Entscheidungsstichwort (Thema)

Neue Tatsache bei Zuständigkeit des Sachbearbeiters sowohl für GmbH als auch für dessen Gesellschafter-Geschäftsführer

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung eines Gesellschafter-Geschäftsführers sind dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamtes der Inhalt der GmbH-Steuerakten nicht i.S. des § 173 AO bekannt, auch wenn er zugleich für die GmbH zuständig ist.

2) Der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist jedenfalls dann zu kürzen, wenn er nicht aufgrund von ausschließlich eigenen Beitragsleistungen den Pensionsanspruch erworben hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 173 Abs. 1 Sätze 1, 1 Nr. 1; EStG § 10 Abs. 3, 3 Nrn. 2, 2 Sätze 2, 2 Buchst. a, § 10c Abs. 3, § 10 c Abs. 3 Nr. 2; AO 1977 § 173 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2005; Aktenzeichen XI R 29/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der nachträglichen Kürzung des Vorwegabzugs bei den Vorsorgeaufwendungen.

Der am …1947 geborene Kläger war in 1995 neben dem am …1949 geborenen Herrn I zu 50% an der L-GmbH beteiligt. Der Kläger sowie Herr I waren gleichzeitig Geschäftsführer der Gesellschaft. Beiden Geschäftsführern wurde unter § 10 des Anstellungsvertrags vom 06.01.1992 folgende gleichlautende Versorgungszusage erteilt.

„Unabhängig vom Fall der Arbeitsunfähigkeit erhält der Geschäftsführer ab Vollendung des 65. Lebensjahres oder, wenn das Anstellungsverhältnis im Sinne von § 1 dieses Vertrages über die Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus fortgesetzt wird, ab Beendigung des Anstellungsverhältnisses ein Ruhegehalt von DM 4.000 monatlich. Die genauen Bedingungen dieser Altersversorgung werden in einer separaten Pensionszusage vereinbart. Im Falle des Ablebens des Geschäftsführers erhält seine Witwe auf Lebzeit eine Rente von 60 vom Hundert des Betrages, den der Geschäftsführer selbst erhalten würde. (Die Klägerin wurde am …1950 und die Frau des Mitgesellschafters I am …1953 geboren.) Verstirbt der Geschäftsführer vor Vollendung des 65. Lebensjahres, gilt Abs. 2 analog.”

Aufgrund der Pensionszusage erhöhte die L GmbH nach einem versicherungsmathematischen Gutachten des H Konzerns in 1995 die Pensionsrückstellung für den Kläger um DM 20.936 und für den Mitgesellschafter I um DM 17.030.

In der am 08.10.1996 eingereichten Einkommensteuererklärung 1995 erklärte der Kläger Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer in Höhe von DM 97.500. Weiter gab er im Sachbereich 87, Zeile 29 der Anlage N an, dass für ihn als Gesellschaftergeschäftsführer 1995 keine gesetzliche Rentenversicherungspflicht und auch keine Anwartschaft auf Altersversorgung oder eine Anwartschaft nur aufgrund eigener Beitragsleistungen aus dieser Tätigkeit bestand. Daraufhin unterblieb eine Kürzung des Vorwegabzugs bei den Vorsorgeaufwendungen. Der veranlagende Sachbearbeiter des Beklagten war ebenfalls für die L-GmbH und die L GmbH & Co.KG – die Betriebsgesellschaft – zuständig. Im Zeitpunkt der Veranlagung befand sich der o.g. Anstellungsvertrag des Klägers in den Steuerakten der L-GmbH. Denn der Beklagte bat in der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 1994 um Übersendung der Tantiemevereinbarung, was durch Einreichen des Geschäftsführervertrages mit Schreiben vom 30.08.1995 geschah.

Nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung 1995 mit Bescheid vom 25.03.1999 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der AbgabenordnungAO – und kürzte den Vorwegabzug bei den Vorsorgeaufwendungen um DM 12.000 auf DM 0.

Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos. Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die Aufhebung des Einkommensteueränderungsbescheides 1995.

Sie sind der Ansicht, dass die Pensionszusage der L-GmbH keine neue Tatsache sei, was eine Änderung des Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ausschließe. Dies ergebe sich aufgrund der unstreitigen Tatsache, dass für L-GmbH und die Kläger der selbe Sachbearbeiter des Beklagten zuständig gewesen sei und man diesem am 30.08.1995 den Geschäftsführervertrag eingereicht habe.

Daneben sind die Kläger der Ansicht, dass die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 16.10.2002 (Az.: XI R 25/01, BFH/NV 2003, 252) auf den vorliegenden Fall anzuwenden sei. Dies ergebe sich daraus, dass keine isolierte Betrachtung der jährlichen Zuführung zur Pensionsrückstellung erfolgen könne. Vielmehr läge nach wirtschaftlicher Betrachtung eine vergleichbare Situation wie beim entschiedenen Fall des Alleingesellschaftergeschäftsführers vor, denn auch bei der L-GmbH könnten Entscheidungen nur einheitlich bzw. einstimmig getroffen werden.

Der angefochtene Bescheid wurde im Klageverfahren wegen der Steuerfreistellung des Existenzminimums der Kinder (§ 53 EStG) mit Bescheid vom 30.10.2000 geändert.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 30.10.2000 dahingehend zu ändern, dass weitere Versicherungsbeiträge von DM 12.000 als Sonderausgaben abgezogen werden

sowie hilfsweise die Revis...

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