Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Differenzkindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Ermittlung von sog. "Differenzkindergeld" erfolgt anhand einer Gesamtbetrachtung aller kindergeldberechtigten Kinder, nicht anhand einer Einzelbetrachtung für jedes Kind.

 

Normenkette

EStG § 62; EG-VO 883/2004 Art. 68

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.09.2016; Aktenzeichen V R 13/16)

BFH (Urteil vom 21.09.2016; Aktenzeichen V R 13/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Ermittlung von sog. „Differenzkindergeld” eine Einzelbetrachtung für jedes Kind oder eine Gesamtbetrachtung aller kinder-geldberechtigten Kinder zu erfolgen hat.

Die Klägerin hat 6 Kinder: 1 (geb. 1993), 2 (geb. 1995), 3 (geb. 1998), 4 (geb. 2009), 5 (geb. 2003) und 6 (geb. ….2006). Sämtliche Kinder gingen im Streitzeitraum zur Schule. Der Ehemann der Klägerin arbeitet seit 2009 ausschließlich in Belgien. Die Klägerin lebt mit den Kindern in Deutschland und ist nicht erwerbstätig.

Mit Bescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte für das älteste Kind I Differenzkindergeld i.H. von 78,48 € gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vorläufig fest. Der Vorläufigkeitsvermerk erfolgte bis zur Vorlage einer Bescheinigung über die in Belgien zustehenden Familienleistungen. Bei seiner als Anlage zum Bescheid beigefügten Berechnung des vorläufigen Differenzkindergeldes ermittelte die Beklagte die Differenzbeträge für jedes Kind einzeln. Hierbei ergab sich nur für I ein gegenüber den belgischen Familienleistungen um 78,48 € höheres deutsches Kindergeld. Für die übrigen Kinder waren die jeweiligen belgischen Familienleistungen höher. Nachdem bei der Beklagten eine Bescheinigung über die belgischen Familienleistungen einging, hob diese die Festsetzung des Differenzkindergeldes mit Bescheid vom 26.04.2012 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab Mai 2010 auf und forderte mit zeitgleichem Bescheid das gezahlte Differenzkindergeld für den Zeitraum Mai 2010 bis April 2012 i.H. von 1.883.52 € nach § 37 Abs. 2 der AO zurück. Dies begründete die Beklagte mit dem Inkrafttreten des Art. 68 Abs. 1 der EG-VO Nr. 883/2004. Bei der Ermittlung des Differenzkindergeldes stellte die Beklagte den belgischen Gesamtfamilienleistungen für alle Kinder i.H. von monatlich 1.328,03 € die deutschen Kindergeldansprüche i.H. von monatlich 1.203,00 € gegenüber.

Den hiergegen am 09.05.2012 erhobenen Einspruch wies die Beklagte mit Entscheidung vom 27.02.2013 zurück. Dies begründete sie damit, dass nach dem Inkrafttreten der EG-VO 883/2004 zum 01.05.2010 für die Frage der Berechnung des Differenzkindergeldes (Kindergeldunterschiedsbetrages) nicht mehr die Beträge pro Kind gegenübergestellt würden, sondern der jeweils zu zahlende Gesamtbetrag des Kindergeldes.

Mit der hiergegen am 25.03.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass stets das Differenzkindergeld pro Kopf berechnet worden sei und in Belgien auch immer noch so berechnet werde. Sie habe mithin zumindest bis zur Bekanntgabe des Bescheides vom 26.04.2012 hierauf vertrauen dürfen, was eine Rückforderung ausschließe. Für die Kopfbetrachtung spreche auch, dass es sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften beim Kindergeld um Unterhalt des Kindes handele, weshalb die Beklagte auch nicht passiv legitimiert sei. Daneben sei die erhöhte Kindergeldleistung auch gerechtfertigt, da der Vater durch seine Beschäftigung im EU-Ausland einen höheren Aufwand habe und auch weniger zur Betreuung und Versorgung des Kindes verfügbar sei.

Die Klägerin beantragt,

die Aufhebung der Festsetzung von Kindergeld ab Mai 2010 (in Höhe von 78,00 € zu Gunsten des ältesten Kindes I) sowie der Bescheid zur Rückforderung angeblicher Zuvielzahlung im Zeitraum Mai 2010 bis April 2012 (24 × 78,00 €) vom 26. April 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2013 (zugegangen am 8. März 2013) wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf ihre Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend verweist sie auf die ab Mai 2010 gültige Durchführungsanweisung zum über- und zwischenstaatlichen Recht (DAüzV). Nach DA 214.6 sei bei der Berechnung des Differenzkindergeldes der in Deutschland zu zahlende Gesamtbetrag im jeweiligen Monat dem Gesamtbetrag der im anderen Staat für dieselben Kinder für denselben Monat zustehenden Familienleistungen gegenüberzustellen.

Hinsichtlich der Beträge im Einzelnen wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf die Bescheinigung der belgischen Familienleistungen durch das Office national d´allocations familiales pour travailleurs salariés vom 06.12.2011, Blatt 157-158 der Kindergeldakte verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Festsetzung des Differenzkindergeldes ab Mai 2010 aufgehoben und das überzahlte Kindergeld bis April 2012 i.H. von 1.883,52 € zurückgefordert.

I.

Denn die Klägerin hat im Streitzeitraum keinen Anspruch auf deutsches Differenzkindergeld. Ihr grundsätzlich bestehender Kindergeld...

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