Entscheidungsstichwort (Thema)

Bescheinigung einer Denkmalbehörde als Grundlagenbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1) § 171 Abs. 10 AO enthält keine dahingehende Einschränkung, dass ein Grundlagenbescheid nur gegeben ist, wenn verbindliche Regelungen zu sämtlichen Tatbestandsmerkmalen einer steuerrechtlichen Norm getroffen werden. Ausreichend ist, dass zumindest ein Tatbestandsmerkmal mit Bindungswirkung geregelt wird.

2) Dass im Bescheinigungsverfahren bei einer Denkmalbehörde nicht über alle Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nach § 10f EStG zu entscheiden ist, spielt für das Vorliegen eines Grundlagenbescheids und die daraus resultierende Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO daher keine Rolle.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 10; EStG §§ 7i, 10f; AO § 175 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.02.2019; Aktenzeichen X R 17/18)

BFH (Urteil vom 19.02.2019; Aktenzeichen X R 17/18)

 

Tatbestand

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist Eigentümerin des denkmalgeschützten, eigengenutzten Mehrfamilienhauses in der Fstraße 59 in A. In 2008 entstanden der Klägerin Aufwendungen für Arbeiten an Fenstern und Türen des Objekts i.H.v. 23.004,– €, in 2009 Aufwendungen für Arbeiten eines Zimmerers i.H.v. 1.547,– € und in 2010 Aufwendungen für Schreiner- und Bedachungsarbeiten i.H.v. 3.868,– €,– an dem Objekt.

In ihren Einkommensteuererklärungen machten die Kläger keine Angaben zu Abzugsbeträgen nach § 10f EStG. Lediglich im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2008 hatten sie zunächst schriftlich angekündigt, einen Antrag auf Denkmalabschreibung stellen zu wollen. Später teilten sie mit, der Antrag werde zu einem späteren Zeitpunkt gestellt. Für die Jahre 2008 bis 2012 wurden die Kläger demgemäß ohne Berücksichtigung von Abzugsbeträgen nach § 10f EStG bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt, nämlich mit Bescheiden vom 02.08.2010 (2008), 24.02.2011 (2009), 27.06.2012 (2010), 21.08.2014 (2011) und 21.01.2014 (2012).

Mit Datum vom 21.01.2014 erging ein Bescheid des Amts für Denkmalschutz der Stadt A (Bl. 8 ff der FG-Akte). In dem Bescheid wurde der Klägerin bestätigt, dass das Gebäude Fstraße 59 in A in die Denkmalliste eingetragen ist, dass ihr Aufwendungen zur Erhaltung oder sinnvollen Nutzung ihres Baudenkmals i.H.v. 28.420,35 € entstanden sind und dass die Baumaßnahmen nach Abstimmung mit der Denkmalbehörde durchgeführt wurden. Weiterhin enthielt der Bescheid den Zusatz:

„Die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Die Finanzbehörde prüft weitere, steuerrechtliche Voraussetzungen, insbesondere die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben und die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu Anschaffungskosten, Herstellungskosten Erhaltungsaufwand oder zu nicht abziehbaren Kosten.”

Mit Schreiben vom 14.11.2014 beantragten die Kläger unter Vorlage des Bescheids der Denkmalbehörde die Änderung ihrer Einkommensteuerveranlagungen ab 2008 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO und den Ansatz von Abzugsbeträgen nach § 10f EStG. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2015 unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 25.08.2010 (12 K 12222/09, DStRE 2011, 250) ab. Die Bescheinigung der Denkmalbehörde erweise sich zwar als Grundlagenbescheid i.S. des § 175 AO, jedoch lediglich als ein unvollständiger, da er nicht alle Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung verbindlich regele, sondern die Prüfung weiterer Voraussetzungen der Finanzbehörde auferlege. Die Änderung komme nunmehr nicht in Betracht, da wegen der Bestandskraft der Bescheide weitere Ermittlungen ausgeschlossen seien.

Gegen diesen Ablehnungsbescheid richtet sich die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage, mit welcher die Kläger weiterhin die Berücksichtigung von Abzugsbeträgen nach § 10f EStG für die Jahre 2008 bis 2012 begehren. Ihrer Ansicht nach rechtfertigt die Bescheinigung der Denkmalbehörde eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO. Für die Anwendung der Norm sei es unerheblich, ob der Grundlagenbescheid nur über eine, nicht aber über alle steuerlich bedeutsamen Tatbestände entscheide. Eine Änderung sei stets möglich.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide 2008 vom 02.08.2010, 2009 vom 24.02.2011, 2010 vom 27.06.2012, 2011 vom 21.08.2014 und 2012 vom 21.01.2014 dahingehend zu ändern, dass Abzugsbeträge nach § 10f EStG in Höhe von … € in 2008 (9 % von … €), … € in 2009 (9 % von … € zuzüglich 9 % von … €) und … € in 2010, 2011 und 2012 (9 % von … € zuzüglich 9 % von … € zuzüglich 9 % von… €) berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte sieht sich aus formellen Gründen an einer Änderung der Bescheide gehindert. Eine Änderung der angefochtenen Bescheide sei nur dann möglich, wenn ein Grundlagenbescheid umfassend die Voraussetzungen f...

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