Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer 1989

 

Tenor

Die Sache wird dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 177 Abs. 2 EWGV zur Vorabentscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:

Entspricht es den in Art. 31 Abs. 1 Buchst. c – insbesondere aa – und d der Vierten Richtlinie vom 25.7.1978 (78/660/EWG; ABl. EG Nr. L 222 vom 14.8.1978, S. 11) getroffenen Regelungen, nach denen

  • einerseits nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne auszuweisen sind,
  • andererseits Ertrage für das Geschäftsjahr, auf das sich der Jahresabschluß bezieht, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Einnahme dieser Ertrage berücksichtigt werden müssen,

wenn ein unter der Bedingung ausreichenden ausschüttungsfähigen Gewinns stehender Ausschüttungsanspruch aufgrund von Genußscheinen phasengleich mit dem Gewinnausweis bei dem ausschüttenden Unternehmen aktiviert wird, auch wenn die Ausschüttung erst einen Bankarbeitstag nach der Hauptversammlung des ausschüttenden Unternehmens fällig wird, in der über die Gewinnverwendung des vorangegangenen Geschäftsjahres beschlossen wird?

 

Tatbestand

A.

I. Sach- und Streitstand

Klägerin ist die …. In 1991 hat bei ihr eine Betriebsprüfung stattgefunden. Sie umfaßte die Jahre 1985 bis 1989. Hierbei wurde u. a. festgestellt, daß die Klägerin im Oktober 1986 Genußscheine der … im Nominalwert von DM … zu einem Anschaffungskurs von … erworben hatte. Sie waren im Zeitpunkt der Anschaffung und an den Bilanzstichtagen des Prüfungszeitraums zutreffend mit den Anschaffungskosten aktiviert.

Nach den Genußschein-Bedingungen beträgt die jährliche Ausschüttung … v. H. des Genußrechtskapitals, soweit durch die Ausschüttung bei der … kein Bilanzverlust entsteht. Die Ausschüttungen sind jeweils einen Bankarbeitstag nach der Generalversammlung fällig, die über die Gewinnverwendung des vorangegangen Geschäftsjahres beschließt. Im Falle eines Bilanzverlustes ermäßigt sich der Ausschüttungsanspruch bis zur Höhe des Bilanzgewinns.

1. Sachbehandlung bei der Klägerin: Ertrag in 1990

Die Bruttoausschüttung von … DM für 1989 wurde beim Eingang in 1990 von der Klägerin als Ertrag aus Wertpapieren verbucht.

2. Auffassung des Beklagten: Aktivierung schon zum 31.12.1989

Der Beklagte ist dagegen der Ansicht, daß das Entgelt für die zeitraumbezogene Überlassung des Genußrechtskapitals dem Wirtschaftsjahr zuzurechnen ist, in dem das Kapital genutzt wurde. Es bestehe bereits am Bilanzstichtag Aktivierungspflicht für die im folgenden Jahr getätigte Ausschüttung. Auch sei am Schluß des betreffenden Wirtschaftsjahres bei der … die Ungewißheit über den Umstand eines ausreichenden Bilanzgewinns beseitigt, so daß bei der Klägerin am jeweiligen Bilanzstichtag ein unbedingter Anspruch auf Ausschüttung bestanden habe. Die Regelung über den Ausschüttungszeitpunkt als bloße Fälligkeitsregelung führe dabei zu keinem anderen Ergebnis. Demzufolge sei der Gewinn des Jahres 1989 um die Ausschüttung von … DM, vermindert um die anzurechnenden Kapitalertragsteuern von … DM, d. h. um … DM zu erhöhen.

II. Rechtsausführungen der Klägerin im Einspruchsverfahren

Hiergegen wandte sich die Klägerin im Einspruchsverfahren mit folgender Begründung:

Nach allgemeiner Begriffsbestimmung gälten Genußscheine als Rechte, die einen Anteil am Reingewinn oder Liquidationserlös einer AG darstellen. Dabei hänge Ausweis und Behandlung der gegen Gewährung von Genußrechten zugeflossenen Mittel im Jahresabschluß von den im Einzelfall vereinbarten Konditionen ab. Zur Qualifizierung als Eigen- oder Fremdkapital werde vor allem auf die Rückzahlungsmodalitäten abgestellt. Soweit die Genußschein-Bedingungen Rückzahlung der Beträge vorsähen, sei grundsätzlich davon auszugehen, daß es sich um Fremdmittel handele. Anders sei es bei Kreditinstituten: Hier werde Genußrechtskapital unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) dem haftenden Eigenkapital zugerechnet. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 KWG lägen vor, weil u. a. nach § 6 der Genußschein-Bedingungen das Genußrechtskapital bei einem Bilanzverlust abzuschreiben sei. Es nehme demgemäß nach Abzug etwaiger Verlustvorträge bis zur vollen Höhe am laufenden Verlust teil. Weiter könne das Genußrechtskapital nur im Falle der Auflösung und nur nach vollständiger Befriedigung der übrigen Gläubiger zurückgezahlt werden. Auch nach § 19 GewStDV 1990 seien die Genußrechte ebenfalls dem Anlagevermögen (Beteiligung) zuzurechnen.

Nach herrschender Bilanzauffassung handele es sich im vorliegenden Fall um Beteiligungserträge, die erst im Jahr des Zufließens, d. h. in dem Jahr, in dem der Jahresabschluß der … festgestellt und die Ausschüttung beschlossen werde, vereinnahmt würden. Der Auffassung des Beklagten, den Anspruch auf das Entgelt für die zeitraumbezogene Überlassung des Genußrechtskapitals dem Wirtschaftsjahr zuzurechnen, in dem das Kapital genutzt werde, könne nur dann gefolgt werden, wenn es sich um einen zweifelsfreien Geldanspruch handele, d. h. das Genußrecht ein Forderungspapier sei. Tatsächlich stellten die ...

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