Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsaustausch - Umsatzsteuerliche Leistungen bei Veräußerung von Gegenständen der Besitzgesellschaft durch den vermeintlich hierzu berechtigten Konkursverwalter der Betriebsgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Wird über das Vermögen einer Betriebsgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet und veräußert deren Konkursverwalter als vermeintlich Berechtigter Gegenstände der Besitzgesellschaft im eigenen Namen, sind die Lieferungen ihm umsatzsteuerlich zuzurechnen.

2.) Die Betriebsgesellschaft, die die Verwertung der in ihrem Eigentum stehenden Gegenstände durch den Konkursverwalter der Betriebsgesellschaft durch den Verzicht auf eine tatsächlich mögliche und erfolgversprechende gerichtliche Intervention gegen Zahlung eines Anteils am Veräußerungserlös hinnimmt, erbringt eine sonstige Leistung in Gestalt einer Duldungsleistung.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 1 u 9; GmbHG §§ 32a ff.; HGB § 177 a

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Verkauf von …, die im Eigentum der Klägerin standen, umsatzsteuerrechtlich – wie der Beklagte meint – der Klägerin zuzurechnen ist, oder ob es sich insoweit um eine einem Dritten, nämlich einem Konkursverwalter, zuzurechnende Lieferung gehandelt hat, der nach Darstellung der Kläger die Geräte gegen ihren Willen veräußert hat. Für diesen Fall ist strittig, ob die Klägerin zumindest eine sonstige Leistung durch Duldung der Verkäufe erbracht hat.

Die Klägerin, eine Gesellschaft in der Rechtsform einer OHG mit den Gesellschafter-Geschäftsführern A, B und C, betrieb bis zum 31.12.1982 ein …. Mit Wirkung vom 01.01.1983 wurde diese Tätigkeit von der neu gegründeten A und D … GmbH & Co. KG (im folgenden KG) fortgeführt. An dieser KG waren neben der Komplementär-GmbH die Gesellschafter der Klägerin in gleicher Weise beteiligt. Die OHG hatte im Verhältnis zu der KG die Funktion einer Besitzgesellschaft. Deshalb sollte nach der Präambel eines am 23.12.1982 zwischen der OHG und der KG abgeschlossenen Pachtvertrags das Anlagevermögen, u. a. die als „Großgeräte” bezeichneten …, die die KG für den Betrieb ihres Gewerbes benötigte, bei der Klägerin verbleiben und der KG pachtweise zur Verfügung gestellt werden.

Die finanzielle Lage der KG verschlechterte sich nach ihrer Gründung zunehmend. Am 12.05.1989 wurde für die KG und ihre Komplementär-GmbH Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt. Noch am gleichen Tag beschloß das Amtsgericht E für die Gesellschaften die Sequestration und am 03.07.1989 die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der KG sowie der GmbH (Amtsgericht E, Aktenzeichen … und …). Die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Verpächterin der Betriebsgrundstücke sowie Großgeräte war von dem Konkurs der KG nicht unmittelbar betroffen, insbesondere fiel die Klägerin nicht auch in Konkurs. Eine mittelbare Auswirkung ergab sich jedoch aus dem Umstand, daß der vom Amtsgericht E zunächst zum Sequester und dann zum Konkursverwalter bestellte Rechtsanwalt, der Zeuge F, sofort nach seinem Amtsantritt gegenüber der Klägerin für die Masse Ansprüche aus der Überlassung von Betriebsgrundstücken und Großgeräten durch die Klägerin an die Gemeinschuldnerin ableitete und eine Verwertung dieser Wirtschaftsgüter durch ihren Verkauf anstrebte. Dabei berief sich der Sequester und spätere Konkursverwalter darauf, daß die Klägerin insoweit eine eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung an ihre Betriebsgesellschaft vorgenommen habe, die zu Wertersatzansprüchen gemäß den §§ 30 -- 32 a GmbHG i.V.m. § 177 a HGB führe. Tatsächlich wurden die Großgeräte der Klägerin unter Beteiligung des Konkursverwalters veräußert. Daran schloß sich der vorliegende Streit mit dem Finanzamt darüber an, wer bei dem Verkauf umsatzsteuerlich der leistende Unternehmer und damit Schuldner der Umsatzsteuer sei. Weiterhin kam es zu einem Zivilrechtsstreit zwischen dem Konkursverwalter einerseits sowie der Klägerin und ihren Gesellschaftern andererseits durch alle Instanzen; neben anderen Streitpunkten war Gegenstand des Verfahrens u. a. die Berechtigung der Ansprüche des Konkursverwalters aufgrund der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung der Großgeräte.

Aus den vom Gericht beigezogenen Gerichtsakten dieses Rechtsstreits (Landgericht G, …), den ebenfalls beigezogenen Konkursakten (Amtsgericht E, Aktenzeichen … und …) und den Steuerakten, die allesamt den Beteiligten zur Einsichtnahme angeboten worden sind, ergibt sich betreffend die Veräußerung der Großgeräte der folgende chronologische Geschehensablauf.

Nach dem Bericht des Sequesters vom 28.06.1989 hatte er „das gesamte auf den … nicht mehr benötigte bewegliche Anlagevermögen auf dem … zusammenfahren und zum Verkauf vorbereiten lassen”. Mit den Gesellschaftern bestehe Streit über einzelne Großgeräte. Diesbezüglich stelle sich außerdem die Frage eines Wertersatzanspruches wegen der kapitalersetzenden Sachleihe.

Der Verwalter habe mit zahlreichen Interessenten über einen Ankauf der Gegenstände verhandelt. Eine Gesamtübernahme sei bisher...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge