rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung eines Anschaffungs- und Herstellungsvorganges und Hinzurechnung von Einnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts wegen irreparabler Vertragsstörungen ist kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG.

2. Die Rückabwicklung eines Kaufvertrages kann ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO sein, wenn der Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang nicht abgeschlossen wird.

3. Steuerlich gilt der Grundsatz der Unabänderlichkeit des verwirklichten Einkünfteerzielungstatbestandes; d.h. bei den laufend veranlagten Steuern sind die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändert.

4. Dies gilt jedoch nur insoweit, als die einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften nicht bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führt. Eine solche Rechtslage ist insbesondere bei Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 2 und Abs. 1 S. 5 FördG für Anzahlungen auf Anschaffungskosten gegeben.

5. Anders dagegen ist bei der linearen Abschreibung nach der Rückabwicklung des Anschaffungsgeschäfts die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe der in den Vorjahren abgezogenen linearen AfA als Einnahmen bei den Einkünften aus VuV. wieder hinzuzurechnen.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 4, § 7a Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1; FördG § 4 Abs. 2, 1 S. 5; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2000 vom 28. Dezember 2004 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. September 2009 werden für die Dauer des Klageverfahrens in Höhe von 876.135,96 EUR ausgesetzt.

2. Der Bescheid vom 28. Dezember 2004 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.2000 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. September 2009 werden für die Dauer des Klageverfahrens ausgesetzt. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, den Betrag über die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids nach Maßgabe der Gründe des Beschlusses zu errechnen und dem Antragsteller das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitteilen.

3. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

4. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Klageverfahren, ob dem Antragsteller (ASt) im Streitjahr Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) aus der Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs zugeflossen sind.

Der ASt hatte im Jahr 1995 insgesamt 33 Reihenhäuser […] in Sachsen erworben und dafür einen Kaufpreis in Höhe von insgesamt [… ca. 16 Mio. DM] entrichtet. Für die Rückzahlung des Kaufpreises gab die […] (Bank) eine Bürgschaft ab. Fertigstellung der Häuser sowie Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte zum […] 1997. In den Jahren von 1997 bis 2000 vereinnahmte der ASt die Mieten aus den vermieteten Häusern. Nachdem der Verkäufer dem ASt das Eigentum an den Hausgrundstücken nicht verschafft hatte, trat der ASt vom Kaufvertrag über die Reihenhäuser zurück und die Erwerbsvorgänge wurden zum […] 2000 rückgängig gemacht. Der ASt erhielt den vollen Kaufpreis vom Bürgen zurück erstattet.

In der Einkommensteuererklärung 2000 erklärte der ASt Einkünfte aus VuV aus den Reihenhäusern in Höhe von 202.242 DM. Als Werbungskosten wurde keine Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend gemacht. Aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages über die Reihenhäuser zog der ASt keine weiteren Schlüsse. Das Finanzamt [… X-Stadt] folgte den Angaben des ASt in der Einkommensteuererklärung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung in den Bescheiden vom 24. September 2002 über die Einkommensteuer 2000 und den verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2000.

In der Zeit vom 14. Januar 2003 bis 28. April 2004 wurde beim ASt eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Betriebsprüferin vertrat die Auffassung, dass der ASt aus der Vermietung der Reihenhäuser im Jahr 2000 einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 442.679 DM erzielt habe. Bei der Rückabwicklung der Erwerbsvorgänge habe es sich um private Veräußerungsgeschäfte i.S. des § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) gehandelt und daraus sei ein Einnahmenüberschuss in Höhe von 7.337.682 DM erzielt worden. Der nun örtlich zuständig gewordene Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – schloss sich zuerst dieser Auffassung an (Bescheide vom 28. Dezember 2004 über die Einkommensteuer 2000 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zum 31. Dezember 2000). Der gegen die Berücksichtigung des Spekulationsgewinns gerichtete Einspruch hatte zu einem geringen Teil Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. September 2009). Das FA vertrat – unter Anwendung der Verfügung des Bayerischen Land...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge