Entscheidungsstichwort (Thema)

Wert von Gattungsverschaffungsvermächtnissen

 

Leitsatz (redaktionell)

Gattungsverschaffungsvermächtnisse sind bei der Erbschaftsteuerfestsetzung mit dem gemeinen Wert zu berücksichtigen.

 

Normenkette

ErbStG § 12 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen II R 25/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das zugunsten des – im Laufe des Klageverfahrens verstorbenen – Sohnes der Kläger ausgesetzte Verschaffungsvermächtnis bei seiner Erbschaftsteuerveranlagung mit dem gemeinen Wert oder mit dem Steuerwert des Grundstücks anzusetzen ist, auf dessen Erwerb sich der Vermächtnisanspruch bezieht.

Der am …1998 verstorbene … (Erblasser) – nach eigenen Angaben der Onkel des mittlerweile verstorbenen … (Sohn der Kläger) – hatte in seinem privatschriftlichen Testament vom … 1998 unter anderem bestimmt, dass sein „Neffe” – … – aus seinem, des Erblassers, Geld- bzw. Wertpapiervermögen einen Betrag i.H. von 50.000,– DM erhalten solle. Das verbleibende Geld- und Wertpapiervermögen sowie alle übrigen Nachlassgegenstände mit Ausnahme der Immobilien sollten seiner Schwester … – der Tante des Herrn … – und im Falle ihres Todes diesem zukommen.

Frau … hatte in ihrer am … 1998 eingereichten Erbschaftsteuererklärung als Vermächtnisnehmer Herrn … mit einem Erwerb i.H. von 50.000,– DM angegeben. Mit Schreiben vom … 1998 teilte sie dem Beklagten ergänzend mit, der Erblasser habe ihr im Krankenhaus wenige Tage vor seinem Tod aufgetragen, für Herrn … aus den Mitteln des Nachlasses eine Eigentumswohnung im Wert zwischen 250.000,– und 300.000,– DM zu kaufen. Sie solle diese Wohnung im Einvernehmen mit Herrn … aussuchen, wobei die Letztentscheidungsbefugnis bei ihr liegen solle. Er habe die Anordnung noch in sein Testament aufnehmen wollen und sie für den Fall, dass ihm dies nicht mehr gelingen würde, gebeten, die mündliche Erklärung seines letzten Willens, über den er auch Herrn … … unterrichtet habe, zu bezeugen. Da sie beabsichtige, den Wünschen des Erblassers zu entsprechen, aber bis jetzt noch kein geeignetes Objekt gefunden habe, beantrage sie, den – noch ausstehenden – Erbschaftsteuerbescheid hinsichtlich eines Teilbetrags von 300.000,– DM gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig zu erteilen.

Ungeachtet dessen setzte der Beklagte ausgehend von der am … 1998 eingereichten Erbschaftsteuererklärung der Frau … mit Bescheid vom … 1998 unter Zugrundelegung eines Vermächtniserwerbs im Wert von 50.000,– DM nach Abzug des persönlichen Freibetrags nach Steuerklasse II (20.000,– DM) Erbschaftsteuer i.H. von 3.600,– DM gegen den Kläger fest.

Am … 1999 ging bei dem Beklagten eine beglaubigte Abschrift des notariellen Vertrags (Urk.-Nr. 2425/1999 des Notars … …, …) vom … 1999 ein, mit dem Frau Dorothea … als Alleineigentümerin Herrn … … eine in … belegene Eigentumswohnung übertragen hatte. Den der Kostenberechnung zugrunde gelegten Wert dieser Wohnung bezifferte der Notar in seinem Begleitschreiben vom … 1999 mit 251.000,– DM. Unter Gliederungspunkt 4 der notariellen Urkunde war als „Rechtsgrund der Übergabe” auszugsweise folgendes niedergelegt:

„Frau … verwirklicht durch die Übergabe den letzten Willen ihres Bruders, Herrn … Herr … verstarb am … 1998 im Krankenhaus der Universitätsklinik in … … Kurz vor seinem Tode hat Herr … sich entschlossen, Herrn … eine Eigentumswohnung im Wert von etwa 250.000,– DM zu vermachen. Hierbei war es ihm wichtig, dass Herrn … kein Bargeld, sondern nur die Immobilie übergeben wird. Herr … teilte dies als seinen letzten Willen Herrn … und Frau … mit, um beide zu verpflichten, diesen Willen bei der Umsetzung seines Testaments auch dann zu befolgen, wenn es ihm nicht mehr möglich sein sollte, ihn schriftlich zu fixieren.”

Nachdem Herr … … auf wiederholte Aufforderung des Beklagten eine vereinfachte Erbschaftsteuererklärung übersandt hatte, in der das Verwandtschaftsverhältnis des Erwerbers zum Erblasser mit „Cousin meines Vaters” bezeichnet war, erließ der Beklagte unter dem … 2000 einen auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheid, in dem er die Erbschaftsteuer des Herrn … … nunmehr ausgehend von einem Erwerbswert i.H. von 297.858,– DM (= 50.000,– DM Barvermächtnis + 251.000,– DM Kaufpreis Wohnung ./. 3.142,– DM erklärte Notar- und Grundbuchkosten) auf 47.226,– DM erhöhte.

Den hiergegen gerichteten Einspruch des Herrn … …, mit dem dieser begehrte, der Erbschaftsteuerfestsetzung den mit – gerundet – 108.000,– DM bezifferten Bedarfswert der Eigentumswohnung zugrunde zu legen, wies der Beklagte mit Rechtsbehelfsentscheidung vom … 2001, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Dabei hielt er an seiner Auffassung fest, dass der Einspruchsführer in Bezug auf die Eigentumswohnung einen Anspruch aus einem Verschaffungsvermächtnis (§§ 2169 Abs. 1, 2170 BGB) und somit einen Sachleistungsanspruch erworben habe, der in Anlehnung an die auch für den vorliegenden Sachverhalt einschlägige Rechtsprechung zum Kaufrechtsvermächtnis (BFH-Ur...

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