Entscheidungsstichwort (Thema)

Geldschenkung versus mittelbarer Grundstücksschenkung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist im Rahmen einer Schenkungsabrede ein zu erwerbendes Grundstücksobjekt nicht bereits exakt individualisiert, sondern vom Schenker lediglich verbindlich festgelegt, dass es in einer bestimmten politischen Gemeinde oder deren "näherer Umgebung" belegen sein muss, liegt eine Geldschenkung und keine mittelbare Grundstücksschenkung vor.

 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob und inwieweit die – dem Grunde nach unstreitig – gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung der Mutter der Klägerin an diese eine mit dem Bedarfswert (§ 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. §§ 138 ff des BewertungsgesetzesBewG) anzusetzende mittelbare Grundstücksschenkung darstellt oder ob eine mit dem Nennwert des hingegebenen Geldbetrags (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG) zu erfassende Geldschenkung anzunehmen ist.

Unter dem 3. März 2004 ließen die Klägerin H und ihre mittlerweile verstorbene Mutter, Frau L, einen ausdrücklich als „mittelbare Grundstücksschenkung” bezeichneten Vertrag (Urk.-Nr. … B der in E amtsansässigen Notarin D) beurkunden, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

1. Schenkungsversprechen

Frau L verpflichtet sich hiermit, ihrer Tochter, Frau H, einen Barbetrag in Höhe von 240.000 EURO … zu schenken.

2. Verwendungsabrede

2.1. Diese Zuwendung erfolgt zweckgebunden zum Erwerb oder teilweisen Erwerb einer Eigentumswohnung von ca. 130 qm in C oder näherer Umgebung allein oder gemeinsam mit ihrem Ehemann Herrn H.

2.2. Frau H hat den zugewendeten Geldbetrag ausschließlich zur Zahlung des Kaufpreises zum Erwerb einer Eigentumswohnung und der hierbei anfallenden Nebenkosten zu verwenden. Ein Anspruch auf anderweitige Mittelverwendung besteht nicht.

3. Fälligkeit

Frau L verpflichtet sich, den Betrag auf das Konto von Frau H bei der Bank E, Kontonummer …, zu zahlen.

4. Rückforderungsrecht

4.1. Frau L hat das Recht, die Rückforderung des noch zu erwerbenden Grundbesitzes bzw. die Rückzahlung des vorgenannten Betrags, solange der Grundbesitz noch nicht erworben ist, an sich zu verlangen, wenn

  • • …
  • • eine entsprechende Eigentumswohnung durch Frau H innerhalb von 12 Monaten nicht erworben wurde

Das Rückforderungsrecht erlischt mit dem Tod der Frau L.

Frau L hat das Recht, ihren Rückforderungsanspruch jederzeit durch Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch des noch zu erwerbenden Grundstücks absichern zu lassen. …

5. Annahme

Frau H nimmt die Zuwendung einschließlich der Zweckbestimmung und der Rückforderungsrechte an.

7. Hinweise

7.1. Die Notarin hat darauf hingewiesen, dass eine mittelbare Grundstücksschenkung nur dann vorliegt, wenn zwischen der Bereitstellung der Mittel und dem Erwerb des Grundstücks ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.

Ausweislich der zu den Steuerakten gereichten Bankbelege (Kontoauszug „Monatsübersicht … Konto”) wurde dem Konto der Klägerin bei der Bank E – wie im Notarvertrag vereinbart – am 8. März 2004 der von ihrer Mutter überwiesene Betrag i.H. von 240.000 EURO gutgeschrieben.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 10. September 2004 erwarb die Klägerin eine 97,88 qm große Eigentumswohnung in der M-Straße 1 (4. Geschoss links) in C zu einem Kaufpreis von 145.000 EURO. Die von der Klägerin erworbene Wohnung befindet sich in demselben Gebäude wie die von ihr bis dahin als Mieterin bewohnte Wohnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der notariellen Urkunde Nr. … des in C amtsansässigen Notars F Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 11. April 2007 setzte der Beklagte ausgehend von einem mit 240.000 EURO bezifferten Wert des Erwerbs „aus der Schenkung der Frau L … vom 03.03.2004” Schenkungsteuer i.H. von 2.450 Euro gegen die Klägerin fest. Zur Begründung führte er unter Hinweis auf R 16 Abs. 1 Satz 1 der Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2003 aus: Der Erwerb sei nicht als mittelbare Grundstücksschenkung zu besteuern. Die Hingabe von Geld zum Erwerb eines Grundstücks könne als Schenkung von Grundbesitz anzusehen sein, wenn dem Bedachten nach dem erkennbaren Willen des Zuwendenden im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ein bestimmtes Grundstück oder Gebäude verschafft werden solle. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, da im Notarvertrag vom 3. März 2004 nicht der Erwerb eines bestimmten Grundstücks, sondern der einer beliebigen, lediglich hinsichtlich ihrer Belegenheit in C oder – begrifflich dehnbar – „näherer Umgebung” eingeschränkten Eigentumswohnung vereinbart worden sei. Nach R 16 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2003 sei in der Hingabe von Geld zum Erwerb eines Grundstücks eine Geldschenkung unter Auflage zu sehen, wenn der Schenker dem Beschenkten gegenüber lediglich zum Ausdruck bringe, dass dieser für den zugewendeten Geldbetrag ein Grundstück kaufen solle, ohne dass dabei schon feststehe, um welches Grundstück es sich genau handele.

Auf den Einspruch der Klägerin, mi...

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