Entscheidungsstichwort (Thema)

Große Übergangsregelung bei Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nur wenn beide Ehegatten die tatsächliche Sachherrschaft in Form des (Mit-)Besitzes an der selbstgenutzten Wohnung sowohl im Grundlagen- als auch im Folgejahr im vollem Umfang gemeinsam ausüben, erwirtschaften sie die fiktiven Einkünfte in Form des Nutzungswerts gemeinsam; nur dann findet auch die große Übergangsregelung Anwendung.

2. Der Umstand, dass Bundes- und Landtagsabgeordnete nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfreie Aufwandspauschalen erhalten, rechtfertigt keinen pauschalen Werbungskostenabzug im Höhe von 1/3 der Einnahmen bei anderen Arbeitnehmern.

 

Normenkette

EStG § 52 Abs. 21 S. 2, §§ 21a, 3 Nr. 12, § 22 Nr. 4, § 9; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 21 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.11.2008; Aktenzeichen IX R 23/05)

BFH (Urteil vom 11.11.2008; Aktenzeichen IX R 23/05)

BFH (Beschluss vom 23.06.2005; Aktenzeichen IX B 131/04)

 

Tatbestand

Der Kläger und seine bis einschließlich 1990 mit ihm zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehefrau waren je zur Hälfte Miteigentümer eines im Jahre 1980 auf einem Erbbaugrundstück errichteten Zweifamilienhauses, in dem sie eine Wohnung selbst bewohnten und die andere vermietet hatten. Im Jahr 1987 übertrug die damalige Ehefrau des Klägers diesem ihren hälftigen Anteil an dem Erbbaurecht. Seit Mai 1990 lebten die nunmehr geschiedenen Eheleute dauernd getrennt. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers berücksichtigte der Beklagte gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) den Nutzungswert für die selbstgenutzte Wohnung ab dem Veranlagungszeitraum 1988 nur zur Hälfte und setzte dementsprechend auch die auf die selbstgenutzte Wohnung entfallenden Werbungskosten nur mit dem halben Betrag an. Seinem für 1988 eingelegten Rechtsmittel, mit dem der Kläger die Zurechnung des vollen Nutzungswerts sowie den ungekürzten Werbungskostenabzug begehrt hatte, gab der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 22. April 1997 IX R 73/94 (BFH/NV 1997, 653) statt. Zur Begründung seiner Auffassung führte der BFH aus, der Kläger habe sowohl im Jahr 1986 als auch in 1988 die Voraussetzungen der §§ 21 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 21 Satz 2 EStG erfüllt, weil er in beiden Jahren gemeinsam mit seiner Ehefrau die tatsächliche Sachherrschaft in Form des (Mit-) Besitzes an der selbstgenutzten Wohnung in vollem Umfang ausgeübt und die fiktiven Einkünfte in Form des Nutzungswerts erwirtschaftet habe.

Im Rahmen der daraufhin durchgeführten Änderungsveranlagungen für die Jahre 1988 bis 1993 berücksichtigte der Beklagte die auf die selbstgenutzte Wohnung entfallenden Werbungskosten unter Zurechnung des vollen Nutzungswerts bei den Einkünften des Klägers entsprechend dem BFH-Urteil in vollem Umfang. Außerdem teilte er dem Kläger unter dem 12. September 1997 mit, er – der Beklagte – „beabsichtige” nunmehr, nachdem die Rechtsbehelfsverfahren der Vorjahre abgeschlossen seien, aus der Entscheidung des BFH „… die entsprechenden Folgerungen im Hinblick auf die zunächst vorläufigen Einkommensteuerfestsetzungen 1992, 1994 sowie 1995 zu ziehen”. Dies geschah für den Veranlagungszeitraum 1992 durch bestandskräftigen Bescheid vom 06. Oktober 1997. Hinsichtlich der Einkommensteuer für die Streitjahre revidierte der Beklagte hingegen mit Anhörungsschreiben vom 31. Oktober 1997 seine zuvor geäußerte Rechtsauffassung und berücksichtigte Nutzungswert sowie Verluste aus Vermietung und Verpachtung in den aus anderen Gründen geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 26. Januar 1998 und 7. Mai 1998 nur zur Hälfte.

Ihre hiergegen gerichteten Einsprüche, mit denen die Kläger u. a. geltend machten, das BFH-Urteil vom 22. April 1997 sei auch bei der Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre zu beachten, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 17. April 1998 und 5. Oktober 1998 als unbegründet zurück. Er vertrat die Auffassung, die Kläger könnten sich weder auf die zum Veranlagungszeitraum 1988 ergangene BFH-Entscheidung vom 22. April 1997 noch auf das Vorliegen eines Vertrauenstatbestands berufen. Hierzu führte der Beklagte im Wesentlichen aus:

Der BFH habe in seinem vorgenannten Urteil die Rechtsauffassung der Kläger lediglich für das Kalenderjahr 1988 bestätigt und dabei als entscheidendes Kriterium angesehen, dass beide Eheleute sowohl in 1986 als auch im Veranlagungszeitraum 1988 unverändert die tatsächliche Sachherrschaft in Form des unmittelbaren (Mit-) Besitzes an der selbstgenutzten Wohnung innegehabt hätten. Durch die 1990 vollzogene Trennung des Klägers von seiner damaligen Ehefrau habe sich der Sachverhalt jedoch geändert mit der Folge, dass insoweit auch eine abweichende rechtliche Würdigung angezeigt sei. Der Miteigentumsanteil an einer vom Miteigentümer selbst genutzten Wohnung stehe einer „Wohnung im eigenen Haus” i. S. der §§ 21 Abs. 2, 1. Alternative, 21 a EStG gleich. Dies bedeute, dass die Frage, ob die große Übergangsregelung Anwendung finde od...

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