Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungsbegriff i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG. Ermittlung der Abwesenheitsdauer von der Wohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ernstlich zweifelhaft ist, ob es sich bei dem Begriff der „Wohnung” i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG um die Wohnung am auswärtigen Tätigkeitsort handelt, die der Steuerpflichtige zwecks Aufnahme der Einsatzwechseltätigkeit verlässt oder hiermit die Familienwohnung gemeint ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2, § 9 Abs. 5; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 20. Oktober 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2000 wird in Höhe von 718,00 DM ausgesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 71,00 DM.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Verpflegungsmehraufwendungen im Jahr 1997.

Der Antragsteller ist als … bei einer … auf ständig wechselnden Baustellen tätig. So war er im Jahr 1997 u.a. über acht Monate in … eingesetzt, weiterhin war er in … tätig sowie in …. Während seiner Tätigkeit in … kehrte der Antragsteller täglich von Österreich nach Deutschland zurück, um in Deutschland zu übernachten.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1997 begehrte der Antragsteiler Verpflegungsmehraufwendungen für die Einsatzorte Sri Lanka und Österreich wie folgt:

Sri Lanka (8.01.–27.08.1997):

An-, Ab- und Heimreisetage

6 × 28,00 DM,

Einsatztage in Sri Lanka

189 × 42,00 DM,

Gesamtsumme:

8.106,00 DM.

Österreich:

Heimreisetage

2 × 20,00 DM,

Einsatztage in Österreich

11 × 72,00 DM,

Anreisetage

2 × 48,00 DM,

Gesamtsumme:

928,00 DM.

Einsatzorte Essen und München:

2.168,00 DM.

Die vom Arbeitgeber für den Mehrverpflegungsaufwand gezahlte steuerfreie Erstattung betrug 10.585,00 DM.

Der Antragsgegner erkannte von den gesamten Verpflegungsmehraufwendungen von 8.106,00 DM nur 5.582,00 DM an. Für die Tätigkeit in Sri Lanka berücksichtigte das Finanzamt nur für die ersten drei Monate des Einsatzes Verpflegungsmehraufwendungen, die Aufwendungen für die Tätigkeit in Österreich sind nur mit den für Deutschland gültigen Pauschbeträgen angesetzt worden, da der Antragsteller täglich von Österreich nach Deutschland zurückkehrte, um in Deutschland zu übernachten. Das Finanzamt erhöhte den Bruttoarbeitslohn des Antragstellers um 5.003,00 DM, da dem Antragsteller vom Arbeitgeber steuerfreie Erstattungen in Höhe von 10.585,00 DM gezahlt worden sind.

Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 20. Oktober 1998 legten die Antragsteller Einspruch ein. Zur Begründung teilten sie mit, daß sie den Werbungskostenabzug im Sinne der doppelten Haushaltsführung nicht beantragt hätten. Bei der vom Antragsteller ausgeübten Tätigkeit handele es sich um eine typische Einsatzwechseltätigkeit, da der Einsatz nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten erfolgt sei und keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliege. Die bei einer Dienstreise geltende Einschränkung, wonach Pauschbeträge nur für die ersten drei Monate als Werbungskosten geltend gemacht werden könnten, finde keine Anwendung.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens teilte das Finanzamt den Antragstellern mit, daß für die Abziehbarkeit der Verpflegungsmehraufwendungen allein gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EinkommensteuergesetzEStG – die Dauer der Abwesenheit von der Wohnung am Beschäftigungsort maßgebend sei. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung ergeben sich im Vergleich zur Einkommensteuerveranlagung geringere Werbungskosten, so daß eine weitere Erhöhung des Arbeitslohnes erforderlich sei. Der Antragsgegner wies die Antragsteller auf die Verböserungsmöglichkeiten hin und gab Gelegenheit, den Einspruch zurückzunehmen.

In der Einspruchsentscheidung ermittelte das Finanzamt für Verpflegungsmehraufwendungen insgesamt Werbungskosten in Höhe von 3.624,00 DM, die sich wie folgt zusammensetzen:

– Einsatz in Sri Lanka vom 08.01.1997–27.08.1997

Hin- bzw. Rückfahrtage, abwesend mindestens 14 Stunden,

6 × 28,00 DM = 168,00 DM,

Tage in Sri Lanka, abwesend mindestens 8 Stunden,

198 × 14,00 DM = 2.646,00 DM.

– Einsatz in Österreich vom 23.09.1997–09.10.1997

Hin- bzw. Rückfahrtage, abwesend mindestens 14 Stunden,

4 × 20,00 DM = 80,00 DM,

Tage in Österreich, abwesend mindestens 8 Stunden,

11 × 10,00 DM = 110,00 DM.

Das Finanzamt setzte gemäß Lohnsteuerrichtlinie 39 Abs. 4 Nr. 1 die für Deutschland maßgebenden Verpflegungspauschbeträge an, da der Antragsteller täglich nach Deutschland zurückkehrte.

– Einsätze in Essen bzw. München

Hin- bzw. Rückfahrtage, abwesend mindestens 8 Stunden,

1 × 10,00 DM = 10,00 DM,

abwesend mindestens 14 Stunden,

9 × 20,00 DM = 180,00 DM,

Tage in Essen bzw. München, abwesend mindestens 8 Stunden,

43 × 10,00 DM = 430,00 DM.

Den Werbungskosten von 3.624,00 DM steht eine steuerfreie Arbeitgebererstattung von 10.585,00 DM gegenüber. Der die Werbungskosten übersteigende Betrag der Arbeitgebererstattung von 6.961,00 DM stellt nach Auffassung des Finanzamtes gemäß § 2 Abs. 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnun...

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