Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Klage; Klagebefugnis; gemeinsame Veranlagung von Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für eine Anfechtung einer ggü. Eheleuten als Einspruchsführer und Inhaltsadressaten ergangenen Einspruchsentscheidung durch beide Ehegatten ist erforderlich, dass diese in der Klageschrift als Kläger aufgeführt werden. Bei Unklarheiten hat eine Auslegung durch das Gericht stattzufinden, die grundsätzlich wohlwollend und rechtsschutzgewährend zu betreiben ist.

2. Die Gesamtschuldnerschaft folgt dabei aus § 44 Abs. 1 AO i.V.m. den Vorschriften zur einkommensteuerlichen Zusammenveranlagung. Dabei ist es unerheblich, dass es sich bei den streitigen Einkünften um solche des Ehemannes als Kläger handelt.

 

Normenkette

EStG § 26; AO § 44 Abs. 1; FGO § 40 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen VIII R 16/20)

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist vorrangig, ob eine ausschließlich von einem Ehegatten erhobene Klage gegen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016 in denen der Kläger mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, zulässig ist. In materieller Hinsicht ist die Besteuerung von Zahlungen einer schweizerischen Aktiengesellschaft an den Kläger streitig.

Der Kläger ist Steuerberater und erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Renteneinkünfte. Die Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Form von Versorgungsbezügen.

Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 2013 wurden für den Kläger und seine Ehefrau mit Bescheid vom 1. September 2016 die Besteuerungsgrundlagen unter Anwendung des Splittingtarifs (Zusammenveranlagung) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN; § 164 der AbgabenordnungAO) geschätzt. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug 26.235 €; die Zahllast nach der Anrechnung von Lohnsteuer und Abrechnung von Vorauszahlungen betrug 16.877 €. Mit Bescheid vom 23. März 2017 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Die Einkommensteuer 2014 wurde mangels Erklärungsabgabe ebenfalls mit Bescheid vom 1. September 2016 unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Wege der Zusammenveranlagung (Splittingtarif) festgesetzt; bei einer festgesetzten Einkommensteuer von 30.595 € betrug die Zahllast 21.143 €. Mit Bescheid vom 14. März 2017 wurde der Vorbehalt aufgehoben.

Die Einkommensteuer 2015 wurde mangels Erklärungsabgabe mit Bescheid vom 23. März 2017 (ohne Vorbehalt der Nachprüfung) im Schätzungswege mit 34.198 € bei einer Zahllast von 24.721 € festgesetzt.

Die Einkommensteuer 2016 wurde nach Erklärungsabgabe (mit Wahl der Zusammenveranlagung) mit Bescheid vom 24. Januar 2018 i.H.v. 5.451 € festgesetzt (Splittingtarif); nach Anrechnung von Steuern und Abrechnung von Vorauszahlungen verblieb ein Erstattungsanspruch von 4.498 € zugunsten des Klägers und seiner Ehefrau, der ausgezahlt worden ist.

Gegen den VdN-Aufhebungsbescheid vom 23. März 2017 zur Einkommensteuer 2013 legten der Kläger und seine Ehefrau in einem von Beiden unterschriebenen Schreiben fristgerecht im April 2017 Einspruch ein. Im Mai 2017 übersandten sie eine Einkommensteuererklärung für 2013, in welcher sie eine Zusammenveranlagung wählten. Unter dem 2. Oktober 2017 erließ der Beklagte nach Erörterung einen Teilabhilfebescheid, in welchem er die Einkommensteuer 2013 mit 27.081 € festsetzte. Ein nach An- und Abrechnung verbleibendes Guthaben (i.H.v. 133 €) wurde mit anderen (im gleichen Bescheid festgesetzten) Steuerforderungen gegenüber beiden Steuerpflichtigen verrechnet. In der Folgezeit erweiterten der Kläger und seine Ehefrau den Einspruch für das Jahr 2013 (und auch die Folgejahren – siehe nachfolgende Schilderung) wegen der Behandlung von Auszahlungen aus einer schweizerischen Aktiengesellschaft, bei denen es sich nach klägerischer Auffassung um nicht steuerbare Zahlungen aus einer Kapitalrücklage (Einlagen) handele.

In gleicher Weise gingen der Kläger und seine Ehefrau (die das Einspruchsschreiben mit unterzeichnete) gegen den VdN-Aufhebungsbescheid vom 14. März 2017 zur Einkommensteuer 2014 vor. Nach Erklärungsabgabe (im Mai 2017) und Wahl der Zusammenveranlagung erging unter dem 2. Oktober 2017 ein Teilabhilfebescheid mit einer nun festgesetzten Einkommensteuer von 21.539 € und einem ausgezahlten Erstattungsguthaben von 9.907 €. In der Folgezeit wurde auch hier der Streit im Einspruchsverfahren um die Behandlung von Zahlungen der schweizerischen Aktiengesellschaft erweitert.

Gegen die erstmalige (endgültige) Einkommensteuerfestsetzung 2015 (vom 23. März 2017) legten der Kläger und seine Ehefrau fristgerecht Einspruch ein. Nach Erklärungsabgabe im Mai 2015 mit Wahl der Zusammenveranlagung erging unter dem 2. Oktober 2017 ein Teilabhilfebescheid mit einer nun festgesetzten Einkommensteuer von 17.132 € und einem Erstattungsanspruch von 18.232 €; den Klägern wurde der Betrag ausgezahlt. In der Folgezeit wurde auch hier der Streit im Einspruchsverfahren um die Behan...

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