rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Persönliche und sachliche Unbilligkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt in aller Regel nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige den Steuerbescheid bewusst in Bestandskraft erwachsen lässt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die Anwendung der zur Steuerforderung führenden Vorschriften im konkreten Fall mit dem Gesetzeszweck nicht mehr zu vereinbaren sind, mit der hohen Steuerforderung kein Zuwachs an Leistungsfähigkeit einhergeht oder der Grundsatz von Treu und Glauben einen Erlass der Steuerschuld gebietet.

2) Die für einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen neben der Erlasswürdigkeit erforderliche Erlassbedürftigkeit liegt nicht vor, wenn dem Steuerpflichtigen neben Renteneinkünften Vermögenssubstanz in Gestalt eines veräußerbaren oder belastbaren Vermietungsobjekts gehört.

 

Normenkette

AO § 227

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.05.2004; Aktenzeichen X B 149/03)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Erlass der Einkommensteuer 1998. Die Einkommensteuer 1998 war durch Bescheid vom … auf … DM = … EUR festgesetzt worden.

Der Einkommensteuerfestsetzung 1998 war die Feststellung des Beklagten vorausgegangen, dass der Kläger nicht erfüllte Verbindlichkeiten aus dem Jahre 1980 mit Aufgabe seines Betriebes ertragswirksam aufzulösen habe. Der Kläger hatte seinerzeit, vertreten durch einen steuerlichen Berater, gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 Einspruch eingelegt, diesen jedoch nach Erörterungen mit dem Beklagten zurückgenommen.

Am … beantragte der Kläger daraufhin Erlass der Einkommensteuerschuld 1998. Zur Begründung führte er aus, Grund für die Entstehung der Steuerschuld seien im Jahre 1980 entstandene Verbindlichkeiten, die nur deshalb so lange noch in der Bilanz für seinen Betrieb eingestellt gewesen seien, weil er nicht gewusst habe, ob die Gläubiger gegen ihn noch Ansprüche geltend machen würden. Bei Aufgabe seiner Geschäftstätigkeit im Jahre 1998, als der Kläger bereits … Jahre alt gewesen sei, habe er angenommen, dass mit seiner Inanspruchnahme nicht mehr zu rechnen sei, weshalb der Beklagte die Verbindlichkeiten gewinnerhöhend aufgelöst habe. Ob dies zu Recht geschehen sei, müsse dahinstehen. Jedenfalls habe er, der Kläger, die entsprechende Entscheidung des Finanzamtes bestandskräftig werden lassen. Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen komme aber in Betracht, weil die bei der gewinnerhöhenden Auflösung von Verbindlichkeiten angewandten Vorschriften von einem weiterhin bestehenden Unternehmen und daher von möglichen Gewinnen und Verlusten ausgingen, die es ermöglichten, die steuerlichen Konsequenzen aus der Auflösung zu verkraften. Genau dies sei aber im Falle des Klägers in Anbetracht dessen Alters und der Aufgabe seines Betriebes nicht mehr möglich. Im Wege einer Einzelfallentscheidung müsse daher dem im Einkommensteuerrecht maßgeblichen Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit durch Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen Geltung verschafft werden. Jedenfalls sei ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen auszusprechen. Der Kläger sei nicht mehr leistungsfähig, sodass ihm die Gemeinschaft auch keine Steuern mehr auferlegen könne. Soweit der Beklagte angeboten habe, dem Kläger eine langfristige, tilgungsfreie und verzinsliche Stundung gegen Sicherheitsleistung zu gewähren, könne dies nicht akzeptiert werden. Denn eine Stundung sei immer nur dann zu gewähren, wenn abzusehen sei, dass der Steuerpflichtige eines Tages wieder so leistungsfähig sein werde, dass er seine Steuerschulden begleichen könne. Hiervon könne aber im Falle des Klägers nicht ausgegangen werden. Die Überlegung des Beklagten, ein Erlass komme den Erben des Klägers zu Gute, könne nicht dazu führen, den Steueranspruch des Staates auf Jahre hinaus zu erhalten, um ihn dann gegenüber den Erben des Steuerpflichtigen durchzusetzen.

Der Beklagte lehnte den Erlassantrag des Klägers durch Entscheidung vom … ab. – Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen komme nicht in Betracht, da die vom Kläger nicht mehr angefochtene Steuerfestsetzung auf Vorschriften beruhe (§§ 16, 4 des Einkommensteuergesetzes -EStG-), die gerade Voraussetzungen und Folgen einer Betriebsaufgabe regelten, die regelmäßig am Ende einer Erwerbstätigkeit stehe und daher nicht mit weiterhin bestehenden Unternehmen in Zusammenhang zu bringen sei. Es laufe auch nicht den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, wenn beim Kläger entstandene Verluste nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Der Gesetzgeber habe entsprechende Härten, die durch Anwendung des § 10d EStG entstehen könnten, bewusst in Kauf genommen. – Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen komme nicht in Betracht, da die Existenz des Klägers nicht gefährdet sei. Diese könne durch langfristige Stundung bei gleichzeitiger Eintragung einer Sicherungshypothek bis zum Tode des Klägers auch weiterhin verhindert werden. Ein Erlass zum jetzigen Zeitpunkt könne nur den Erben des Klägers zugute kommen.

Da...

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