Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückstellungen für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten?

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 5 Abs. 4b S. 1 EStG findet auch auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten Anwendung.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 4b S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Rückstellung für Nachschussverpflichtungen verlustmindernd aufzulösen war.

Die Klägerin ist ein regionaler Verkehrsdienstleister des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und Mitglied des Verkehrsverbundes A (A). Im Rahmen der Umstrukturierung des ÖPNV in den Jahren 1994/1995 hat die B GmbH (B) ihre sämtlichen Geschäftsanteile an der Regionalverkehr D GmbH (D) an ein Käuferkonsortium veräußert, an der u.a. die Klägerin beteiligt ist. Nach Vollzug des Anteilsverkaufs war die Klägerin am Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 7 Mio. DM mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 875.000 DM beteiligt (1/8 = 12,5%).

Nach § 19 des Gesellschaftsvertrags der D war ein Jahresverlust der Gesellschaft durch Einlagen der Gesellschafter auszugleichen. Die Höhe der Einlagen ergibt sich aus dem Verhältnis der Verlust aus der Durchführung des Linienverkehrs im Verkehrsverbund A auf den Gebieten der Gebietskörperschaften, die an der Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar beteiligt sind. Dabei wird die vorgenannte Verpflichtung für die einzelnen Gesellschafter auf einen bestimmten Betrag beschränkt, der sich für die Klägerin auf 4 Mio. DM belief.

Im Geschäftsjahr 2001 erwirtschaftete die D einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 26,4 Mio. DM. Damit lagen die realisierten Verluste erstmals über der nach § 19 des Gesellschaftsvertrags statuierten Obergrenze zur Verlustübernahme durch die Gesellschafter in Höhe von insgesamt 21,5 Mio. DM. Ursächlich für diesen erhöhten Fehlbetrag war u.a. eine im Jahr 2001 abgeschlossene Betriebsprüfung bei der D für die Jahr 1994 bis 1998. Daraus ergaben sich Steuernachforderungen in Höhe von 6,8 Mio. DM. Die von der D gegen die vom zuständigen Finanzamt daraufhin geänderten Bescheide erhobenen Einsprüche und anschließenden Klage- bzw. Revisionsverfahren hatten keinen Erfolg (vgl. hierzu das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. April 2008 I R 67/06), sodass die D letztendlich die streitigen Steuerbeträge zuzüglich Zinsen zu zahlen hatte.

Um eine drohende Insolvenz der D zu vermeiden, erklärten sich die Gesellschafter bereit, für die Steuernachzahlungen der früheren Jahre auch die den Höchstbetrag übersteigenden Verlustbeträge des Jahres 2001 anteilig auszugleichen. Insofern wurde bereits bei Feststellung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2001 beschlossen, dass der die Verlustdeckungsobergrenze überschreitende weitere Verlust auch insoweit ausgeglichen wird, wenn die Feststellungen der Betriebsprüfung Bestand haben.

Nach Beschlussfassung wies die Klägerin in ihrem Jahresabschluss 2002 den auf sie entfallenden Verlustanteil zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 742.600 EUR als Rückstellung aus. Die Rückstellung wurde in der Handels- und Steuerbilanz aufwandswirksam (Aufwendungen aus Verlustübernahme an Rückstellung) verbucht. Eine außerbilanzielle Korrektur bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens erfolgte nicht. Die Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2002 ist bestandskräftig und verfahrensrechtlich nicht mehr änderbar.

Die Rückstellung hat sich bis zum Jahre 2006 durch Verzinsung und durch weitere Verluste der D fortentwickelt und beläuft sich zum 31.12.2006 auf insgesamt 1.074.887 EUR.

Im Jahre 2008 hat die Klägerin als Verlustausgleich für den dargestellten Sachverhalt eine Zahlung von 838.727,68 EUR geleistet.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C führte bei der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2006 eine Betriebsprüfung durch. Dabei erkannte der Betriebsprüfer die Rückstellung steuerlich nicht an, da es sich bei den von der Klägerin zu leistenden Beträgen um nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der D handele. Wegen der Einzelheiten wird auf die Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 5. Mai 2009 Bezug genommen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ u.a. Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2003, 2004, 2005 und 2006 vom 23. März bzw. 1. April 2010.

Die hiergegen von der Klägerin eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2011, auf die Bezug genommen wird, zurück.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor:

Die Rückstellungen für die Nachschussverpflichtungen gegenüber der D seien steuerlich anzuerkennen, da sie in ihrer Handels- und Steuerbilanz zum 31.12.2002 und zu den folgenden Bilanzstichtagen zwingend Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden hatte und diese nicht erfolgswirksam aufzulösen waren.

Im vorliegenden Fall habe zu allen Bilanzstichtagen eine Außenverpflichtung vorgelegen. Diese Verpflichtung sei auch in der Vergangenheit verursacht worden.

Das Rückstellungsgebot gelte auc...

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