Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der Abzugssteuer nach § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 EStG, Betriebsausgaben, Sonderausgaben-Pauschbetrag, Grundfreibetrag, Steuersatz

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Auch bei beschränkter Steuerpflicht können Abzüge für Betriebsausgaben entgegen der gesetzlichen Regelung in § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG zulässig sein.

2) Der Sonderausgaben-Pauschbetrag nach § 10c EStG und Rückstellungen mindern die Bemessungsgrundlage für die Abzugssteuererstattung nicht.

3) Ein Grundfreibetrag steht beschränkt Steuerpflichtigen, die inländische Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielen, nicht zu. Hierin besteht kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EGV oder den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

4) Der Steuersatz nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG ist in gemeinschaftsrechtlicher und normerhaltender Weise so herabzusetzen, dass der sich jeweils ergebende progressive Steuertarif anzusetzen ist.

 

Normenkette

EStG § 49 Abs. 1, § 50 Abs. 3 S. 2, Abs. 5 S. 2 Nr. 3, § 50a Abs. 4 S. 4 EStG; HGB § 249 Abs. 1; EG-Vertrag Art. 43, 49; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 10c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.07.2011; Aktenzeichen I R 56/10)

BFH (Urteil vom 27.07.2011; Aktenzeichen I R 56/10)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Klägern ein Anspruch auf Erstattung von Abzugssteuern nach § 50 Abs. 5 i.V.m. § 50 a Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG zusteht.

Die Kläger sind Mitglieder der britischen Musikgruppe „X”. Die Musikgruppe schloss – vertreten durch ihren Manager B – am 30. März 2000 mit einer deutschen Konzertveranstalterin einen Vertrag, wonach sie in der Zeit vom 00. März bis zum 00. April 2000 für verschiedene musikalische Darbietungen in der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet wurde. Hierfür erzielten die Musiker Einnahmen i.H.v. insgesamt 164.738,68 DM. Die Betriebsausgaben betrugen dabei 161.099,63 DM. Der Konzertveranstalter als Vergütungsschuldner hatte Abzugssteuern zzgl. Solidaritätszuschlag i.H.v. insgesamt 44.259,88 DM abgeführt.

Mit Antrag vom 24. Juli 2000 (Posteingangsdatum) beantragte „X” – vertreten durch ihren Manager B – die Erstattung deutscher Abzugsteuer – einschließlich Solidaritätszuschlag – i.H.v. 48.713,91 DM nach § 50 Abs. 5 i.V.m. § 50 a Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG.

Mit Bescheid vom 11. April 2001 wurde der Erstattungsbetrag – einschließlich Solidaritätszuschlag – auf 39.276,12 DM festgesetzt, da nicht alle Belege im Original vorhanden bzw. die Aufwendungen nicht eindeutig zuzuordnen waren. Der Erstattungsbetrag wurde im Einzelnen wie folgt ermittelt:

Einnahmen

164.738,68 DM

Ausgaben

155.291,13 DM

Differenz

9.447,55 DM

Steuer (50 %)

4.723,77 DM

SolZ

259,80 DM

./. Abzugsteuer gem. § 50 a Abs. 4 EStG

41.954,17 DM

./. bereits gezahlter SolZ

2.305,52 DM

Erstattungsbetrag

39.276,12 DM

Im übrigen wurde der Antrag abgelehnt.

Gegen den zum Teil abschlägigen Erstattungsbescheid wurde fristgerecht Einspruch eingelegt. In der Einspruchsschrift vom 23. April 2001 steht in der Betreffzeile „A”, im Text wird von „Mandanten” im Plural gesprochen. Mit Einspruchsentscheidung vom 29. November 2001 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger als Empfangsbevollmächtigtem für „X” zugestellt.

Hiergegen richtet sich die von den Klägern fristgerecht erhobene Klage.

Im Laufe des Klageverfahrens ist der Bescheid für 2000 gemäß § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 EStG am 13. Mai 2004 vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils in der Rechtssache Gerritse (C-234/01) dahingehend geändert worden, dass der Erstattungsbetrag auf insgesamt 39.744,17 DM festgesetzt wurde. Dabei wurde der Gewinn i.H.v. 9.447,55 DM gleichmäßig auf die Kläger verteilt. Sodann wurde zwecks Ermittlung der Einkommensteuer bei jedem Kläger jeweils der Grundfreibetrag hinzugerechnet und von diesem Betrag ausgehend die tarifliche Einkommensteuer laut Grundtabelle angesetzt. Die sich für die einzelnen Kläger ergebende Einkommensteuer wurde addiert und als Einkommensteuer festgesetzt. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der bereits gezahlten Beträge wurde die Steuererstattung im Einzelnen wie folgt berechnet:

Einnahmen im Jahr 2000

164.738,68 DM

./. Ausgaben im Jahr 2000

155.291,13 DM

= Gewinn insgesamt

9.447,55 DM

: 5 = 1.889,51 DM

Name des

Bandmitglieds

Einkünfte

Grundfreibetrag

Summe

ESt

SolZ

C

1.889,51 DM

13.499,00 DM

15.388,51 DM

442,00 DM

24,31 DM

D

1.889,51 DM

13.499,00 DM

15.388,51 DM

442,00 DM

24,31 DM

E

1.889,51 DM

13.499,00 DM

15.388,51 DM

442,00 DM

24,31 DM

F

1.889,51 DM

13.499,00 DM

15.388,51 DM

442,00 DM

24,31 DM

G

1.889,51 DM

13.499,00 DM

15.388,51 DM

442,00 DM

24,31 DM

Summen

9.447,55 DM

2.210,00 DM

121,55 DM

Einkommensteuer

2.210,00 DM

SolZ

121,55 DM

./.

einbehaltene Steuer

41.954,17 DM

einbehaltener SolZ

2.305,52 DM

=

zu erstattende Steuer

39.744,17 DM

zu erstattender SolZ

2.183,97 DM

./.

bereits erstattete Steuer

37.230,40 DM

bereits erstatteter SolZ

2.045,72 DM

noch zu erstattende Steuer

2.513,77 DM

noch zu erstattender SolZ

138,25 DM

...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge