Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung eines Bürogebäudes als Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Frage, ob ein Unternehmen oder ein gesondert geführter Betrieb im Ganzen nicht steuerbar übereignet wird, kann nur unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie entschieden werden.

2) Ob eine Grundstücksveräußerung eine Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellt, richtet sich danach, ob der Veräußerer die jeweils materiellen und ggf. immateriellen Bestandteile veräußert, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Entscheidend ist der Zustand des Unternehmens im Übergabezeitpunkt.

3) Der Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG steht nicht entgegen, wenn einzelne Wirtschaftsgüter nicht übertragen werden.

4) Die Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG setzt nicht voraus, dass eine solche Gegenstand des Veräußerungsvertrags ist.

5) Die Veräußerung eines Bürogebäudes eines Unternehmens mit dem Unternehmensgegenstand "Vermietung von Büroraum" kann eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG darstellen.

 

Normenkette

UStG § 15a Abs. 4, 6a S. 1, § 1 Abs. 1a, § 15a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.04.2009; Aktenzeichen V R 4/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG im Streitjahr – 1998 –.

Die Klägerin errichtete auf dem Grundstück S-Str. in X ein Gebäude für rund 1,24 Mio. DM und machte hieraus – nachdem sie zur Umsatzsteuer optiert hatte – Vorsteuern in Höhe von 184.301,52 DM geltend. Dabei richtete sie die Räumlichkeiten komplett jeweils mit Büromöbeln aus; diese stellte die Fa. C der Klägerin am 31.08.1994 mit insgesamt 146.956 DM in Rechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Rechnung Bezug genommen. Die Gesamtnutzfläche des Objekts betrug 974 qm.

Ab September 1994 vermietete die Klägerin die Räumlichkeiten als möblierte Büroräumlichkeiten umsatzsteuerpflichtig an verschiedene Mieter. In den Akten befinden sich Mietverträge mit der … GmbH, der … GmbH, der … GmbH, der … GmbH und der L GmbH. Weitere Mietverträge bestanden mit der B GmbH, der … und der … GmbH. In den Verträgen heißt es u.a.: „Das Bürogebäude ist komplett neu für … – es folgt die Angabe unterschiedlicher Zahlen – Arbeitsplätze möbliert”. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Mietverträge Bezug genommen.

In den Jahren 1995 bis 1998 fielen die Mieter … GmbH, … GmbH, … und … GmbH aufgrund von Insolvenzen und Vertragsbeendigungen als Mieter aus. Bemühungen der Klägerin um Nachmieter schlugen fehl. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 deklarierte die Klägerin einen Verlust aus der Vermietung des streitgegenständlichen Objekts in Höhe von 54.727 DM. Die Mieteinnahmen in Höhe von 64.954 DM setzten sich dabei wie folgt zusammen:

… GmbH:

2.400 DM;

B:

42.230,50 DM (für 349,36 qm);

L

20.322,71 DM (für 124,18 qm).

Dem standen Werbungskosten in Höhe von 119.681 DM gegenüber. Im Vorjahr hatte der Verlust 174.473 DM betragen (Einnahmen: 80.713; Werbungskosten: 174.473 DM).

Mit notariellem Vertrag vom 7. Juli 1998 veräußerte die Klägerin das streitgegenständliche Grundstück für 810.000 DM – ohne Umsatzsteuer – an die Beigeladene. Unter Ziff. 3 b des Vertrages ist festgehalten, dass ein Mietverhältnis mit dem Mieter L bestehe, der jedoch zum 31.7.1998 gekündigt habe. Das gekündigte Mietverhältnis werde von der Käuferin nicht übernommen. Die Klägerin garantiere, dass der Mieter das Objekt zum 10. August 1998 räumt. In Ziff. 3 c des Vertrages ist bestimmt, dass die Erwerberin das Mietverhältnis mit der Firma B GmbH mit allen Rechten und Pflichten übernehme. Ziff. 2 b des Vertrages bestimmt die Fälligkeit des Kaufpreises, die nicht vor der Räumung des Objekts durch den Mieter L eintritt. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Vertragsurkunde Bezug genommen.

Zuvor hatte die Klägerin der Fa. L mit Vertrag vom 22. Juni 1998 diverse Büroeinrichtungen zum Preis von 9.920 DM (netto) verkauft; am selben Tag hatte sie der Firma B GmbH Büroeinrichtung zum Preis von 4.600 DM verkauft.

Die Beigeladene vermietete die linke Seite des Gebäudes mit Mietvertrag vom 31. August 1998 an die U GmbH & Co. KG zum Mietzins einschließlich Nebenkosten in Höhe von monatlich 5.800 DM. Über das rechte Erdgeschoss schloss sie am 14. Oktober 1998 mit der B GmbH einen eigenständigen, seit dem 1. August 1998 geltenden Mietvertrag. Der Mietzins einschließlich Nebenkosten betrug 3.650 DM. Beide Vermietungen erfolgten umsatzsteuerfrei. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieser Verträge Bezug genommen.

Mit Vertrag vom 4. April 2000 verkaufte die Klägerin Büroeinrichtungen, die aus dem streitgegenständlichen Objekt stammen, zum Preis von 45.000 DM zzgl. U...

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