichs nach § 2 Abs. 3 Satz 3 und 4 EStG verbliebenen Anteil der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 357.256 vom zu versteuernden Einkommen abzog. Damit verblieb ein Betrag von DM 20.621, der nach der Splittingtabelle versteuert eine Steuer von DM 0 ergab. Das verbleibende, zu versteuernde Einkommen von DM 20.621 zuzüglich ein Fünftel von DM 357.256 unterwarf das Finanzamt dem Splittingtarif. Das Fünffache des sich danach ergebenden Betrages von DM 18.378 ergab die tarifliche Einkommensteuer in Höhe von DM 91.890. Dieser wurde das Kindergeld in Höhe von insgesamt DM 10.080 hinzugerechnet Dementsprechend setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 8.7.2002 eine Einkommensteuer von DM 101.970 fest.

Der Bescheid ist mit Einspruch angefochten, über den das Finanzamt noch nicht entschieden hat. Die Aussetzung der Vollziehung hat das Finanzamt abgelehnt, ebenso den hiergegen gerichteten Einspruch.

In ihrem an das Gericht gerichteten Antrag wenden die Antragsteller hiergegen ein, dass diese Berechnung keine Stütze in § 34 EStG finde. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 3.12.2001 (8 K 1864/01) vertreten sie die Auffassung, dass weder der horizontale noch der vertikale Verlustausgleich den Abzugsbetrag nach § 34 Absatz 1 EStG mindere und lediglich eine Begrenzung durch den Betrag des zu versteuernden Einkommens erfolge. Dieses sei mit DM 407.685 anzusetzen, da die Inanspruchnahme des Kindergeldes für die Antragsteller günstiger sei, als die Berücksichtigung der Kinderfreibeträge. Die Einkommensteuer nach § 34 Absatz 1 Satz 3 EStG auf den Betrag von DM 407.685 betrage DM 74.990.

Die Antragsteller beantragen, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2000 vom 8.7.2002 in Höhe von EUR 15.289,33 auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt, der Antrag abzuweisen.

Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung über die Ablehnung des ADV Antrags aus, dass die Berechnung der für den Veranlagungszeitraum maßgeblichen Einkommensteuerrichtlinie (R 197 Abs. 3) entspreche.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist begründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten nebe...

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