Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von nicht steuerbarem Schadensersatz und steuerpflichtigen Ersatzleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine einheitliche Schadensersatzzahlung ist stets daraufhin untersucht werden, welcher Schaden im Einzelnen abgegolten wird. Gegebenenfalls ist die Entschädigung aufzuteilen.

2) Soweit der Schadensersatz durch die Verletzung des Eigentumsrechts an einem Grundstück i.S.v. Art. 14 Abs. 1 GG veranlasst ist, ist ein nicht steuerbarer Schadensersatz gegeben.

3) Soweit der Schadensersatz entgangene und entgehende Mieteinnahmen kompensiert, handelt des sich um eine steuerpflichtige Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG.

4) Soweit die Zahlung den Ersatz von Finanzierungskosten betrifft, ist diese als steuerpflichtige Einnahme bei der betreffenden Einkunftsart zu erfassen.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1, § 24 Nr. 1a; GG Art. 14 Abs. 1; EStG § 2 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Behandlung einer Zahlung der Stadt A an die Klägerin in Höhe von 2.550.000 € auf der Grundlage eines Vergleichs vor dem Oberlandesgericht (OLG) B streitig.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in C, die am ….2001 gegründet wurde. Mit notariellem Kaufvertrag vom ….2001 erwarb sie ein westlich der K-Straße in A gelegenes Grundstück zu einem Kaufpreis von 1.600.000 DM (= 818.067,00 €), welches damals als Parkplatz genutzt wurde (UR-Nr. 1 des Notars D in E). Bereits bei Erwerb plante die Klägerin das Grundstück mit einem Gebäudekomplex für einen Lebensmitteldiscounter zu bebauen und sodann langfristig an die Firma F zu vermieten.

Der erste Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes … vom ….05.2001 wurde von der Stadt A am ….09.2001 abschlägig beschieden. Zwischenzeitlich hatte die Klägerin am ….06.2001 mit der Firma F einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossen. Der vereinbarte monatliche Mietzins betrug 17.601,22 €.

Am ….02.2002 beantragte die Klägerin bei der Stadt A erneut die Erteilung eines Bauvorbescheides in leicht modifizierter Form. Auch diesen Antrag lehnte die Stadt A mit Bescheid vom ….07.2002 ab, da das Vorhaben nach § 34 des Baugesetzbuches (BauGB) in dem faktischen Gewerbegebiet unzulässig sei. Am ….10.2002 erließ die Stadt A zur Sicherung der Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet, in dem auch das Grundstück der Klägerin lag, eine Veränderungssperre bis zur Bekanntmachung des Bebauungsplans (2) am ….06.2004. Nach diesem ist auch das Grundstück der Klägerin als eingeschränkt nutzbares Gewerbegebiet ausgewiesen, in dem der Betrieb von Einzelhandelsbetrieben ausgeschlossen ist.

Die von der Klägerin geführten Widerspruchs- und Klageverfahren gegen die Versagung des Bauvorbescheides vor dem Verwaltungsgericht H, dem Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalens (OVG NRW) und dem Bundesverwaltungsgericht blieben erfolglos. Allerdings stellten die Gerichte fest, dass die Klägerin bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 18.10.2002 einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides gehabt hatte. Im Einzelnen wird nur auf das Urteil des OVG NRW vom 19.08.2005 (Az. 7 A 2424/04) verwiesen (s. S. 13f. des Urteils, Vertragsakte des Beklagten).

Mit Datum vom ….08.2006 kündigte die Firma F das Mietverhältnis.

Daraufhin erhob die Klägerin gegen die Stadt A Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Verletzung von Amtspflichten gemäß § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). In der mündlichen Verhandlung vor dem OLG am 13.05.2009 (Az. 11 U 45/08) schloss die Klägerin mit der Stadt A einen Vergleich, der folgenden Inhalt hatte (s. Bl. 35ff. d. FG-Akte):

„…

1. Zugunsten der Klägerin geht der Senat dem Grunde nach von einer Amtspflichtverletzung im Sinne des § 839 BGB … aus. Unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen des § 287 BGB … nimmt der Senat des Weiteren zu Gunsten der Klägerin an, dass bei pflichtgemäßem Handeln der Beklagten und unter Berücksichtigung etwaiger Unwägbarkeiten das Mietverhältnis mit der Firma F am ….11.2002 begonnen hätte.

Dass das Vorhaben aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungspflichtig gewesen wäre, dürfte nicht anzunehmen sein. …

2. Damit dürfte der geltend gemachte Schaden dem Grund nach ansatzfähig sein. Die Beklagte ist wohl verpflichtet, die Klägerin als Geschädigte wenigstens wertmäßig so zu stellen, als wenn die Beklagte den Bauvorbescheidsantrag positiv beschieden hätte. Der ausgleichspflichtige Schaden besteht im Unterschiedsbetrag zwischen der ohne das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten eingetretenen Vermögensmehrung und der gegenwärtigen Vermögenslage des Geschädigten.

a) Soweit die Mieteinnahmen betroffen sind, dürfte es darauf ankommen, welche Mieteinnahmen die Klägerin auf der Grundlage des tatsächlich geschlossenen Mietvertrags mit der Firma F erhalten hätte.

… Es ergibt sich ein Betrag in Höhe von 1.560.857,53 €.

b) Bei den Finanzierungskosten ist ebenfalls zu differenzieren.

aa) Soweit die tatsächlichen Fina...

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