Entscheidungsstichwort (Thema)

Durch Vergleich zwischen der Erbengemeinschaft und einem Dritten bezifferte Forderung gehört zum steuerpflichtigen Nachlass

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Erblasser einer Bank bzw. einem Bankangestellten im einzelnen nicht genau bekannte Geldbeträge zur Anlage überlassen und einigen sich erst die Erbengemeinschaft und die Bank über die Höhe eines Rückforderungsanspruchs des Erblassers, so ist die Forderung nicht etwa mit Null im Zeitpunkt des Erbfalls, sondern rückwirkend mit dem im Vergleich bezifferten Betrag als steuerpflichtiger Erwerb anzusetzen.

 

Normenkette

BGB § 1922; ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 779

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.02.2008; Aktenzeichen II R 82/05)

 

Tatbestand

Streitig ist in erster Linie, ob Zahlungen einer Bank aufgrund eines von den Erben mit dieser geschlossenen Vergleichs zum Nachlass des Erblassers gehören und – bejahendenfalls – inwieweit sie dem Erbschaftserwerb der Klägerin zuzurechnen sind.

Die Klägerin ist ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des AG der Stadt H vom 7. Juni 1996 mit einer Quote von 2/3 Miterbin nach ihrem am 15. März 1996 verstorbenen Bruder Herrn O (Erblasser). Weitere Mitererben zu jeweils 1/6 sind dessen beide Halbgeschwister Frau X und Herr E.

In ihrer am 11. April 1997 bei dem Beklagten eingereichten, von allen drei Miterben unterschriebenen Erbschaftsteuererklärung gaben diese als nachlasszugehörige Vermögensgegenstände neben dem hälftigen Miteigentumsanteil an land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz mit einem Einheitswert von 1.300,– DM (1/2 = 650,– DM) und einem in der Stadt H belegenen Grundstück (Einheitswert: 23.100,– DM) Kapitalforderungen, namentlich ein Sparguthaben im Nennwert von 25.000,– DM zzgl. Zinsen i.H. von 932, – DM (insgesamt 25.932,– DM) sowie ein Girokonto mit einem Bestand von 461,81 DM an.

Hiervon ausgehend erteilte der Beklagte der Klägerin unter dem 23. Juli 1997 einen Erbschaftsteuerbescheid über 7.896,– DM, dem ein Erwerbswert von 85.859,– DM zugrunde lag. Dabei schätzte er die Steuerwerte (Bedarfswerte) des land- und forstwirtschaftlichen sowie des Grundvermögens mangels diesbezüglicher Erklärungsangaben auf das Drei- bzw. Fünffache des festgestellten Einheitswerts.

Mit gemäß §§ 173 Abs. 1 Nr. 1, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 27. Mai 1999 erhöhte der Beklagte die Erbschaftsteuer der Klägerin – nunmehr ausgehend von einem Erbanteil i.H. von 276.375,– DM – auf 43.571,– DM. Dabei berücksichtigte er zum einen den Erwerb des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sowie des in der Stadt H belegenen Grundstücks mit den inzwischen vom Finanzamt H auf 2.100,– DM (2/3-Anteil der Klägerin von ½-Anteil des Erblassers = 700,– DM) bzw. 66.000,– DM (2/3-Anteil der Klägerin = 44.000,– DM) festgestellten Grundbesitzwerten. Zum anderen bezog er – entsprechend der auf die Klägerin entfallenden 2/3-Erbquote – von dem Steuerberater der Miterben nacherklärte Zahlungen in die Bemessungsgrundlage ein, die die Kreissparkasse der Stadt I aufgrund eines am 28. Dezember 1998 geschlossenen Vergleichs i.H. von insgesamt 341.120,– DM an die Erben geleistet hatte. Die dem Beklagten übersandte Vergleichsurkunde, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird, lautet auszugsweise wie folgt:

„1. Sachverhalt

Die Kunden (Erbengemeinschaft nach Herrn O) gehen davon aus, dass der verstorbene Herr O Herrn J (Anm.: Mitarbeiter der Bank) Gelder zur Anlage gegeben hatte. Sie behaupten, daraus einen Zahlungsanspruch von mehr als DM 300.000,– gegen die KSK zu haben. Unterlagen oder andere Beweismittel/Indizien können sie nicht vorlegen. Einzelheiten zu den „Anlagebeträgen” oder einer von Herrn J versprochenen Verzinsung können sie nicht machen. Herr E bestätigt, von Herrn J am 25.06.1998 eine Rückzahlung von DM 13.000,– in bar erhalten zu haben.

2. Zusicherung

3. Vergleich

  1. Die KSK verpflichtet sich, innerhalb der nächsten zwei Wochen DM 132.520,– als Kapital zu zahlen, DM 66.260,– auf Konto …, DM 33.130,– auf Konto … und DM 33.130,– auf Konto …
  2. KSK verpflichtet sich, innerhalb der nächsten zwei Wochen DM 195.600,– als Zinsen zu zahlen, DM 97.800,– auf das Konto …, DM 48.900,– auf das Konto … und DM 48.900,– auf das Konto …
  3. Parteien sind sich darüber einig, dass nach Zahlung der unter a) und b) genannten Beträge sämtliche Ansprüche und Rechte im Zusammenhang mit dem oben zugesicherten Sachverhalt endgültig erledigt sind. … Die obige Aufteilung entspricht nicht dem Erbschein; dies ist ausdrücklicher Wille der Unterzeichner”

Einem weiteren Schreiben des Steuerberaters des Miterben Herrn E war eine fiktive Berechnung der in der Zeit von 1981 bis zum Abschluss des Vergleichs in 1998 angefallenen Zinsen i.H. von insgesamt 195.606,– DM beigefügt. Wegen der quartalsweisen Aufgliederung dieses Betrags und der Zuordnung zu den einzelnen Kapitalforderungen wird auf den Inhalt der Berechnung Bezug genommen.

Gegen den geänderten Erbschaftsteuerbescheid wandte die Klägerin im Einspruchsverfahren zunächst ein, der bei der ursprü...

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